Social Distortion, Grade 2 und Lovebreakers live in Hannover

Social Distortion Hannover Capitol
Foto: Maria Graul

Derzeit werden vermehrt die Konzerte abgearbeitet, auf die viele Musikfans teilweise ein oder zwei Jahre coronabedingt gewartet haben. In diese Kategorie fällt auch das Konzert von Social Distortion, die am Sonntag, dem 26. Juni 2022, nach zwei Jahren Wartezeit endlich ihr Konzert nachholen können. Wenn diese Band auch noch zum ersten Mal überhaupt in Hannover spielt, dann ist doch eigentlich alles für einen legendären Musikabend bereitet. Oder? Um es vorwegzunehmen: Ja, das ist es und ja, das wurde es. Mit von der Partie im heißen und ausverkauften Capitol sind übrigens auch Grade 2 und Lovebreakers.

Ein neues Album sei in Planung, das erste seit 2011 und laut Mike Ness sollen die lang erwarteten Aufnahmen im Herbst endlich beginnen. Und wird das Album ähnlich gut, wie das neue Lied, dann könnte das ein echter Kracher werden.<span class="su-quote-cite">Robert</span>

Powerpop aus Birmingham

Warme Tage und ein relativ früherer Beginn mit 19:30 Uhr machen es einer Vorband, die dann auch noch recht unbekannt ist, nicht leichter. Lovebreakers aus Birmingham haben die Aufgabe um 19:30 Uhr den Abend zu eröffnen. Und durch das schöne Wetter füllt sich das Capitol erst nach und nach, denn nicht nur draußen ist es warm, auch drinnen erreicht die Temperatur recht schnell Saunaniveau. Lovebreakers haben ihr aktuelles Album „Ordinary Colours“ im Gepäck und machen ihre Sache recht ordentlich. Im Laufe ihres Sets zieht die Band dann auch den ein oder anderen neuen Fan an Land. Musikalisch gibt es eine Mischung aus Powerpop mit leichten Rockabilly-Anleihen, Indie-Rock und etwas Punk. Highlight ist sicher das kurz angespielte Johnny Cash-Cover „Folsom Prison Blues“. Spätestens in diesem Moment hat das britische Quartett die Aufmerksamkeit und Sympathien auf seiner Seite. Ein mehr, als ordentlicher Auftakt.

Grade 2: Richtig gut für einen Sonntag

Es ist nicht einmal zwei Wochen her, da waren Grade 2 erst im Béi Chéz Heinz zu Gast und spielten das wohl beste Konzert seit langer Zeit. Die drei Engländer sind mit ihrer musikalischen Mixtur aus Streetpunk und Oi! nun schon einige Wochen auf Tour, supporten dabei Social Distortion und präsentieren endlich ihr aktuelles Album „Graveyard Island“, welches zum Start der Pandemie veröffentlicht wurde. Sid, Jack und Jacob legen wieder wie im Heinz los, als sie um 20:20 Uhr ihr Set starten, sind extrem agil und ständig in Bewegung. Schnell reißen sie die Zuschauer:innen mit, auch wenn viele Grade 2 noch nicht kennen. Auch heute fällt wieder die unfassbare Spielfreude der Engländer auf, auch wenn der Sound im Vergleich zum Konzert vor 11 Tagen leider ein wenig ausbaufähig ist. Doch das hindert Grade 2 nicht, erneut einen hervorragenden Auftritt hinzulegen.

Los geht es mit „Judgement Day“, „Murder Town“ und „Don´t Look Back“. Gitarrist Sid bringt das Publikum dann dazu, noch etwas näher an die Bühne zu kommen. Es dauert nicht lange, bis auch der erste Pogo ausbricht. Weitere Songs wie „Failing Bridges“, „All I Know” oder “Bowling Green Lane” folgen. Sid freut sich über die zahlreichen Besucher:innen, die an einem Sonntag zu einem Konzert gehen und dankt allen Anwesenden. Die jungen Briten sind seit neun Jahren als Band unterwegs und haben in dieser Zeit bereits drei Alben herausgebracht. Und die Setlist ist quasi ein Best-of, wie die Songs „Dover Street“, „Hearts of Gold” und „Turning the Tide”, bei dem ein Circle Pit gefordert wird und dann auch ausbricht, belegen. Teilweise hat man den Eindruck, die Band kann es selbst kaum fassen und freuen sich sichtlich über die Reaktionen im Publikum. Das sei schon sehr gut für einen Sonntag, ist Sid dann auch der Meinung, bevor „Tired Of It“ und der gleichnamige Titelsong vom aktuellen Album „Graveyard Island“ gespielt werden.

Mit „Only Ones I Trust” geht es auf die Zielgerade. Doch dies sei kein „Goodbye“, sondern vielmehr ein „Wir sehen uns bald wieder“, so Sid. Den Schlusspunkt setzt dann nach 40 Minuten „Pubwatch“, bevor Grade 2 unter großem Beifall die Bühne räumen. Ganz stark! Schon lange nicht mehr konnte eine Vorband, die im weiten Rund noch recht unbekannt war, so überzeugen, die Hannoveraner mitreißen und für wahre Begeisterungsstürme sorgen. Grade 2 haben an diesem Sonntag ganz sicher jede Menge neuer Freunde gewinnen können.

Bildergalerie: Grade 2

Das Leben genießen

Die Temperaturen im Capitol sind gerade vorne beinahe schon tropisch. Dieses Konzert ersetzt den Saunagang und das noch vor den ersten Klängen von Social Distortion. Um 21:30 Uhr betritt die Band und schließlich auch Mike Ness mit schwarzen Bandana vor dem Gesicht und obligatorischer 20er-Jahre-Mütze im Ganovenstil die Bühne. Los geht es mit „Road Zombie“ als Intro, dann folgen Hits wie „Bad Luck“ und „Reach For The Sky“. Dieser Song sorgt für den ersten von vielen Gänsehautmomenten. Denn viele der Besucher:innen werden offensichtlich schon lange von den Songs der Band aus Orange County begleitet. Es folgen „I Wasn´t Born To Follow“, „Bye Bye Baby”, und „She´s A Knockout”. Bei „Sick Boy” brechen endgültig alle Dämme, inklusive erster Crowdsurfer. Und Sonntage seien sowieso die besten Tage, so der Sänger und daher sei es großartig, an einem Sonntagabend vor einem so vollen Haus spielen zu dürfen.

Ihr seid hier und wir wissen das sehr zu schätzen.<span class="su-quote-cite">Mike Ness</span>

Und Ness stellt zudem fest: „Ihr seht aus, als ob Ihr das Leben genießt. Draußen weht jetzt sicher eine kühlere Brise, aber ihr seid hier und wir wissen das sehr zu schätzen.“ Auch ruhigere Songs gehören traditionell zum Repertoire der Band und auch die Bluesaffinität von Mike Ness ist hinlänglich bekannt. Daher werden das Chris Isaac-Cover „Wicked Game“ und „Prison Bound“ gespielt. Zwischendurch gibt es auch noch „Machine Gun Blues“ auf die Ohren. Auch dem Frontmann, der immer wieder für Gitarrensoli ganz vorne an den Bühnenrand kommt, ist scheinbar warm, denn er entledigt sich irgendwann seiner Mütze. Besonders oft kommt dies nicht vor.

Sauna pur mit neuem Album

Was für ein Konzert, die Setlist hat es in sich und das ändert sich natürlich auch durch „Gotta Know The Rules“ vom beliebten „White Light, White Heat, White Trash“-Album, „California (Hustle And Flow)“ und „99 to Life“. Mike Ness findet es dann auch gar nicht zu heiß, obwohl sowohl die Temperaturen, als auch die Stimmung auf dem Siedepunkt angekommen zu sein scheinen. Und dann gibt es tatsächlich mit „Tonight“ einen neuen Song. Ein neues Album sei in Planung, das erste seit 2011 und laut Mike Ness sollen die lang erwarteten Aufnahmen im Herbst endlich beginnen. Und wird das Album ähnlich gut, wie das neue Lied, dann könnte das ein echter Kracher werden. Doch zurück zum Sonntagabend. Denn mit „Dear Lover“ setzen Social Distortion als Schlusspunkt noch einen Kracher obendrauf. Danach ist der erste Teil vorbei. Bis hierhin ist es ein tolles Konzert, voller emotionaler Momente.

Nach kurzem Intro und kurzer Pause geht es mit dem Überhit „Don´t Drag Me Down“ weiter. Bei „Born To Kill“, „Story Of My Life“ und „Ring Of Fire”, im Original von Johnny Cash, gibt das Publikum noch einmal alles. Danach ist Feierabend und man sieht eigentlich nur glückliche und zufriedene Gesichter auf dem Weg nach draußen in die kühlere Nacht. Werden immer solche Konzerte geboten, dann darf gerne häufiger zwei Jahre darauf gewartet werden. Dieser Abend ist einfach Klasse und endet nach starken gut 95 Minuten Spielzeit in der Mitte von rund 1400 Besucher:innen. Ein Mega-Konzert!

Bildergalerie: Social Distortion