Gatherers – ( mutilator. )

Lange hat es gedauert, bis nun endlich ein neues Album der Post-Hardcore-Band Gatherers aus New Jersey erscheint. Das letzte Album „We Are Alive Beyond Repair“ liegt tatsächlich schon über vier Jahre zurück und hat uns damals ziemlich verzaubert (das Review könnt Ihr hier noch einmal nachlesen). Untätig waren die Herren in der Zeit aber nicht. Es erschien in 2019 noch eine letzte Single namens „Sick, Sad Heart“ über Equal Vision Records, bevor man sich von diesen trennte. Der Grund war, dass man ein Album kreieren wollte, ohne von außen beeinflusst zu werden. Alle Ideen kamen auf den Tisch, jeder in der Band wurde gehört und konnte sich einbringen und so entstand schlussendlich das neue Werk „( mutilator. )“.

Should it be such desperate times?

Den Anfang mach das wütende und hoffnungslose „massalette“ und heißt die Hörer:innen willkommen in der dunklen und kahlen Welt von Gatherers. Der Song wurde seinerzeit schon 2020 im Zuge der Tragödie um George Floyd veröffentlicht und sämtliche Einnahmen wurden zu gleichen Teilen an den George Floyd Memorial Fund, Black Vision Collective, Reclaim The Block, The Bail Project und Facing History gespendet (siehe hier). Völlig zurecht schreit uns Sänger Rich Weinberger in dem Song „Should it be such desperate times?“ entgegen. Es läuft einfach schon seit Jahren viel zu viel schief auf dieser Welt, und dieser Wut und Hoffnungslosigkeit machen sich Gatherers in sehr beeindruckender Weise Luft. Alles klickt ineinander und nimmt die Hörer:innen von Anfang mit auf eine Reise voller Wut, Chaos, Traurig- und Hoffnungslosigkeit.

Auch die darauffolgenden Songs, wie das gemäßigte, atmosphärische „boxcutter“, welches von Courtney Swan von Bent Knee unterstützt wird, das traurige und ruhige „spine“ oder das in der Strophe chaotisch anmutende „ad nauseam, I drown“, können auf ganzer Linie überzeugen. Dadurch, dass alle Ideen der Band hier eingeflossen sind, haben Gatherers in ihrem Schaffen noch einmal in puncto Atmosphäre unglaublich zugelegt, obwohl das kaum noch für möglich gehalten werden konnte. Aber wie sagt man so schön: The sky ist he limit. Und den haben Gatherers anscheinend noch lange nicht erreicht. Der Song „gift horse“ zum Beispiel, welcher von niemandem geringeren als Geoff Rickly von Thursday unterstützt wird, hat eine unheimlich beklemmende und schon fast panische Stimmung. Dieser wurde übrigens vom Deftones-Song „When Boys Telephone Girls“ inspiriert.

Zur aktuellen Vorab-Single „suffocator“, welches ein unglaubliches Maß an Dringlichkeit versprüht, sagte Rich Weinberger hierzu:

I was inundatet with boxes upon boxes of old photographs and letters left behind by my grandmother. I spent a lot of time aone with these ephemeral little pockets from another lifetime; faces of strangers, intimate correspndences, telephone books, old brochures, film slides etc. It was quite a voyeuristic experience that gave me nostalgia for a time i was not alive for. ‚suffocator‘ is thematically opaque but meant to feel bittersweet. It’s looking into a room one last time before shutting the door forever.<span class="su-quote-cite">Rich Weinberger</span>

Der Song wird vom ehemaligen Frontman von Real Friends und jetzt Sänger und Bassisten der Band rationale. unterstützt und setzt hier noch einmal das I-Tüpfelchen auf einen so schon unglaublich guten Song.

Absolute Perfektion

Man merkt an alles Ecken und Kanten, dass diese kreative Freiheit Gatherers noch einmal unglaublich beflügelt haben. Auf „We Are Alive Beyond Repair“ haben sie ihren Sound gefunden und ihn auf ( mutilator. ) zur absoluten Perfektion gebracht. Großen Anteil hat vor allem der Fakt, dass Rich Weinbergers Stimme noch besser eingesetzt wird. Dies kommt von dem veränderten Schreibprozess, da Rich nun auch selbst Melodieparts mit seiner Gitarre komponiert hat, um seine Stimme noch mehr zur Geltung zu bringen.

Aber auch der Rest der Band, die Gitarristen Anthony Gesa und Rob Talalai, Bassist Siddhu Anandalingam und Schlagzeuger Adam Cichocki klatschen mit absoluter Leichtigkeit chaotische Passagen an schon fast hymnenartige Refrains und schaffen so ein musikalisches Bild, was sich stark von dem traditionellen Post-Hardcore abhebt und alles auf eine neue Stufe wuchtet. Man merkt, dass alle auf einer Wellenlänge beim Schreiben des Albums waren. Vor allem der Song „tourniquet (for luck)“ wirkt wie aus einem Guss und verursacht in einer Tour Gänsehaut, vor allem, wenn der Song zum Ende hin aufgeht. Einfach der absolute Wahnsinn.

Mit „twelve omaha solemn certainty“ endet ein unglaubliches Hörerlebnis, welches man sofort noch einmal genießen möchte. Was Gatherers hier erschaffen haben, ist absolute Weltklasse und ( mutilator. ) ist von vorne bis hinten ein absolut atmosphärisches Meisterwerk  und eines der allerbesten Post-Hardcore-Alben der letzten Jahre, wenn nicht sogar das Beste.

Video: Gatherers – suffocator

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gatherers-mutilator( mutilator. ) ist von vorne bis hinten ein absolut atmosphärisches Meisterwerk und eines der allerbesten Post-Hardcore-Alben der letzten Jahre, wenn nicht sogar das Beste.