Every Time I Die – Low Teens

Nach fast zwei Jahrzehnten immer noch den Antrieb zu haben, neue Songs zu schreiben, zu touren und sich den Arsch aufzureißen für das, was man liebt, kriegen nur die wenigsten Bands hin. Wenn dann auch noch die Qualität konstant auf hohem Niveau gehalten werden kann, kann man die jeweiligen Bands wahrscheinlich an zwei Händen maximal abzählen. Hierzu gehören auch die gestandenen Männer von EVERY TIME I DIE: Die bringen mit „Low Teens“ ihren mittlerweile achten Longplayer auf den Markt.

Innerhalb der Band gab es ja schon einige Besetzungswechsel, aber der jüngste Weggang von Ex-Drummer Ryan Leger aka Legs hat doch schon für einige betrübte Gesichter gesorgt. Man fragte sich, ob so ein verrückter Drummer überhaupt ersetzt werden kann und somit die Songs nicht mehr an glorreiche Zeiten vergangener Alben anknüpfen können. Fragen über Fragen, die nur durch eins geklärt werden können: Zerbrechliche Gegenstände im Zimmer wegräumen, Platz zum moshen schaffen, „Low Teens“ einlegen, volles Rohr aufdrehen und ausrasten.

Los geht’s mit dem Song „Fear And Trembling“: Ein dreckiges Gitarrenintro schmeichelt dem Ohr bis kurze Zeit der völlige Abriss beginnt – es groovt, es kratzt und beißt gehörig. Gerade Sänger Keith Buckley hat wahrscheinlich noch nie so unglaublich angepisst und aggressiv geklungen wie auf dem neuesten Werk der Band aus Buffalo. Kein Wunder, thematisiert er doch auf dem 13 Song starken Album sein Leben und wie die Welt einfach einem Alles nehmen und man nur untätig zuschauen und sich fragen kann „Warum zur Hölle ich?“. Genau diese Verbitterung und Resignation hört man deutlich heraus und macht es einem noch leichter, in die trostlose Welt von Keith einzutauchen.

Um ein weiteres Mal zurück zum Schlagzeuger zu kommen: Mit Daniel Davison (Ex-NORMA JEAN und Ex-UNDEROATH) wurde ein mehr als würdiger Ersatz gefunden, welcher Legs in puncto Verrücktheit und Grooveness in nichts nachsteht. Und (ganz wichtig jetzt) die KUHGLOCKE ist wieder am Start! Zwar nur kurz, aber es zaubert doch ein verschmitztes Lächeln ins Gesicht der Fans vom Album „The Big Dirty“ – oder will etwa irgendwer leugnen, dass er beim ersten Kuhglockenschlag von „We’rewolf“ nicht schon völlig durchdreht?

Apropos „The Big Dirty“: Man hat auf „Low Teens“ das Gefühl, dass sich der Fünfer wieder mehr auf alte Zeiten besonnen hat. Wo noch auf „From Parts Unknown“ rohe Kräfte und Chaos herrschten, riecht es hier wieder an allen Ecken und Enden nach gutem alten „Arschtreter-Rock’n’Roll“ mit einer gehörigen Prise Southern Rock und jeder Menge Groove. Aber auch die beliebten chaotischen Ausbrüche gibt es natürlich wieder (man nehme nur den Anfang von „Just As Real But Not As Brightly Lit“ oder „1977“) und grade diese Stellen reißen wie eine Urgewalt alles nieder, was nicht bei Drei ganz schnell die Flatter gemacht hat.

Es geht ja heute bekanntermaßen nichts mehr ohne Gastmusiker und auch EVERY TIME I DIE haben sich jemanden für den Song „It Remembers“ ins Studio geholt – und den hatte man wahrscheinlich überhaupt nicht auf den Zettel. Es ist nämlich niemand Geringeres als Mr. BRENDON URIE von PANIC! AT THE DISCO. „Das klappt doch nie! Da treffen doch zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander!“, mag man da jetzt denken, aber Pustekuchen! Da „It Remembers“ eher getragener und auch dadurch opulenter daher kommt, passt die Stimme von BRENDON URIE mehr als nur gut ins Konzept und macht den Song dadurch noch facettenreicher, als er ohnehin schon ist.

Das Album findet mit „Map Change“ einen unglaublich grandiosen Höhepunkt, der alle schon beschriebenen Stilrichtungen so gekonnt vereint, dass man allein diesen Song für lange Zeit in Dauerrotation hören könnte. Mit „Map Change“ hat EVERY TIME I DIE wahrscheinlich ihren allerbesten Song bis dato abgeliefert und selten hörte ein Album so unglaublich stark und authentisch auf, wie hier auf dem neuesten Werk des Fünfers.

Auch nach fast zwei Jahrzehnten haben EVERY TIME I DIE nichts an Drive und Energie verloren und liefern mit ihrem neuesten Album „Low Teens“ ein verflucht gutes Album ab, das definitiv in keinem Plattenschrank fehlen darf. Wer „Low Teens“ nicht auscheckt, verpasst was… Ernsthaft!

von Sash