Zeal And Ardor und NYOS in Hamburg

Zeal And Ardor am 21. November 2018 im Knust in Hamburg
Foto: Felix Tilinski

Nach ihrem Auftritt auf dem diesjährigen Wacken-Festival geben die Schweizer Black Metal Provokateure von Zeal And Ardor im Rahmen ihrer „Stranger Fruit“-Tour drei Konzerte in Deutschland – darunter in der beliebten Hansestadt Hamburg. Doch wer glaubte, am Mittwoch an der Abendkasse noch Eintritt für das Konzert erhalten zu können, muss sich leider enttäuscht erkennen – die Show wurde nur wenige Zeit zuvor als ausverkauft gemeldet. Den Vorboten des kommenden Sturms bildet heute Abend das finnische Duo NYOS.

Das ist nicht nur einfach ein Konzert, das ist ein Exorzismus

Wie In Trance

Das Zeal And Ardor Logo – ein abgewandeltes Siegel Luzifers – prangt in Form eines großen Metallgerüsts bereits hinter der Bühne, als pünktlich um 21.00 Uhr die beiden Jungs von NYOS eben diese betreten. Mit ihrem psychedelischen Sound, der nach eigener Aussage maßgeblich von Kaffee beeinflusst wurde und irgendwo zwischen instrumentalem Shoegaze und Post-Rock zu verorten ist, ziehen die Beiden die Menge sofort in ihren Bann. Das erkennt man anhand der wie in Trance wippenden Köpfe, die sich im Takt zu Songs wie „Harlem“ oder „Haikar“ von ihrer aktuellen Platte „Nature“ vor und zurück bewegen.

Auch die Band selbst scheint sich in eine Trance hineinzuspielen. Vor allem Gitarrist Tom Brooke, der sich zu den experimentellen Tönen seiner Musik wiegt und die anwesende Menge schon gar nicht mehr zu registrieren scheint. So passt es auch nur, dass nach ein paar Worten zu Beginn keine weiteren Ansagen von der Band kommen. Stattdessen reihen sich die Songs nahtlos aneinander. Nur zum Schluss bedankt sich Brooke mit den Worten „Thank you guys for being here“ bei den Anwesenden und kündigt den heutigen Main Act an, bevor sie ihre zwei letzten Songs zum Besten geben.

Was für ein Metalkonzert doch eher ungewöhnlich ist, könnte hier nicht besser passen

Kurz nach 22.05 Uhr stehen nun Zeal And Ardor unter begeisterten Jubelrufen auf der Bühne. Im Knust ist nun mittlerweile jede Lücke gefüllt, als gleißend weißes Licht im Takt zum „Sacrilegium“-Intro die sechs von ihren Kapuzen verhüllten Bandmitglieder ausleuchtet und so eine spannend-düstere Atmosphäre kreiert, welche die Blicke der Menge förmlich ansaugt. Sogleich legt die Band dann auch mit dem Song „In Ashes“ von ihrer ersten LP „Devil Is Fine“ los und lässt jeden Fan, der bereits in den vergangenen Jahren auf einem ihrer Konzerte war, sofort nostalgisch werden.

Zu der Sklavengesangsatmosphäre von „Come On Down“ fangen einige aus dem Publikum an, die unvergleichliche Stimme von Mastermind Manuel Gagneux mit rhythmischem Klatschen zu begleiten. Dieses Phänomen soll sich diesen Abend noch einige Male wiederholen. Was für ein Metalkonzert doch eher ungewöhnlich ist, könnte hier nicht besser passen. Gänzlich unerwünscht sind heute allerdings Stagediver. Als ein Mann die Bühne stürmt und sich von eben dieser über die Menge tragen zu lassen gedenkt, wird er von Gagneux persönlich herunter befördert und auch das Publikum beweist seine Unlust an solcherlei Tätigkeiten, indem es ihn wortwörtlich auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Eine symphonische Verwicklung verschiedener Stimmen

Obwohl Jubelrufe und Begeisterung bereits zu Beginn die allgemeine Stimmung prägen, scheint diese bei den funkigen Anfangstönen von „Row Row“ dann ihren Höhepunkt zu finden, als mit den schmetternden Breakdowns des Songs die ersten Moshpits eröffnet werden. Doch nur wenige schließen sich dem Pogotanz an. Der Großteil der Anwesenden steht im Bann der einzigartigen Atmosphäre auf der Bühne.

Diese besteht nicht aus einer speziellen Bühnenshow oder besonderen Requisiten – darauf verzichten Zeal And Ardor gänzlich – sondern lediglich im Auftreten jedes einzelnen Bandmitgliedes. Zeal And Ardor bedeutet auf deutsch soviel wie Eifer und Hitze. Das sind genau diese Elemente, die sich in den Gesangspausen in Gagneux‘ Gesicht erkennen lassen, wenn dieser mit leicht geöffnetem Mund und brennendem Blick über die Menge hinweg starrt, während ihm der Schweiß von der Stirn rinnt.

Auf die zwischen Bluesgesang und Screams alternierende Stimme Gagneux‘ wirken Backgroundsänger Denis Wagner und Marc Obrist mit ein und lassen so neben der von Black Metal gefärbten Wall of Sound auch noch eine Wall of Voices entstehen. Doch es ist nicht nur diese symphonische Verwicklung verschiedener Stimmen, die für diese gewisse Etwas auf der Bühne sorgt. Das ist auch Wagner, der sich wie besessen zuckend zu den dissonanten Gitarrenklängen von „Fire Of Motion“ bewegt. Das ist nicht nur einfach ein Konzert, das ist ein Exorzismus.

„Hallo Hamburg, wir sind nicht mehr, als das hier“

„Dafür habt Ihr mich bezahlt, der Rest ist Musik“, erklärt Gagneux das schlicht gehaltene Auftreten, bevor sich zu den darauf folgenden schnellen Riffs und hämmernden Blastbeats von „Cut Me“ – der neben „We Never Fall“ und „Hold Your Head Low“ zu den bisher unveröffentlichten Songs auf der Setlist gehört – der nächste große Pogo formiert.

Nach „Don’t You Dare“, stimmlich begleitet von den ersten Reihen der Zuhörerschaft, verlassen Zeal And Ardor zunächst einmal die Bühne, um dann mit den Worten „Ihr seid ja alle noch hier, was für ein Zufall! Ist es okay, wenn wir noch ein bisschen spielen?“ wieder zurückzukehren. Die Frage nach einer Fortsetzung des Sets wird vom Publikum natürlich mit lautem Jubel beantwortet. So gibt das Sextett noch einmal drei Songs zum Besten, darunter der Publikumserfolg „Devil Is Fine“ mit seinem einzigartigen Kettenrasseln.

Nach ganzen 21 Liedern endet die Setlist mit „Baphomet“, der sich mit seinem eingängigen „Right hand up, left hand down!“-Refrain in die Köpfe der Zuhörerschaft brennt und Zeal And Ardor verlassen die Bühne nun endgültig. Jedoch nicht, ohne sich mit Begeisterung in den Augen überschwänglich bei den Anwesenden zu bedanken. Dass diese Band für ihre Sache brennt ist zweifellos. So bleibt also heute Abend die freudige Erwartung auf ein weiteres Album und eine damit einhergehende erneute Tour zurück.

Zeal And Ardor

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NYOS

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