Im KreuzverHör: Donots – „Lauter Als Bomben“

Donots Lauter Als Bomben Kreuzverhör

Die Donots veröffentlichen am kommenden Freitag ihr zweites deutschsprachiges Album Lauter Als Bomben. Dieses gehört zu den Alben, um die sich in der Redaktion vermehrt gerangelt wird. Archi und Maria haben über Tage nicht aufgehört darüber zu fachsimpeln. Was die beiden nicht wussten: Der Rest hat mitgehört. Willkommen in unserem neuen Format KreuzverHör!

      Donots Lauter als Bomben Artwork

Donots
Lauter als Bomben

VÖ: 12.01.2018

Solitary Man Records

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Archi: „Schuster bleib bei Deinen Leisten“ haben sich sicher einige gedacht, als die Donots 2015 ihr erstes deutschsprachiges Album „Karacho“ (Review) veröffentlicht haben. Für die Musik-Szene hierzulande scheint „deutsch“ und „(Punk-)Rock“ einen komischen Beigeschmack zu haben. Ich muss gestehen, dass ich mich dem Album damals auch erst ein Jahr später mit der Veröffentlichung der englischsprachigen Versionen unter dem Titel „¡CARAJO!“ so wirklich genähert habe.

Maria: Ernsthaft? „Karacho“ ist doch eingeschlagen wie eine Bombe. Wobei ich Dir zustimmen muss. Da hat sich definitiv was in der Wahrnehmung zum Sprachraum verändert. Es gibt so die großen Helden Slime oder die Terrorgruppe, da zweifelt man den Deutschpunk in keiner Sekunde an. Dann kommt die Welle der Donots, Muff Potter oder Rantanplan und das war offensichtlich auch absolut legitim. In den letzten Jahren entstand eine ganz andere moderne Deutsch/Politpunk-Szene und dieser wird das Deutschpunksein scheinbar immer mehr abgesprochen beziehungsweise schwerer gemacht. Schon spannend.

„Die Donots bezahlen auch 2018 weiter mit ihrem schlechten Namen und das ist auch gut so“

Archi: Was mir jedoch schon auf „Karacho“ auffiel war, dass die Donots als eine der wenigen Bands in ihrer „Liga“ unaufhörlich den Mund aufmachen und deutliche Worte gegen Nazis und Rechtspopulisten finden. Erinnerst Du Dich an den unvergessen großartigen Auftritt beim „Bundesvision-Songcontest“ oder die Aktion mit dem gigantischen Anti-Nazi-Banner auf dem Gelände des ehemaligen Reichsparteitags in Nürnberg? Dann ist das schon ganz schön authentisch, wenn die Ibbenbürener auf „Lauter als Bomben“ davon singen weiter mit ihrem schlechten Namen zu bezahlen. Dabei stehen die echt stets mit genau diesem Namen – wie kaum eine andere Band – als politisches und sozialkritisches Sprachrohr einer ganzen Generation fest in der Brandung.

Maria: Aber hallo! Ich hab das Bild direkt vor meinem inneren Auge. Das ist schon echt ein großartiges Werk dieses „Lauter als Bomben“. Ungefragt ist musikalisch mittlerweile anteilig der Mainstream auch bei den Donots eingezogen. Die Songtexte sind allerdings messerscharfe Beobachtungen der aktuellen Lage und Problematik. Das ist so donotstypisch: Immer mal ein zwinkerndes Auge, bisschen sprachgewandter Zynismus und eine ordentliche Portion ehrlicher und direkter Finger mitten in die Wunde des 21. Jahrhunderts. Hach, da tanzt mein Herz. Und dann muss man ja auch echt mal anerkennend sagen, dass die sich musikalisch trotzdem ganz schön flexibel halten. Stillstand sucht man bei den Donots vergebens. Da ist ja echt die ganze Drei-Akkorde-Skala hoch und runter zu finden – inklusive Ausbrecher wie…

Archi: …wie dem eher untypischen Song „Alle Zeit der Welt“?

Maria: Ja, genau. Groß oder?

„…weil unsere Herzen lauter als Bomben schlagen!“

Archi: Jawoll, auch mal den Fuß vom Gaspedal – Das gibt der Platte genau den richtigen Raum zum Atmen. Mittlerweile wurden ja auch schon ganze vier Songs als Vorabsingles an den Start gebracht und textlich legen die echt noch eine ordentliche Schippe drauf. Die neuen Songs haben sich, wenn Du mich fragst, allesamt ein Ticken passender angefühlt als der Großteil auf „Karacho“. Bei mir stellt sich das Gefühl ein, dass die Donots nach ihrem ersten zaghaften muttersprachlichen Versuch nun einen guten Weg gefunden haben.

Musikalisch bin ich da ganz bei Dir. Sie werfen einfach ein paar mehr Eisen in die verschiedensten Rock-Feuer und die schleudern sie dem Hörer mit aller Wucht um die Ohren. Das musst Du Dir mal durch den Kopf gehen lassen: Die schaffen es die unterschiedlichsten Spielarten unter einen Hut zu bringen und trotzdem ihre ganz spezielle Donots-Note zu behalten. „Rauschen auf jeder Frequenz“, der schnelle Punkrock-Kracher „Whatever Forever“ aber auch der Ohrwurm-Song „Eine letzte letzte Runde“ – der ist echt eine große Geste an die Freundschaft.

Maria: Aber echt. Da werden sich einige Tausende auf den Shows freudentränengeschwängert in den Armen liegen. Kennst Du auch oder, wenn die Abende immer länger und die Nächte immer schöner werden und man die Menschen um sich nicht gehen lassen will. Geil fand ich da ja auch den Videodreh im Märchenwald (News). Als dann „Mit The Clash gekommen und geblieben, das letzte Wort haben die Ramones“ gesungen wurde, war ich wirklich überzeugt, dass ich den Song irgendwann mal autobiographisch verwenden muss. Identifizierungswert hoch eine Million! Ernsthaft.

Archi: Mein geheimer Anspieltipp des Albums ist ja „Gegenwindsurfen“. Haste da mal genau hingehört? Gucken wir doch mal ob Du Dich tatsächlich ein wenig mit deutschsprachigem Punkrock auskennst (lacht).

Maria: Haha, ich weiß worauf Du hinaus willst.

Archi: War eine freudige Überraschung für Dich, oder? Für mich auf jeden Fall!

Maria: Absolut. Aber ich hab auch erstmal große Augen gemacht und musste zwei Mal hinhören. Voll gut, dass er auf der neuen Scheibe einen Part bekommen hat. Finde ich höchst sympathisch. Ey, aber hüll Dich bloß in den stahlharten Mantel des Schweigens, das veröffentlichen wir erst am Freitag. Happy Releaseday und so.

„Wenn wir gehen, dann gemeinsam und wenn es sein muss vor die Hunde“

Archi: Klar, Schweigen ist mein zweiter Vorname. Aufgenommen wurde die Platte übrigens im hauseigenen Heavy Kranich Studio, produziert von Kurt Ebelhäuser, der auch die grandiosen Pascow schon mehrmals auf Band gebannt hat und dem geheimen 6. Donots-Mitglied Robin Völkert. Diesen DIY-Charme spürt man in jeder Gesangsmelodie und jedem Riff, wie ich finde.

Maria: Oh, Pascow, lange nicht gehört… Sehe ich aber auch so. Der Kurt hat auch die Tradition eingeführt, dass sich die Band gegenseitig die Songs und Künstler vorspielt, die sie aktuell und generell kicken. Da muss ich nochmal auf „Gegenwindsurfen“ zurückkommen. Vor der Aufnahme saßen die Donots zusammen und haben ausgelotet, warum die alten Helden wie Bad Religion mit ihren Chören oder die Descendents mit ihrer drahtigen Gitarrenarbeit so klingen, wie sie eben klingen, hab ich gehört.

Archi: Woher weißt Du das nur alles? Aber: Chapeau Donots! So muss deutschsprachiger Punkrock 2018 klingen! Mir altem Deutschpunk-Kid gefällt diese Platte besser als vorab erwartet. Die Ausrufezeichen, die jeder einzelne Song setzt, sind gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je.

Maria: So alt bist Du doch noch gar nicht. Aber Recht haste, ich ziehe auch meinen Hut. Die sind halt auch einfach eine geile Liveband. Na ja und ich werde ja eh immer ganz hibbelig, wenn man so gekonnt und authentisch Punk, Politik, Mut und Zuversicht auf einem Tablett jongliert.

       Jahresrückblick Naria

Über Maria
Another night of chaos is so easy to arrange“

Bei Maria reichen sich Punk und Politik nicht einfach nur die Hand, sie liegen sich quasi eng umschlungen im Arm und trinken Schnäpschen auf die alten Zeiten. Wenn sie nicht gerade davon träumt durch die Welt zu reisen oder ihrem Ärger auf Demos Luft macht, testet sie die neuesten Eiskreationen der Stadt, träumt vom Ruhrpott Rodeo oder sortiert ihre Platten zwischen der Terrorgruppe, Wizo, Propagandhi und No Use For A Name.

Über Archi
„I hate this place, but I love these chords.“

Archi wurde musikalisch von Dritte Wahl und der Terrorgruppe groß gezogen und ist mittlerweile irgendwo zwischen The Gaslight Anthem, The Menzingers und Hot Water Music zu Hause. Wenn er nicht gerade selbst auf irgendeiner Bühne der Republik seine Wut auf Nazis, Sexisten und andere Vollidioten rausbrüllt, sitzt er mit einem großen Stück Pizza Zuhause vor seiner PS4.

Archi Count Your Bruises Team