Soft Play – Heavy Jelly

2022 schlug das damals noch als Slaves bekannte Duo aus Isaac Holman und Laurie Vincent einen neuen Weg ein. Nach einigen schwierigen Jahren, in denen nicht nur die Bandaktivitäten, sondern auch zu einem gewissen Grad die Freundschaft der beiden auf Eis lagen, war es Zeit für einen Neuanfang. Dazu gehörte auch ein neues Mindset, denn wie Isaac und Laurie inzwischen selbstreflektiert zugeben können, waren ihre Einstellung und ihr kreativer Output sehr negativ gestimmt. Entsprechend war eine der ersten Amtshandlungen des Duos, nachdem sie sich wieder zusammengerauft hatten, eine Namensänderung: aus Slaves wurde offiziell Soft Play.

Für die Band ein weiterer wichtiger Schritt auf ihrem neuen Weg – sehr zum Leidwesen mancher Fans, die hinter der Umbenennung einen PR-Stunt, oder ein Einknicken gegenüber dem „woken“ Druck vermuteten. Glücklicherweise ließ sich das Duo dadurch aber nicht verunsichern, sondern, im Gegenteil, sogar anstacheln. Die Social-Media-Kommentare unter der Verkündung des neuen Namens lieferten die perfekten Textfetzen für die erste Single „Punks Dead“, in der Isaac und Laurie ihre Haltung unmissverständlich klar machen. Und auch das Video zum Song zeigt, dass die neuen Soft Play das wiedergefunden haben, was den alten Slaves verloren ging: jede Menge Spaß!

Etwas mehr als ein Jahr und drei weitere Singles später dürfen wir nun endlich das erste Album unter neuem Namen in Händen halten, „Heavy Jelly“. Ein Titel, der perfekt zur neuen Grundhaltung passt:

Life is heavy, but also funny.Soft Play

Power

Wer Angst hatte, dass die Band entsprechend ihres neuen Namens softer geworden sein könnte, wird direkt mit dem Opener „All Things“ eines Besseren belehrt. Der Song ist extrem kraftvoll, besonders in Isaacs Stimme. Nach eigener Aussage habe er sich bei den Aufnahmen völlig verausgabt und mehrfach frühzeitig abbrechen müssen, weil er an seine Grenzen stieß. Der perfekte Opener für eine Art Comeback-Platte und ein Ausrufezeichen an alle, denen der bereits erwähnte „Punks Dead“ gewidmet ist. Hier ist noch die unerwartete Kollaboration mit Robbie Williams besonders erwähnenswert, der sich als großer Fan der Band outet und Gast-Vocals übernommen hat – worüber sich einige Fan ebenfalls aufregten, da Williams schließlich kein Punk sei.

Mit „Act Violently“ kriegen wir an Position drei die nächste vorab-Single auf die Ohren. Ein Song, der scheinbar auf dem Weg ins Studio entstand, als Sänger Isaac beinahe von einem E-Scooter erfasst wurde. Die wütend gebellten Strophen machen es leider etwas schwer, den spitzen Text zu verstehen, dafür ist der Refrain simpel und eindringlich gehalten, was live zum Mitsingen anregen wird.

Das Gegenteil erwartet uns dann bei „Isaac is typing“. Hier ist die Strophe das Highlight, doch der Refrain riss mich leider aus dem vorher etablierten Groove. Spätestens hier dürfte aber klar sein, dass Soft Play auf dieser Platte extrem viel Spaß beim Schreiben ihrer Texte hatten. Mein persönlicher Favorit in dieser Hinsicht ist „Bin Juice Disaster“ geworden, ein Song über den randvollen Mülleimer in Isaacs Küche. Absolut nachvollziehbares Thema, über das ich mich erst wenige Stunden vor dem ersten Hören der Platte selbst unterhalten habe.

Mit „Worms on Tarmac“ beschließt das Duo die erste Seite des Albums und greift etwas in die Trickkiste. Isaac nimmt etwas Abstand zur bisher sehr kraftvollen und aggressiven Gesangsart und rappt die Strophen stattdessen. Das macht den Song einerseits zwar spannend und abwechslungsreich, nervt an ein paar Stellen aber auch etwas. Dafür ist das Thema umso schöner, denn wie oft kriegen wir schon Lieder zu hören, die mit dem schwindenden Lebensraum von Würmern mitfühlen?

Gefühl

Die B-Seite der Platte startet mit dem meiner Meinung nach schwächsten Song des Albums, „John Wick“. Die Ode an den wütenden Auftragsmörder auf Rachefeldzug ist für meinen Geschmack textlich etwas zu plump geraten, aber eingängig genug, dass sie live sicher deutlich besser ankommen wird, als vom Band.

„Mirror Muscles“ hingegen bringt etwas mehr Abwechslung mit sich, primär durch den cleanen Gesang. Auch dieser Song war im Vorfeld bereits als Single veröffentlich worden, wodurch wir bereits eine große Bandbreite an Sounds erahnen konnten. Auch der darauffolgende „Working Title“ gestaltet sich noch einmal anders und hebt sich dadurch positiv vom Rest des Albums ab, bevor Isaac und Laurie mit „The Mushroom and the Swan“ noch einmal Gas geben und uns einen Einblick in ihre Therapiesitzungen geben.

Das Beste haben sie sich aber bis zum Schluss aufgehoben. „Everything and Nothing“, die vierte und letzte Single, die wir vor der Veröffentlichung hören konnten, ist ein unerwartet schöner Abschluss. Laurie tauscht seine Gitarre gegen eine Mandoline und serviert uns eine Melodie, die eher nach R.E.M. als nach Soft Play klingt. Statt einem ebenso ruhigen Gesang kriegen wir aber noch ein letztes Mal Isaacs volle Gesangskraft entgegengeschrien, in einem Text über den Umgang mit dem Verlust von geliebten Menschen und die Freude darüber, dass sie unsere Leben überhaupt erst bereichert haben.

Act like Heavy Jelly

Als jemand, der diese Band erst seit ihrer Namensänderung auf dem Schirm und sich rückwärts durch ihre Diskographie gearbeitet hat, bin ich schwer von dem Wandel beeindruckt, den Isaac Holman und Laurie Vincent auf dem Weg zu ihrem vierten Album durchlaufen haben. Wo Slaves heavy, aber beschwerlich und verkopft waren, sind Soft Play wesentlich verspielter, launiger und, zumindest aus meiner Sicht, einfach besser. „Heavy Jelly“ ist in seiner Gänze sicher kein perfektes Album, aber eine Kulmination von allem, was diese Band ausmacht: Einfallsreichtum, Witz und jede Menge Energie!

When the Jelly gets heavy, hold steady my friend. Good times are coming around again.Soft Play

Video: Soft Play – Everything and Nothing

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soft-play-heavy-jellyAls jemand, der diese Band erst seit ihrer Namensänderung auf dem Schirm und sich rückwärts durch ihre Diskographie gearbeitet hat, bin ich schwer von dem Wandel beeindruckt, den Isaac Holman und Laurie Vincent auf dem Weg zu ihrem vierten Album durchlaufen haben. Wo Slaves heavy, aber beschwerlich und verkopft waren, sind Soft Play wesentlich verspielter, launiger und, zumindest aus meiner Sicht, einfach besser. „Heavy Jelly“ ist in seiner Gänze sicher kein perfektes Album, aber eine Kulmination von allem, was diese Band ausmacht: Einfallsreichtum, Witz und jede Menge Energie!