Die Band Blood Youth beehrte die Hafenstadt im Norden Hamburg mit einem Konzert ihrer Album-Release-Tour „Starve“. Vor der Show nahm sich der sichtlich müde Sänger Kaya Tarsus die Zeit, um mit uns über die Schattenseiten des Tourens, das neuen Album und die Zukunft der Band zu reden.
„Wenn die Leute das Album anhören, wirklich was fühlen und es verstehen, es ist halt kein Sonntagmorgen-Spaziergang durch den Park“
Hi Kaya, willkommen zurück in Hamburg!
Kaya: Es freut uns, wieder hier zu sein.
Es ist Eure zweite Headline Tour und Ihr ward davor schon einmal in Deutschland, richtig?
Kaya: Richtig. Ich weiß nicht mehr, was das damals für eine Venue war, aber die Tour war mit Caliban, Bury Tomorrow, Architects und uns. Das war unsere erste Show in Hamburg.
Das ist ja schon ziemlich lange her. Gefällt es Euch, durch Deutschland zu touren?
Kaya: Ja, wir mögen es. Wir haben immer gute Shows und hoffentlich haben wir die weiterhin.
Hoffentlich? Das meinst Du, weil Du müde bist?
Kaya: Obwohl ich müde bin (lacht). Hoffentlich kommen auch ein paar Leute.
Heute ist auch nicht ausverkauft und der Rest der Tour auch nicht. Macht Euch das Angst?
Kaya: Es ist nicht ausverkauft, richtig. Touren in Europa ist für uns immer unvorhersehbar. Aber bisher war jeder Raum gut gefüllt. Wir sind manchmal in Städten angekommen und dachten „Oh Gott, da sind heute nur zwei Gäste“ und dann kamen doch noch mehr. Hoffentlich ist das heute genauso.
Also so wie heute. Wir standen da ja erst zu dritt, aber dann kamen die Fans zum Einlass. Lag vielleicht am Wetter.
Kaya: Genau. Aber es kamen noch Menschen.
Außer dem „Hoffen auf Fans“ – Wie war die Tour den soweit für Euch?
Kaya: Großartig! Wir haben ja in Großbritannien angefangen, das waren natürlich ausverkaufte Shows und es war total verrückt. Auf jeden Fall war das mehr als wir erwartet hatten. Europa scheint auch so zu werden. Letzte Nacht war großartig, davor auch. Hoffentlich bleibt das so.
„Mit „Starve“ wollten wir alles umdrehen und ausprobieren“
Sprechen wir über Euer neues Album „Starve“ (Albumreview) . Es ist Eure vierte Veröffentlichung, richtig? Wo siehst Du Unterschiede zwischen dem neuen Album und den alten Veröffentlichungen?
Kaya: Genau, wir haben vier Veröffentlichungen, aber „Starve“ ist unser zweites Album. Das erste Album hat die selben Lieder wie die beiden EPs. Das war die Sicherheit für uns und wir wussten, unsere Fans würden es mögen. Mit „Starve“ wollten wir alles umdrehen und ausprobieren. Wir wissen manche werden es nicht mögen, aber unsere Fanbase wächst ja auch noch.
Wie würdest Du Euer Album jemandem beschreiben, der Euch bisher nicht kennt?
Kaya: Es ist schwer, düster, real und unheimlich. Wenn die Leute es anhören und wirklich was fühlen und das Album verstehen, es ist halt kein Sonntagmorgen-Spaziergang durch den Park. Es ist eher ein Album, das man sich zuhause mit Kopfhörern anhört, um sich selbst zu erschrecken. Wenn Leute also was erleben und erfahren wollen, sollten sie das Album kaufen und anhören.
„Starve“ – hat der Titel oder das gesamte Konzept eine Bedeutung für Euch?
Kaya: Das meiste des Albums wurde durch persönliche Niederschläge und schlechte Zeiten inspiriert. „Starve“ ist ein Wort, was uns allen gefallen hat und gibt das Gefühl, verzweifelt und verängstigt zu sein. Das ist genau das, was ich beim Schreiben gefühlt habe und so umfasst der Titel das Album einfach perfekt.
Wie habt Ihr die Songs ausgesucht, die Ihr als Singles veröffentlichen wollt, bevor das Album raus kommt?
Kaya: Wir wollten einfach einen guten Vorgeschmack geben. „Starve“ musste wegen des Namens natürlich veröffentlich werden, es ist auch ein guter Song zum Start. „Keep You Alive“ ist halt eher was ganz anderes und wir wollten so dann auch zeigen, in welche Richtung es geht.
Gibt es da einen Song auf dem Album, den Ihr als Band eigentlich nicht mochtet, aber dann dachtet, „scheiß drauf, vielleicht mögen ihn die Fans“?
Kaya: Nein, jeder Song… obwohl, lass mich nochmal überlegen. Doch, jeder Song der drauf ist, hat uns auch gefallen. Natürlich gab es Songs, die es nicht auf das Album geschafft haben, aber die die drauf sind erzählen alle ihre eigene Story und das passt zusammen.
Und was ist Dein Lieblingssong auf dem Album?
Kaya: Wahrscheinlich „Nerve“, weil er so schwierig ist. Es war schwer ihn zu schreiben und es ist schwer ihn zu performen. Jede Zeile des Songs ist eigentlich nur mein Tagebuch in Lied-Gestalt. Also jedes Mal, wenn ich den Song höre, bin ich gedanklich wieder in meinem Zimmer und habe Depressionen und all das Ganze. Also ja, „Nerve“ ist mein Favorit, weil der Song mich halt so beeinflussen kann. Aber wenn wir ihn live spielen, feiern die Leute das. Das ist natürlich auch cool.
„Wir wollten, dass man beim Hören denkt, man wäre in einem Albtraum oder in einem Horrorfilm“
Also kurz gesagt: Die Scheiße, die Du durchgemacht hast beziehungsweise noch durch machst, ist für Euch als Band richtig gut?
Kaya: Kann man so sagen, bisher.
Wo wir grade bei schwierig und komisch sind: Das Intro und das Outro auf „Starve“ haben so einen unheimlichen Beigeschmack und sind so anders zum Rest des Albums oder zu alten Liedern. Warum?
Kaya: Wir wollten, dass man beim Hören denkt, man wäre in einem Albtraum oder in einem Horrorfilm. Als wir das Album aufgenommen haben, waren wir auch auf einem Bauernhof irgendwo im Nichts, haben uns Horrorfilme angeschaut und dann losgelegt. Es war wirklich gruselig und das wollten wir dann einbringen. Aber es fließt alles gut und das passt. Ich liebe unser altes Album „Beyond Repair“, aber das waren halt nur zehn Songs, ohne Verbindung. Das hier ist nun etwas, das man von vorne nach hinten einfach hören kann.
Ich hab mir das Album schon angehört und ich kann bestätigen, dass man sich tatsächlich wie in einer verlassenen Villa oder sogar im Wald fühlt.
Kaya: Siehst Du, dann hat es ja geklappt. Das ist genau das, was wir wollten.
Wie wird der Rest der Tour?
Kaya: Wir sind richtig aufgeregt und freuen uns auf den Rest der Tour. Hamburg war ja einer der ersten Stopps auf dem Festland, aber wir spielen auch in Städten, in denen wir noch nie gespielt haben. Wir wissen ja nicht, was uns erwartet. Polen, Barcelona, Madrid, da waren wir noch nicht und wir freuen uns darauf, die Fans dort zu sehen. Selbst wenn da nur eine Person im Club ist – wir würden trotzdem spielen.
Gute Überleitung. Lass uns doch mal ein wenig über die Unterschiede zwischen Festland-Shows und Shows in Eurer Heimat Großbritannien reden. Gibt es die?
Kaya: 100%. Die Show und das Publikum sind schon total anders. Wir müssen natürlich härter arbeiten wenn wir hier sind. Das Publikum hier ist schwieriger. Zuhause sind Shows eben leichter für uns, auch wenn sie ausverkauft sind. Auf dieser Tour haben wir vor allem hier in Europa auch Fans, die uns vorher nie gesehen haben und die nicht wussten, was auf sie zu kommt. Da war zum Beispiel jemand in Belgien, der Club war voll und am Ende des Raums waren ein paar Leute, die gehörten wohl alle zusammen, ich hab die vorher noch nie gesehen und ich hätte nie gedacht das die zur Show wollten. Ich hab nach der Show mit ein paar von ihnen geredet und die wollten einfach nur da sein und die Musik genießen.
„Wir wollen in den größten Venues vor dem größten Publikum spielen“
Sind da immer noch Fans von Euren alten Bands, die Ihr dann auf den Shows wieder trefft?
Kaya: Chris ist der einzige, der in einer Band (Climates – Anm. d. Red.) war, die über UK hinaus bekannt war. Ich weiß nicht, ob es da welche gibt. Bisher kam noch keiner, außer Dir an, der unsere Bands kannte. Meine war ja auch nie wirklich berühmt. Das wäre also eher Zufall.
Wir sind auch schon am Ende des Interviews und ich würde gern wissen, wie denn die Zukunft von Blood Youth aussieht oder wie Du es gerne hättest, wie sie aussehen soll?
Kaya: Das ist ganz einfach: Wir wollen in den größten Venues vor dem größten Publikum spielen. Natürlich auch mit den größten Bands. Also sowas wie Mastodon, Slipknot, Korn. Mit ein paar Bands haben wir bereits gespielt. Wir sind ja erst seit vier Jahren eine Band und wir setzten da keine Grenzen.Wir haben auch schon vieles gemacht, was wir nie gedacht hätten. Wir haben schon ausverkaufte Shows und hoffen, dass das so weiter geht.
Das wäre dann ja auch ein Publikum, das Ihr eventuell von Euch überzeugen müsst.
Kaya: Wie gesagt, wir haben ja schon mit ein paar Bands gespielt, Prophets Of Rage, Stone Sour, Beartooth. So viele Bands, wo wir schon das Publikum auf unsere Seite ziehen mussten. Aber das macht uns Spaß, das gehört nunmal dazu, das verängstigt uns nicht.
Das war jetzt tatsächlich die letzte Frage. Danke, dass Du Dir Zeit genommen hast, wir sehen uns dann oben.
Kaya: Sehr gerne, hat Spaß gemacht. Bis gleich!