A Day To Remember – Bad Vibrations

Das nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, wissen die Jungs von A DAY TO REMEMBER (kurz ADTR) spätestens seit der damals begonnenen und immer noch andauernden Schlammschlacht mit ihrem alten Label Victory Records. Wo das 2013er-Release „Common Courtesy“ noch wie ein freudiger Befreiungsschlag klang, werden mit dem neuen Werk „Bad Vibrations“ ziemlich düstere und harte Töne angeschlagen. ADTR selbst ließen mal bei einem Interview durchblicken, dass der gesamte Schreibprozess der neuen Scheibe von ständigen Selbstzweifeln, Frust und starken Druck von außen begleitet waren – und natürlich auch vom nervenaufreibenden Krieg zwischen der Band und ihrem alten Label. Aber schreiben soll ja bekanntlich die beste Therapie sein und der Verarbeitungsprozess ist nun mit Veröffentlichung des neuen Albums (hoffentlich) endlich abgeschlossen.

ADTR haben in der Vergangenheit bereits des Öfteren gern mal ordentlich die Wände mit ihren Songs wackeln lassen, aber was einem beim Opener „Bad Vibrations“ entgegen geschleudert wird, ist definitiv kein Kindergeburtstag mehr, sondern hier gibt’s richtig heftig auf die Zwölf. Vor allem die Vocals von Jeremy McKinnon haben noch einmal Einiges an Härte draufgelegt, so dass man fast die Aggression und den ganzen aufgestauten Frust schmecken kann. Heiliger Bimm-Bamm, da mussten wohl echt ein paar Dämonen ausgetrieben werden. Auch der zweite Track „Paranoia“ schlägt in die gleiche Kerbe und lässt kaum Zeit zum Verschnaufen. Der Song „Exposed“ zwinkert sogar ein wenig dem Genre Djent zu, ohne an Härte einzubüßen. Natürlich wird aber trotz der härteren Gangart nicht auf das verzichtet, was ADTR immer ausgemacht hat und weswegen man sie so liebt: Catchy Refrains. Die gibt’s wieder mehr als genug auf der neuen Scheibe. Sei es von „Paranoia“, „Reassemble“ oder „We Got This“ – irgendeinen Refrain hat man bestimmt noch etwas länger im Ohr.

Aber wer jetzt befürchtet, ADTR schwingen hier durchgängig die grobe Kelle, der kann jetzt beruhigt aufatmen: Es gibt auch noch die pop-punkigen Nummern, wie das schon erwähnte „We Got This“, „Same About You“ oder „Naivety“. Aber auch wenn da Pop-Punk steht: Fröhlich sind auch diese Nummern definitiv nicht, aber dadurch trotzdem nicht minder schlecht.

Mit dem Abschlusstrack „Forgive And Forget“ präsentieren ADTR eine unglaublich starke Ballade, die man den Jungs zu 100 Prozent abkauft – auch wenn sie etwas zu pompös inszeniert ist. Live ist der Song aber mit Sicherheit eine absolute Wucht, wenn die ganzen Schnörkeleien (Violinen etc.) weggelassen werden. Gänsehaut vorprogrammiert!

Nun aber mal ans Eingemachte: Ist „Bad Vibrations“ tatsächlich besser als seine Vorgänger? Grade im direkten Vergleich zum sehr abgefeierten Vorgänger „Common Courtesy“ fühlt sich „Bad Vibration“ unfokussierter und roher an, was wahrscheinlich auch an der düsteren Grundstimmung der Songs liegt. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, liegt immer im Auge des Betrachters beziehungsweise im Ohr des Hörers, aber gefühlt sind die Songs qualitativ ab und an nicht auf dem Niveau des erwähnten Vorgängers, aber trotzdem noch weitaus besser als der Großteil der Veröffentlichungen anderer Bands aus dem Genre.

„Bad Vibrations“ ist auf jeden Fall mindestens genauso gut wie „Homesick“, wenn nicht sogar besser, und definitiv um Längen besser als die restlichen Alben der Band (die aber auch keinesfalls schlecht sind, bitte nicht falsch verstehen). Wenn therapeutisches Schreiben immer so verdammt gute Songs hervorbringt, können die Jungs aus Ocala sich gern noch länger in ihrer Melancholie wälzen. Starkes Album und auf jeden Fall mehr als einen oder zehn Blicke Wert.

von Sash