Kein Bock Auf Nazis macht sich seit 2006 stark gegen Rechtsextremismus. Von der Berliner Band ZSK und dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum ins Leben gerufen, etabliert sich die Kampagne als eine der größten unabhängigen Initiativen gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Dabei richten sie sich an alle Jugendlichen, die nicht mit der menschenverachtenden Ideologie der Neonazis einverstanden sind. Es sollen Möglichkeiten zum eigenen Handeln gegen Rechts aufgezeigt und Mut gemacht werden, diese Möglichkeiten auch auszuschöpfen. Außerdem soll der Vernetzungsgedanke für eine nicht-rechte Jugendkultur in Deutschland gefördert werden. Kein Bock Auf Nazis hilft jungen Menschen aktiv zu werden.
Arsch hoch – es liegt einiges an Arbeit vor uns
Was für Gedanken gingen Euch nach den ersten Hochrechnungen am Sonntag durch den Kopf?
Vor allem der Gedanke: Was wird da wohl in den nächsten vier Jahren auf uns zukommen? Auf Linke. Auf Geflüchtete und Migranten, auf homo- und transsexuelle Menschen. Und natürlich was das zu bedeuten hat, wenn 5,6 Millionen Menschen in Deutschland AfD wählen. Eine Partei, die gerade in den letzten Wochen vor der Wahl noch einmal einen Marathon der Ekelhaftigkeiten hingelegt hat. So dass eigentlich auch der Letzte gecheckt haben sollte, was das für Menschen sind. Dass so viele Leute trotzdem bewusst diese Partei gewählt haben, ist schon erschreckend. Es verdeutlicht aber: Politik bedeutet nicht nur, alle vier Jahre ein Kreuz zu machen. Das was dazwischen passiert, ist viel wichtiger.
Habt Ihr mit dem Ergebnis gerechnet oder doch noch auf mehr Menschlichkeit und Vernunft gehofft?
Seit Trump zum Präsidenten gewählt wurde, wundert uns überhaupt nichts mehr. Es war abzusehen, dass die AfD mit einem zweistelligen Wahlergebnis einzieht. Der Rechtsruck in Deutschland ist ja schon länger spürbar. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dass sich so viele Künstler und Musiker eindeutig gegen rechte Hetze positioniert haben, macht Mut. Auch die vielen Einsendungen und Zusprüche während unserer Anti-AfD-Kampagne machen uns Mut und zeigen: Wir sind viele. In vier Jahren werden die Menschenfeinde von der kommenden Generation wieder abgewählt. Jetzt heißt es: Arsch hoch – es liegt einiges an Arbeit vor uns.
Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt natürlich, dass Kampagnen wie Kein Bock Auf Nazis noch wichtiger sind als bisher
Was bedeutet das aktuelle Ergebnis der Bundestagswahl 2017 für Kein Bock auf Nazis? Auf was werdet Ihr Euch in den nächsten vier Jahren vorrangig fokussieren?
Wir werden uns weiterhin allen Rassisten und Nazis in den Weg stellen. Wir werden weiterhin aufklären und rechte Hetze entlarven. Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt natürlich, dass Kampagnen wie Kein Bock Auf Nazis noch wichtiger sind als bisher. Viele Leute haben daher schon das AfD-Wahlergebnis in Euros übersetzt und uns als Spende überwiesen.
Die Nächste große Aktion, die wir gerade mit vielen anderen Gruppen planen sind die Proteste gegen den AfD-Parteitag Anfang Dezember in Hannover. Mit Tausenden Menschen wollen wir ein deutliches Zeichen gegen diese Arschlöcher setzen.
Ein großer Teil der AFD-Wähler waren Erstwähler. Viele wollten „ein Zeichen gegen die aktuelle Regierung setzen“. Wie erreichen wir diese Leute?
Wir haben da im Internet einen schönen Satz aufgeschnappt: „Aus Protest AfD zu wählen, weil einem die Politik nicht gefällt, ist wie in der Kneipe aus dem Klo zu trinken, weil das Bier nicht schmeckt.“ Diesen Leuten muss man klarmachen, dass auch die AfD ihre Probleme nicht lösen wird, im Gegenteil. Das Problem sind nicht die Geflüchteten, sondern die Bedingungen, in denen wir leben. AfD-Wähler müssen erkennen, dass es ihre Situation nicht verbessert, wenn sie auf denjenigen rumtrampeln, denen es noch schlechter geht. Abschottung und Rassismus sind keine Alternative.
Seid laut! Überlasst ihnen nicht den öffentlichen Raum
Was kann man konkret machen, um aktiv zu werden?
Auf unserer Homepage haben wir dazu einige Punkte gesammelt. Es gibt viele Arten aktiv zu werden. Überlegt euch, was ihr gut könnt und nutzt eure Fähigkeiten. Ansonsten: Macht den Mund auf – im persönlichen Umfeld, in der Schule, in der Ausbildung und am Arbeitsplatz. Der Erfolg der AfD wird Rassisten auch im Alltag bestärken. Dem müssen wir gemeinsam entgegenwirken.
Wir müssen jetzt Seite an Seite mit denen stehen, die von Rassismus betroffen sind und bei Pöbeleien und Drohungen einschreiten. Schließt euch mit euren besten Freunden zusammen und stellt euch gemeinsam rechten Aufmärschen und Versammlungen in den Weg. Seid laut! Überlasst ihnen nicht den öffentlichten Raum, entfernt ihre Propaganda, seid selbst kreativ. Auf Veranstaltungen in eurem lokalen linken Zentrum lernt ihr bestimmt auch Gleichgesinnte kennen, mit denen ihr zusammen aktiv werden könnt. Natürlich könnt ihr auch selbst eine Party, ein Konzert gegen Nazis oder eine Spendenaktion starten. Infomaterial bekommt ihr von uns.
Wie startet man solche Aktionen am sinnvollsten? Was ist wichtig, im Vorfeld zu beachten und zu organisieren? Wie geht man das Ganze an, um wirklich etwas zu bewegen?
Am sinnvollsten ist es, mit Personen zu sprechen, die schon Erfahrung haben und sich mit der Organisation von Aktionen auskennen. Wenn ihr schon eine Idee habt, kontaktiert ihr am besten Gruppen in eurer Stadt, die sich schon gegen Rechts engagieren und holt euch Tipps ein bzw. fragt nach Unterstützung. Erkundigt euch, was man alles beachten muss, um eine öffentliche Veranstaltung, eine Kundgebung oder eine Demo anzumelden. Um wirklich etwas zu bewegen, fangt einfach irgendwo an „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“, um mal Kästner zu zitieren.
Neonazis lassen sich nicht einfach „wegignorieren“
Denkt Ihr es macht Sinn, die AFD weitestgehend zu ignorieren, indem man ihr beispielsweise auch in den Medien keine große Plattform mehr bietet oder ist gerade das gefährlich?
Eins ist klar: Neonazis lassen sich nicht einfach „wegignorieren“, wie viele sich das wünschen. Den brodelnden Sumpf über längere Zeit sich selbst zu überlassen, kann nur nach hinten losgehen. Dennoch ist es richtig, der AfD nicht so oft eine Plattform zu bieten. Wir sollten vor allem ihre gewollten Provokationen als solche erkennen und ins Leere laufen lassen. Wenn wir immer kopflos aufschreien, kommt ihnen für jede Kleinigkeit nur umso mehr Aufmerksamkeit zu. Stattdessen sollten wir versuchen, ihre Hetze sachlich zu zerlegen.