Da ist es endlich! Mit unbändiger Freude habe ich das neue Frenzal Rhomb Album „The Cup Of Perstilence“ seit der Ankündigung erwartet. Es stellt das erste Release nach nun schon unfassbaren sechs Jahren dar. Beide Vorgänger – die 2017er Scheibe „Hi Vis High Tea“ und „Smoko at the Pet Food Factory“ aus dem Jahre 2011 – sind seinerzeit bei mir rauf und runter gelaufen und zugegebenermaßen echte Punk Rock Perlen, die regelmäßig immer noch den Weg auf meinen Plattenteller finden. Label- und studiotechnisch scheinen Frenzal Rhomb jedenfalls schon mal keine Experimente eingegangen zu sein, denn der australische Vierer ist weiterhin bei Fat Wreck Chords zu Hause, und aufgenommen hat man abermals bei Bill Stevenson im Blasting Room in Colorado. Veränderung gab es dieses Mal allerdings in der Bandbesetzung und zwar am Bass: Tom Crease hat die Band verlassen und wird von nun an von Michael „Dal“ Dallinger am Bass abgelöst. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Australier an der Bar beim Punk Rock Holiday, der nur in höchsten Tönen vom neuen Bassisten gesprochen hatte, so dass ich mir hier keine großen Sorgen machte, dass es irgendeine negative Auswirkung auf die Qualität der Musik haben würde.
Der erste Eindruck
Genug der Vorworte, und beschäftigen wir uns lieber damit, wie die Platte klingt. Das ist ehrlich gesagt relativ einfach zu beschreiben: Sie klingt, wie Frenzal Rhomb. Aber mal im Ernst, große Veränderungen im Sound bekommt man hier im Vergleich zu den Vorgängern nicht wirklich präsentiert und zumindest mich stört das ganz und gar nicht. Denn die Band macht das dafür auf diesen 19 neuen Songs einfach viel zu gut. Die Vorab-Single „Where drug dealers take their kids“ wusste schon vor Veröffentlichung des Albums zu überzeugen und bot einen ersten Ausblick auf die überwiegend kurzen Songs, die man von der Band ja inzwischen gewohnt sein dürfte. Die meisten Songs erreichen hier nicht die Zwei-Minuten Marke, was diese aber keineswegs schlechter macht.
Zuzugeben, nach dem ersten Durchlauf blieb von den Songs erst einmal recht wenig hängen, und ich hatte mir schon ein erstes Urteil gebildet: „Gut, aber kann den Vorgänger-Alben nicht das Wasser reichen.“ Aber je mehr ich diese Platte gehört habe, umso mehr wusste ich jeden einzelnen dieser Songs zu mögen, und so sicher war ich mir dann auch nicht mehr mit der ersten Einschätzung.
Hier hör man eine Frenzal Rhomb Platte
Die Platte startet stark mit der oben genannten Single und den Songs „Gone to the dogs“ und „The Wreckage“. Bei ersterem hört man klassisches Frenzal Rhomb Songwriting mit einem auf Wiederholungen basierenden Refrain („This place is gone to the dogs, gone to the dogs, gone to the dogs“). Erinnerungen an die „Cockrock on the lightswitch“ werden wach. Dann noch schnell ein meisterhaftes Solo von Gitarrist „Lindsay „The Doctor“ McDougall und ein Basslauf vom „Neuen“, der Erinnerungen an die Descendents wach werden lässt. Und spätestens, wenn der Refrain „You act like a cunt, but my love, it goes on“ durch die Kopfhörer geschickt wird, weiß man, dass man hier eine Frenzal Rhomb Platte hört. An Wortwitz und wie immer zum Teil, sehr zum Schmunzeln anregenden Lyrics mangelt es jedenfalls nicht. Jason „Jay“ Whalley bringt diese jedenfalls in bekannter Manier einwandfrei und auf den Punkt rüber. Natürlich dürfen hier auch die kurzen, markanten Growls und Shouts neben den sonst pop-punkigen Passagen nicht fehlen. Bei „Dog Tranquilizer“ wird jede Metal Band neidisch und auch Gitarrist McDougall streut hier und da immer mal wieder gerne Metal-Riffs ein, um dann im nächsten Part des Songs wieder im klassischen Pop-Punk mit Country Flair um die Ecke zu kommen.
„Lil Dead$hit“ weiß durch mehrstimmigen Gesang und Harmonien zu überzeugen. Das Tempo wird überwiegend hochgehalten und, dass Gordon „Gordy“ Forman eine wahre Maschine am Schlagzeug ist, sollte sich inzwischen rumgesprochen haben. „I Think my neighbor is planning to kill me“ macht ebenfalls Laune und „Horse Meat“ legt mit einem schnellen Double Time Refrain direkt nach. „How to make gravox“ und „Deathbed Darren“ sind für mich wahrscheinlich die schwächsten Nummern, aber skippen muss man auch hier nicht unbedingt. Sie fügen sich prinzipiell schon in das Gesamtbild ein, haben aber für meinen Geschmack die etwas schwächeren Gesangsmelodien abbekommen. „Those People“ ist möglicherweise einer der größten Hits der Platte und „Thought it was yoga but it was ketamine“ stellt sich gleich als nächster an und bewirbt sich gleichzeitig für den besten und kreativsten Songtitel in 2023. Das Video zu diesem Song, was vor kurzem als zweite „Single“ ins Rennen geschickt wurde, ist in diesem Zuge auch sehr zu empfehlen.
Songs für den Circle Pit
Nach mehr als 40 Durchläufern dieser Platte (ja, das spricht für diese Platte oder?), komme ich zum Ergebnis, dass dieses Album durchaus mit beiden Vorgängern mithalten kann. Ich spare mir aber an dieser Stelle ein Ranking. Frenzal Rhomb verstehen ihr Handwerk, sind weiterhin relevant und das jetzt seit mehr als 30 Jahren. Auch wenn man auf dem europäischen Kontinent nur selten in den Genuss einer „Live-Show“ kommt, so kann ich mir vorstellen, dass die neuen Songs auch hier den ein oder anderen Circle Pit starten würden. Wer bisher einen Bogen um Frenzal Rhomb gemacht hat, wird das wohl weiterhin tun, und für alle anderen heißt es einfach nur: Viel Spaß mit dieser Platte, ich gönne ihr noch mal eine weitere Runde.