Joey Cape live in Hannover

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Foto: Maria Graul

Der Corona bedingte Konzertsommer geht weiter stetig voran. Auf den Open-Air-Bühnen Hannovers ist einiges geboten und das im Grunde Tag für Tag. Am Montag, den 16. August, ist Joey Cape auf der KommRaus-Bühne im Ricklinger Bad zu Gast. Und nach dem der komplett verregnete Tag im Grunde daraus bestand, zu hoffen, das Wetter würde wenigstens abends halten, verziehen sich tatsächlich kurz vor Beginn die letzten Regenwolken. Als Support sind North Alone aus Osnabrück angereist, die an diesem Abend in der Kombination aus Gitarre und Geige auftreten.

Joey Cape hat an diesem Abend alles im Gepäck, was sich in den vergangenen eineinhalb Jahren aufgestaut und entladen hat. Vor allem aber zeigt sich seine scheinbar unbändige Lust auf Livekonzerte.<span class="su-quote-cite">Rob</span>

Alle noch wach?

Auch wenn der Regen an diesem Abend nicht ins Ricklinger Bad zurückkehrt, so ist es doch ganz schön frisch, als Joey Cape kurz vor 21:00 Uhr mit seiner Akustikgitarre bewaffnet die Bühne betritt. Mit dabei ist Keyboarder Tobias, zu dem die knapp 120 Besucher:innen später im Laufe des Abends noch mehr erfahren sollen. Doch zuerst einmal geschieht fast zehn Minuten lang nichts, da technische Probleme den Start verzögern. Joey, u.a. bekannt als Frontmann der Punkrocklegenden Lagwagon, freut sich über die Anwesenden, die trotz des zweifelhaften Wetters den Weg gefunden haben. Und nachdem die technischen Probleme überwunden sind, versichert er sich noch schnell, dass auch alle noch wach sind. Dann geht es mit „I Know How To Run” vom 2019er Album “Let Me Know When You Give Up” los. Von Beginn an fällt das Zusammenspiel mit dem Keyboard positiv aus. Da hat sich Herr Cape einen echten Fachmann geholt. Besonders gut gelungen ist der Start zu „Going For The Bronze“, der an ein Glockenspiel erinnert. Joey Cape erzählt dann, er sei schon am Vortag nach Hannover gereist – bei bestem Wetter. Heute sehe das anders aus, das wäre aber egal, denn es sei einfach toll wieder spielen zu können. Über die vergangenen anderthalb Jahre Coronapause fügt er noch hinzu, er hätte jetzt soviel Zeit mit seinem Hund verbracht, dass dieser nun fließend Englisch könne… der Rest, ist Geschichte!

Die Stimmung ist angenehm gelöst, auch wenn die vergangene Zeit nicht spurlos an dem Sänger vorbeigegangen zu sein scheint. Seine Songs schwanken daher merklich zwischen Melancholie, Aufbruchsstimmung und Hoffnung. Da die Lichtshow auf der Bühne auf die Stimmung und die Musik abgestimmt zu sein scheint und sich so eine besondere Wirkung entfaltet, nehmen auch die Besucher:innen trotz der aufkommenden Kälte das Konzert gut an. Zwischen andächtig lauschend, einigen Zwischenrufen und starkem Applaus zwischen den Pausen ist alles dabei.

Bildergalerie: Joey Cape

Vom Lagwagon-Jazz-Album zu Joey auf die Bühne

Wie ein roter Faden zeiht sich das Wetter als Thema durch den Abend. Denn mit „It´s Always Sunny“ hat Joey Cape das passende Lied im Gepäck. Dann soll Tobias etwas sagen, da er die Gitarre stimmen muss. Und Tobias zeigt sich äußerst sympathisch, wenn auch zurückhaltend und etwas nervös, dankt Joey und verspricht ab sofort über seine nächste und die vergangene Ansage die ganze Nacht nachzudenken. Das Publikum findet auch diese völlig okay. Zwischendurch spielt Joey Cape dann auch mal ein paar Songs alleine und freut sich, dass Tobias, den er vor Jahren bei einem Konzert von Lagwagon kennengelernt hat, dabei ist. Dort zeigte ihm Tobias, wie er als Jazzmusiker mit seinem Keyboard Lagwagon Songs covert und begeisterte damit den Sänger. Nun sei Tobias endlich in der Band angekommen, denn der Caper hätte ihn ja schließlich zum Sprechen gebracht. Wieder einmal gehören die Lacher Joey Cape, der froh, entspannt und gut gelaunt, fast wie ausgewechselt wirkt.

Auf „Burning Out In Style“ folgt ein Song, den Joey Cape seinem Freund Fabian widmet. Dieser soll im Publikum sitzen, macht sich aber nach Joeys Befürchtung wahrscheinlich gerade Backstage über Joeys Getränke her. Der Song wird dennoch gespielt, gefolgt von drei Songs vom neuen Album „A Good Year To Forget“, welches erst kürzlich veröffentlicht worden ist. Er würde diese Songs spielen, so Joey mit einem Lachen im Gesicht, da er das Album wirklich mag und er eben das Mikro habe und ihm eh alle zuhören müssten. Zu den Songs gehören unter anderem „It Could Be Real“ und „Saturday Night Fever“. Dann spielt der kalifornische Musiker noch „Like A Satellite“ bevor Tobias Feierabend hat und Joey Cape mit „May 16“, „I Must Be Hateful“ und „Making Friends“ das Finale einleitet. „International You Day“, den das Publikum natürlich einfordert, widmet er seinem verstorbenen Freund Tony Sly und will so auf einfühlsame Art dessen Leben und Vermächtnis als großartigen Songwriter ehren – Show für Show.

Ein atmosphärisch dichter und gemütlicher Abend

Durch die leichte Verzögerung zu Beginn ist der Abend mittlerweile weit fortgeschritten. Dennoch bleibt noch Zeit für einen letzten Song und da fällt die Wahl auf „Violins“. Dabei merkt Joey Cape, dass er die falsche Strophe singt, das Publikum will helfen und landet direkt daneben. Alle lachen miteinander und schnell wird der Chorus, gefolgt von einem dezent missglückt-klingenden Solo angestimmt, aber auch dafür hat das Punkrock Original eine charmante Erklärung parat. Es folgt ein Sing-A-Long-Part, der die Stadionstimme der Deutschen testen soll und nach 75 Minuten ist dann doch leider ein Ende gekommen. Joey Cape hat an diesem Abend alles im Gepäck, was sich in den vergangenen eineinhalb Jahren aufgestaut und entladen hat. Vor allem aber zeigt sich seine scheinbar unbändige Lust auf Livekonzerte. So ist dieser Abend hoffnungsvoll stimmungsvoll, mal lustig und maximal atmosphärisch dicht. Das hat Spaß gemacht und das zeigen auch die anhaltenden Ovationen des Publikums in Hannover zum Abschluss. Ein rundum gemütlicher Abend und das trotz der (trockenen) Kälte!

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