August Burns Red – Red Phantom Anthem

Wie findet man nach 14 Jahren Bandbestehen und 6 Alben immer noch den Antrieb, sich neu herauszufordern und zur letzten Veröffentlichung noch einen drauf setzen zu wollen? Diese Frage hat sich das ein oder andere Bandmitglied der Metalcore-Institution August Burns Red nach deren letzten Album „Found In Far Away Places“ mit Sicherheit selbst schon gefragt. Und tatsächlich ist dieser Gedanke nicht so abwegig, vor allem wenn man bedenkt, wie unglaublich erfolgreich „Found In Far Away Places“ war. Sogar eine Grammy-Nominierung gab es für den Song „Identity“. Es sind also verflucht große Fußstapfen, in die das neue Album „Phantom Anthems“ tritt. Man darf demzufolge gespannt sein, was das Quintett aus Pennsylvania hier gestrickt hat.

Hier gibt’s ordentlich was auf die Omme

Gleich beim Opener hört man wieder diesen unverkennbaren Stil von August Burns Red. Technisch sehr versierte Gitarrenparts, abgefahrene Drumbeats und Jake Luhrs durchdringendes Organ, lassen den Opener „King Of Sorrow“ schon einmal direkt die Marschrichtung vorgeben. Diese ist nämlich wieder etwas härter als zum Vorgänger „Found In Far Away Places“. Anstatt den Ambient-Elementen gibt es hier wieder ordentlich was auf die Omme. Dabei geben sich schnell die für August Burns Red typischen Zwischenparts zu erkennen. Diese erscheinen im ersten Moment etwas fremdartig, fügen sich aber schleunigst glänzend ins Gesamtbild ein. Sei es ein wenig Flamenco hier oder ein wenig Country da oder sogar ein bisschen „Spoken-Word-Elemente“ von Sänger Jake, Langeweile kommt so definitiv nicht auf. Da fällt es tatsächlich auch überhaupt nicht auf, dass jeder Song mindestens 4, wenn nicht sogar 5 Minuten läuft.

Meckern auf sehr hohem Niveau

Das führt uns jedoch auch zu einem kleinen Knackpunkt, den es unweigerlich gibt: Neues sucht man hier vergebens. Wo man damals bei den Songs der Jungs noch große Augen gemacht hat, geht man heute schon mit der Erwartungshaltung ran, genau so etwas serviert zu bekommen. Bitte nicht falsch verstehen, die Songs sind alle ausnahmslos großartig und vor allem wieder technisch unglaublich krass, aber es hätte dem Album nicht schlecht zu Gesicht gestanden, wenn hier das ein oder andere Experiment gewagt worden wäre. Vielleicht ein Bruch im altbekannten Stil. Nach so langem Bandbestehen darf man sich auch ruhig mal etwas trauen. Aber hey, das ist echt Meckern auf sehr hohem Niveau. Andere Metalcore-Bands schaffen nicht mal ansatzweise das, was August Burns Red seit über ein Jahrzehnt kontinuierlich abliefern.

„Phantom Anthem“ ist eine durchweg großartige Metal-Platte

Auch nach 14 Jahren ziehen August Burns Red den Hörer immer noch mit ihren Songs in Ihren Bann. „Phantom Anthem“ ist eine durchweg großartige Metal-Platte, die die Nackenmuskulatur gehörig strapazieren wird. Übrigens: Mit „Invisible Enemy“ haben die Jungs das wahrscheinlich coolste Musikvideo 2017 veröffentlicht. Wer ein bisschen auf Augsburger Puppenkiste steht, wird ausflippen vor Freude.