Anti-Flag live in Hannover

Anti-Flag
Foto: Louise Fröbel

Die Hälfte der Punkband aus Pittsburgh hat sich auf den Weg nach Deutschland gemacht, um die Veröffentlichung ihres 13. Studioalbums „Lies They Tell Our Children“ (Albumreview) mit einem akustischen Live Set zu feiern. Wir dürfen die ausverkaufte Show von Anti-Flag-Sänger Justin Sane und Bassist Chris #2 im Hannoveraner Béi Club Chéz Heinz erleben und freuen uns auf das erste Konzert im Jahr 2023.

Bemerkenswert, wie Anti Flag mit ihren Ansagen den Spagat zwischen politischen Themen und Spaß schaffen und dabei so viel Freude und Motivation ausstrahlen, was sich auch in der Wiedergabe ihrer Songs spiegelt.<span class="su-quote-cite">Tristan</span>

Gemütlichkeit zur Primetime

Wir geraten ins Staunen, als wir das Béi Chéz Heinz am Abend des 6. Januar betreten: Stuhlreihen gibt es hier selten zu sehen. Die ungewohnte Kulisse lässt in Verbindung mit schummrigen Licht jedoch eine gewisse Gemütlichkeit aufkommen. Der Großteil der Anwesenden hat bereits Platz genommen und lässt sich die Getränke bei netten Gesprächen schmecken. Auffällig: Das Publikum ist bunt gemischt. Hier treffen unterschiedliche Generationen und Subkulturen aufeinander, was unter Beweis stellt, dass Anti-Flag Musik machen, die Menschen zusammen bringt.
Pünktlich zur Primetime betreten Justin Sane und Chris #2 die Bühne, begrüßen das Publikum und deuten mit ihrer Hymne „Turncoat“ an, worauf wir uns heute Abend zubewegen.

Punkrock steht für Diversität

Am heutigen Tag erscheint das neue Album der Politpunks und die Freude ist den Musikern deutlich anzumerken. Beide berichten von der effektiven Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Menschen aus der Musikszene, welche das Album mit Gastauftritten bereichern und machen deutlich, wie vielseitig Musik ist und wie sie Menschen einander näher bringt. Anschließend wird „Victory Or Death“ zum Besten gegeben, dessen Singalong Parts zum ersten zögerlichen Mitsingen animieren.
Wie wir erfahren, wird das Songwriting der Band übrigens stark von den Ansichten Emma Goldmans beeinflusst, einer herausragenden Figur der amerikanischen Friedensbewegung und anarchistische Kämpferin für die gesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter. Eine Recherche lohnt sich.

Nickende Köpfe, geschlossene Augen, gute Stimmung

Neben vielen Klassikern wie „One Trillion Dollars“ folgen mit „The Disease“ und dem Titelsong des 2020 erschienen Albums „20/20 Vision“ zwei Songs, welche aufgrund der Corona Pandemie kaum live gespielt werden konnten und nun endlich die Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Die Stimmen der beiden Musiker ergänzen sich perfekt und lassen keinerlei Langeweile aufkommen. Ein Blick in die Runde zeigt nickende Köpfe und geschlossene Augen. Viele singen mit und genießen die Stimmung, welche vor allem durch die lockere Atmosphäre entsteht. Bemerkenswert, wie Justin und Chris mit ihren Ansagen den Spagat zwischen politischen Themen und Spaß schaffen und dabei so viel Freude und Motivation ausstrahlen, was sich auch in der Wiedergabe ihrer Songs spiegelt.

Was Ihr schon immer wissen wolltet

Nach einem Ramones Cover folgt etwas Konzert-untypisches, was aber auf große Zustimmung stößt:
Die Gitarren werden beiseite gelegt und eine Frage-Antwort-Runde eingeläutet, welche unter anderem Aufschluss über die Meinung der Band zur amerikanischen Gesellschaft und dem Prozess des Songwritings gibt. Viele weitere Fragen brennen der Menge auf der Seele, aber die Zeit ist begrenzt und die ersten Zeilen von „Die For The Government“ sorgen dafür, dass der ganze Laden den wohl eingängigsten Refrain der Bandgeschichte mitsingt:

You′ve gotta die, gotta die, gotta die for your government. Die for your country, that’s shit!<span class="su-quote-cite">Anti-Flag</span>

Gänsehautfeeling

Mit dem vermeintlich letzten Song „The Fight Of Our Lives“ bekommen wir noch einmal einen Eindruck vom neuen Album.
Anschließend bedanken sich Anti Flag für den Abend und die Momente, welche sie in 30 Jahren Bandgeschichte erleben durfen. Die Standing Ovations haben gerade erst begonnen, als mit „This Is The End“ und „The Press Corpse“ die letzten Kracher des Abends erfolgen und trotz gerissener Gitarrensaite für die Aktivierung jeglicher Gänsehaut sorgen.
Nach dem Konzert stehen Justin und Chris für Fragen, Fotos und Autogramme zur Verfügung, was nicht selbstverständlich ist und zeigt, wie nah die Band an den Fans ist.

50 % Anti Flag bedeutet trotzdem 100 % Spaß. Hallöchen 2023, was für ein Einstand! Bitte mehr davon!

Bildergalerie: Anti-Flag