Bei grandiosen Livebands stellt man sich immer die Frage: Schaffen sie es, auch gute Alben auf den Markt zu bringen beziehungsweise ihre unbändige rohe Live-Energie auch auf den Werken zu verewigen? Diese Frage haben Skinny Lister spätestens schon mit den guten Alben „Down On Deptford Broadway“ und „The Devil, The Heart & The Fight“ positiv beantwortet. Und doch stellt sich die Frage für das vierte Studioalbum „The Story Is…“ erneut.
„Ein bisschen ruhiger, dabei aber vielschichtiger“
Ein Fundament aus Folk, Brit-Rock, New Wave und etwas Punk
Diese Frage aber final zu beantworten ist dann doch nicht so leicht. Denn „The Story Is…“ knüpft zwar an den vorherigen Alben durchaus an, ist aber doch ein stückweit anders. Klingt widersprüchlich? Ja und nein. Denn das liegt schon daran, dass es etwas braucht, bis sich das Werk komplett entfaltet. Und dies liegt wiederum daran, dass Skinny Lister auf „The Story Is…“ verstärkt auch mit anderen Einflüssen arbeiten. So wurde der New Wave-Charakter klar herausgearbeitet, wodurch die Folk-Einflüsse zwar nicht verschwinden, aber deutlich mehr in den Hintergrund treten. Zudem wirkt Album Nummer vier im Gesamten ein bisschen ruhiger, dabei aber vielschichtiger. Musikalisch baut die Band aus Greenwich aber auch 2019 wieder auf ein Fundament aus Folk, Brit-Rock, New Wave und etwas Punk.
Somit klingen die Briten mal nach einer rockigeren Version von The Pogues wie beim wohl stärksten Song „Rattle & Roar“, dann klingen wieder The Smiths, Chumbawamba, wie bei „My Life, My Architecture“ oder gar Blondie, wie bei „Shining“ durch.
Persönliche Geschichten
Skinny Lister erzählen auch auf Album Nummer vier wieder sehr persönliche Geschichten. So handelt das starke „38 Minutes“ beispielsweise von einem falschen Raketenalarm auf Hawaii und den Gefühlen und Ängsten, die mit einer solchen Meldung einhergehen. Musikalisch ist daraus aber eine flotte Alternative-Rock-Nummer geworden, die vor allem live zum Tanzen anregen wird. Skurriler, aber nicht weniger intensiv wird es dann bei „Diesel Vehicle“ – der Song ist als Abrechnung mit dem Dieselskandal führender Autohersteller zu verstehen.
In eine ähnliche, nicht ganz ernst gemeinte Kerbe schlägt auch „The Artist Arsonist“, in dem es um den Brandstifter geht, der die Wohnung unter der von Sänger Dan Heptinstal anzünden wollte. Am Gesang wechseln sich wie gewohnt Lorna Thomas und Dan ab. Und vor allem die Sängerin drückt den Songs mit ihren Gesangparts einen ganz eigenen Stempel auf. Dies wird besonders beim dritten ganz starken Song „My Distraction“ deutlich, der aber auch sinnbildlich für die veränderte Ausrichtung steht. Denn das flotte „My Distraction“ entfernt schon weiter vom Folk als der Rest des Albums und ist mehr dem Brit-Rock und Alternative-Pop zuzuordnen.
Die musikalische Bandbreite sorgt für Abwechslung
Diese musikalische Bandbreite macht „The Story Is…“ zwar abwechslungsreicher, aber gleichzeitig wirkt das neue Album im Vergleich zu den Vorgängern dadurch auch ein bisschen weniger fokussiert und weniger kraftvoll. Und um die Frage von Beginn zu beantworten: Somit fehlt hier auch stückwert die Energie, die Skinny Lister vor allem live so ausmacht. Um nicht falsch verstanden zu werden: „The Story Is…“ ist immer noch ein gutes Album mit tollen Songs. Es kann seine beiden direkten Vorgänger aber eben nicht übertreffen.