Eigentlich sind Brutus nur auf der Durchreise zum Reeperbahnfestival in Hamburg, das an diesem Wochenende stattfindet – doch die kleine Bühne im Keller des Béi Chéz Heinz ist für die Belgier Grund genug, für eine exklusive Clubshow in Hannover. Gemeinsam mit der Bielefelder Band Soonago sorgen die belgischen Progressive-Rock-Virtuosen dafür, dass sich diese kalte Septembernacht ein bisschen wärmer anfühlt.
„Bass, Gitarre, Drums und der Gesang von Stefanie Mannaerts verdichten sich zu einem vielschichtigen Klangteppich und breiten sich aus – in jeden Winkel des Herzens.“
Düsterer Progressive-Nachwuchs
Um das Publikum auf Brutus einzustimmen, sind die Bielefelder von Soonago eine nahezu perfekte Wahl. Auch wenn es bisher an großer Bekanntheit mangelt, ist ihr instrumenteller Progressive-Rock alles andere als unauffällig. Das Quartett spielt sich schnell warm und der glasklare Sound trägt sein Übriges dazu bei, dass sich die Stimmung schnell aufheizt. „Guten Abend, wir sind Soonago. Viel Spaß beim Zuhören!“ begrüßt Bassist Simon Kohler die Hannoveraner. Das Songkonzept der Bielefelder ist so einfach, wie genial: Denn in ihre 40 Minuten Spielzeit passen exakt fünf Lieder. Eins vielschichtiger, verworrener und sphärischer als das andere. Mal mit härteren Parts, in denen Gitarre und Drums dominieren, mal melancholisch. „Habt ihr noch Bock?“, fragt Kohler nach. „Allright, letzter Song. Er ist so neu, dass wir es noch nicht geschafft haben, das Licht zu programmieren. Also konzentriert Euch bitte nur auf die Musik“. Mit schummrig grüner Beleuchtung geht es weiter: Der neue Song weist deutlich mehr Post-Metal-Elemente als das bisher Gehörte auf. Als die letzten Töne verklingen, bricht das bereits gut gefüllte Heinz in Beifall aus.
Bildergalerie: Soonago
Eine Schublade reicht hier nicht aus
Brutus sind alles andere als gewöhnlich. An der Spitze des Trios steht eine starke Frau, Sängerin und Drummerin Stefanie Mannaerts. Auch musikalisch lassen sich die Belgier in keine Schublade stecken – Progressive Rock, Punk, Hardcore-Beats, Post-Rock und metallische Klänge verschmelzen mit einem Hauch von Popmusik. Das Ergebnis klingt wie ein eigensinniger Mix aus den Cranberries, Subways und Björk. Genau wie auf ihrer zweiten Platte „Nest“ eröffnet das energiegeladene Stück „Fire“ die Setlist. Diese stellt sich als gelungener Mix aus den beiden LPs heraus, in dem sowohl Platz für treibende wie auch für ruhige Stücke ist. Besonders in punklastigen Stücken wie „Drive“ kommt das angenehm Kratzige in der Stimme der Drummerin und Sängerin hervor.
Unaufgeregt, echt und alles andere als gewöhnlich
„Thank you for coming“ richtet Mannaerts das Wort zum ersten Mal ans Publikum. Bei „War“ verdichten sich Bass, Gitarre, Drums und der Gesang von Stefanie Mannaerts zu einem vielschichtigen Klangteppich und breiten sich aus – in jeden Winkel des Herzens. Gleichzeitig kann man bei Zeilen wie „Unleash war, Your hate will always be my guide, This time again, After all the tears we had“ spüren, wie groß der Weltschmerz ist, den das ungleiche Trio einem entgegen schmettert. Danach folgen unter anderem „Distance“, „Justice De Julia II“ und „Techno“. Viel Wirbel machen die Belgier nicht – aber das ist bei ihrem Sound auch gar nicht notwendig. Die Lightshow wirkt minimalistisch, alle Bewegung auf der Bühne ist auf das Notwendigste reduziert. Denn nichts soll von ihrer grandiosen Musik ablenken. „We have two more songs, thank you for coming“, reißt die trommelnde Sängerin das Publikum aus seiner Trance. Mit einer schnelleren Version von „All Alone“ und dem Album-Closer „Sugar Dragon“ neigt sich dieser Konzertabend schließlich dem Ende zu. Ohne weitere Zugaben, dafür aber unter großem Jubel und Applaus, verlassen die drei Musiker hastig und geradezu schüchtern die Bühne.