Amorphis, Soilwork, Jinjer und Nailed To Obscurity in Hannover

Amorphis am 18. Januar 2019 live im Capitol in Hannover
Foto: Katja Borns

Die Co-Headlinertour durch Europa der Nuclear Blast Giganten Amorphis und Soilwork ist in mehreren Städten ausverkauft – ebenso das Konzert im Capitol in Hannover. Mit von der Partie sind Jinjer und Nailed To Obscurity. Das im bereits letzten Jahr veröffentlichte Album „Time Of Queen“ von Amorphis soll auch nun in Europa eine Liveperfomance erhalten. Zusammen mit den schwedischen Metal-Visionären Soilwork, die ihr neu erschienenes Album „Verkligheten“ präsentieren (Albumreview), begeben sich zwei Metalriesen auf eine einzigartige Tournee.

 

Ein Metal-Erdbeben der Extraklasse

Nailed To Obscurity lassen Doom-Metaller-Herzen höher schlagen

Der Abend wird pünktlich um 18.40 Uhr von den deutschen Melodic Death-Doom Metallern Nailed To Obscurity eröffnet. Auf ihrem neuen Album „Black Frost“, auf dem geballte zehn Songs das Doom Metaler Herz höher schlagen lassen, wurden „Abyss…“, „Autumn Memories“ und „Fallen Leaves“ vom 2007 veröffentlichten Album „Abyss“ nochmal in einer 2019er Version mit auf die neue Scheibe gepresst.

Nailed To Obscurity

Musik aus, Spott an! Die Bühne wird in Schwärze getaucht. Der Blick fällt in die Dunkelheit. Ein langes Intro bittet die fünf köpfige Band aus Ostfriesland auf die knappe Bühne. Das Drumsolo setzt ein, die Band wird eingetaucht in eine blaue Silhouette. Eine mystische und ruhige Atmosphäre füllt das bereits gut gefüllte Capitol aus. Mit „Resonance“ startet die Melodic Death-Doom Langhaarfront in den Abend. Nach epischen zwei Songs meldet sich Sänger Raimund erstmals zu Wort und begrüßt die Metalheads mit einen „Guten Abend Hannover!“. Das Publikum streckt der Band die Evilhand entgegen und bedankt sich mit Jubel.

Ein weiteres langatmiges Gitarrensolo leiten den Song „Black Frost“ ein. Die eher ruhige Scheibe lässt auch die anderen Bandmitglieder zurückhaltend wirken, sodass Frontmann Raimund die Blicke mit epischen Gesten und finsterer Mimik auf sich zieht. Mit dem Song „Desolate Ruin“ vom Album „King Delusion“ verabschieden sich Nailed To Obscurity, die ein wenig aus den 90er gegründeten Band My Dying Bride erinnern, als erste Band des heutigen Abends. Am Ende gibt es noch ein Gruppenfoto aller Bandmitglieder mit dem Publikum und die Umbauphase beginnt.

Überraschung!

Überraschungast des heutigen Abends ist definitiv die ukrainischen Modern Metaler Band Jinjer. Modern Metaler? Ja, richtig gehört. Die vierköpfige Band glänzt nicht nur durch ihren ganz eigenen besonderen Sound, der ein buntes Potpourri an Genres aus progressive Metalcore und Groove Metal enthält, sondern insbesondere durch Frontfrau Tatiana. Mit den musikalischen Einflüssen aus den Bereichen Funk, Reggae, Jazz und Hip Hop findet das Quartett ihren ganz eigenen Sound. Als die Band die Bühne betritt bekommt das Publikum wenig Zeit zum Jubeln, denn es geht direkt los und sofort ist klar, auf was wir uns hier gefasst machen können. Auf der Co-Headlinertour präsentieren Jinjer nicht nur ihre EP „Micro“, sondern auch weitere Songs aus den bereits veröffentlichten Alben „Cloud Factory“ 2014 und „King of Everything“ 2016.

Jinjer

Es dröhnt direkt aus die Boxen und die Band legt ordentlich Tempo vor. „Hello Peepz, doing ok? Hope you enjoy the sh….“ sind die ersten neckischen Worte eines kleinen, zierlichen, aber selbstbewussten Persönchen, mit einer gewaltigen Stimme und Mörder-Sound. Das Publikum dankt es der Band mit grölendem Applaus. 
Mit dem Song „Outlander“ geht es impulsiv weiter. Sängerin Tatiana und Bassist Eugene liefern sich einen musikalischen Boxkampf, dass das Publikum mit ganzen Körpereinsatz miteifert. Beim Song „Captain Clock“ kommt das Stimmwunder Tatiana voll zur Geltung: Tolle Wechsel zwischen Cleangesang und Growls.

Wer sie noch nicht kennt ist herzlich aufgefordert mal in einer der Scheiben reinzuhören, um den musikalischen Horizont zu erweitern. Ein absoluter Geheimtip! Nach dem letzten Song feiert das Publikum die Band Jinjer gebührend, sie verabschieden sich mit einer Verbeugung und lassen ein geflashtes Publikum zurück.

„Are you with me, Hannover?“

Die Bierlaune im Capitol steigt nach jeder Band. Die Stimmung ist ausgelassen, die letzten Konzertbesucher füllen nun das ausverkaufte Haus. Plätze zum Sehen sind rar. Nach der Umbaupause ist die Bühne auf das doppelte vergrößert worden. Noch ein kurzer Soundcheck und Soilwork betreten die in rotes Licht getauchte Bühne. Die sechsköpfige Band erscheint auf zwei Ebenen. Drummer und Keyboarder finden auf der erhöhten Empore Platz und der Rest positioniert sich davor.

Soilwork eröffnen den Abend mit dem Song „Arrival“ und präsentieren damit einen typischen Soilwork-Song aus ihrem neu erschienenen Album „Verkligheten“. Die mittlerweile in die Reife gekommenen Metalvisionäre lassen nach ein paar Songs den Eindruck entstehen, ein wenig ermüdet von der Tour zu sein und so fragt Sänger Björn aka „Speed“ das Publikum: „Are you with me Hannover?“. Das lassen sich die Fans nicht zweimal fragen und entgegnen der Band mit der Evilhand. Alte Bekannte sind auf jedem Konzert erwünscht und so spielt auch Soilwork eine Mixtur aus neuen und alten Songs. Nach einen kurzen Break und einer Trinkpause wird der Song „The Phantom“ von der 2015 erschienenen Platte „The Ride Majestetic“ gespielt. So energiegeladen der Song auch ist, schaffen es die Jungs nicht, ihre leise Bühnenpräsenz dadurch zu kaschieren.

Soilwork

Der melodiöse Song „Stålfågel“ der folgt, lädt zum Mitsingen ein und so stehen Band und Publikum in unmittelbaren Austausch zueinander, verbunden durch die eindringlichen Refrainpassagen und die Liebe zur Musik. Nach einer kurzen Trinkpause wendet sich Björn an das Publikum und bringt seine Freude über das Lineup zum Ausdruck. Seit 1995 im Business machen Soilwork mit ihrem neuen Album „Verkligheten“ ihrem Ruf als Melodic Metal Band alle Ehre. Sie bleiben sich und ihrer Musik treu. Nach gespielten sechzehn Songs verlassen auch Soilwork die Bühne und machen Platz für Amorphis.

„Let me see your beautiful hands!“

Eine letzte Umbauphase beginnt. Die letzte Band des heutigen Abend steht bevor. Die Pause wird genutzt zum Biertrinken, Kuscheln, mehr Bier trinken und noch mehr Bier trinken. Da ist der allgemeine Metalhead ein bekannter und dankbarer Abnehmer. Mittlerweile werden auch die Plätze hart verteidigt und wer nicht zur rechten Zeit am rechten Ort steht, muss sehen wo er bleibt.

Die Bühne ist in blau getränkt und mit einen epischen Intro betreten die einzelnen Bandmitglieder von Amorphis die Stage. Tosendes Gejubel macht sich im Capitol breit. „Good evening Hannover! Let me see your beautiful hands“, begrüßt Sänger Tomi die Fans. Der Banner im Hintergrund, der das Plattencover des Albums „Queen of Time“ zeigt, erstrahlt bei jedem Song in anderer Gänze. Ein schönes Farbspiel, dass perfekt zu jedem Song abgestimmt wird und somit ein rundes Bühnenbild ergibt. Als „Message In The Amber“ erklingt, gibt es kein halten mehr. Die Stufenempore bei den Zuschauerrängen beginnt zu vibrieren und es entsteht das Gefühl eines Erdbebens. Die finnische Metalband aus Helsinki hat offensichtlich genauso viel Freude an dem Konzert wie ihre Besucher. Der rechte Fuß auf die Empore gestützt, den Mikrofonständer mit der linken Hand in die Höhe gehoben, wird der Song „Sacrifice“ malerisch untermauert.

Amorphis

Solide Boyband des Metals

Was unauffällig auffällig erscheint sind die Bühnenoutfits der Death Metal Band. Alle tragen ein schwarzes Bandshirt mit abgeschnittenen Ärmeln und eine schwarze Hose. So entsteht manchmal der Eindruck, als würden sie eine solide Boyband des Metals repräsentieren, wenn da nicht der typische Sound von Armorphis wäre.

„The Bee“ ist der krönende Abschluss eines großartigen Abends, der sich dem Ende neigt. Mit orientalischen Klängen wird der Song eingeleitet. Das Publikum rastet nochmal richtig aus. Die letzten Töne klingen aus. Mit einem Lächeln lässt der Frontmann das Mikro sinken und der Rest der Band stellt sich vor dem Publikum in Reih und Glied auf, um sich Verneigend zu verabschieden. Mit „Queen Of Time“ präsentieren die Jungs eine solide Platte, die ihrem typischen Sound treu bleibt. Am Ende bleibt ein grandioser Abend in den Köpfen der Metalheads hängen.