Liedfett live in Hannover

Liedfett live am 21.11.2019 im Capitol in Hannover
Foto: Julia Homann

Nach „Phoenix aus der Flasche“ und dem Live-Album „Meine Damen und Herren“ haben Liedfett vergangenen Monat noch die „Heartchor“-EP veröffentlicht, bevor es an die Aufnahmen zum neuen Album geht. Um den Fans und auch sich selbst die Wartezeit bis dahin zu verkürzen, stehen die Hamburger für ihre „Goldene Zeiten Tour“ auf den Bühnen der Republik. Zur Seite steht dem Chaos-Ensemble der befreundete Singer-Songwriter John Winston Berta.

„Habt Ihr Bock reinzubügeln?“

Darf es etwas Funk sein?

Den Abend eröffnet der noch recht junge, aber musikalisch sehr bewanderte John Winston Berta. Als Hannoveraner ist der Auftritt im Capitol für ihn ein echtes Heimspiel. Als die meisten Liedfett-Fans erst allmählich den Saal betreten, haut der Singer-Songwriter bereits seine bluesigen Töne in die Saiten. Für den Song „The Key“ steht Liedfett-Gitarrist Lucas Uecker, ein enger Freund des Sängers, mit auf der Bühne. „Kommt schon Leute, Ihr seid ’ne Musikstadt“, animiert der lockige Jungspund sein Publikum.

Der selbsternannte „Multi-Instrumentalist“ liefert zusammen mit seiner Bands tanzbare Sounds ab, die für die meisten Liedfett-Fans jedoch eine Spur zu ruhig zu sein scheinen. Gegen Ende des Sets werden die Gitarren rockiger und die Menge grooved mit. „Wir spielen noch einen Song für Euch“, kündigt John an. „Unter einer Bedingung: Ich brauche Eure Hände“. Das lassen sich die Hannoveraner nicht zwei Mal sagen und tanzen zu „Urlaub in Italien“. Als sich die Band von der Bühne verabschiedet, schallt ihr der typische „Reinbügeln“-Sprechchor aus dem Publikum entgegen. Damit ist klar: Das Publikum ist aufgetaut und will Liedfett sehen.

Der Gute-Laune-Zug macht Halt in Hannover

Als das gut gelaunte Quartett schließlich auf die Bühne stürmt, bricht das Publikum in Applaus und Jubelrufe aus. „Wir freuen uns so, in Hannover zu sein“, begrüßt Liedfett-Sänger Daniel Michel das Capitol herzlich und stellt die obligatorische Frage: „Habt Ihr Bock reinzubügeln?“ Das hat Hannover offensichtlich und schon geht es mit „An Land“ und dem ersten Cirlcle of Love los. Liedfett spielen sich in gewohnter Manier durch ihre Setlist und das Publukum freut sich sichtbar über tanzbare Stücke wie „Montagmorgen“, „Paranoia“, „Gib mir dein Finger“ und „Wer hat mich geschubst“.

Die Band gewährt private Einblicke

Während die Temperatur im Raum merklich steigt und einigen Besuchern schon der Schweiß über das Gesicht läuft, würdigen Liedfett ihre Vorband John Winston Berta. Mit den gefühlvollen Stücken „Scheitern“ und „Sowie Du bist“ geht es schließlich weiter – eine gute Gelegenheit für das Publikum, um nach den ersten Anstrengungen wieder zu Atem zu kommen. „Hannover, wir lieben Euch, schön, dass Ihr da seid“, ruft Daniel, kurz bevor er einen der seltenen Einblick in das Privatleben der Band gibt. Im Leben von Drummer Philipp Pöner gibt es nämlich etwas zu feiern: Er ist vor wenigen Tagen Vater einer kleinen Tochter geworden.

Bildergalerie: Liedfett

 

„Seenotrettung ist kein Verbrechen“

Damit es nicht zu sentimental wird, legen die Hamburger Gute-Laune-Punks mit „Ball“ nach und haben auch ein paar Worte der Dankbarkeit für ihre Fans übrig: „Love für die Menschen, die uns seit elf Jahren begleiten. Goldene Zeiten sind uns für immer sicher, seid Ihr dabei?“ Das Publikum antwortet mit Jubel und springt kurz darauf ausgelassen zu „Kommst du mit?“ und „Liedermaching Untergrund“. Doch Liedfett ist auch eine Band, die ernste Töne anschlagen kann und wichtigen politischen Themen Raum gibt. An diesem Abend berichtet deshalb ein Crew-Mitglied der Sea Watch 3 auf der Bühne vom aktuellen Stand der Dinge: „Obwohl das Schiff beschlagnahmt ist, werdet Ihr uns bald wieder auf dem Mittelmeer sehen könnnen!“ Unter großem Jubel kommentiert dann auch Gitarrist Lucas Uecker: „Seenotrettung ist kein Verbrechen“.

Ein letztes Mal reinbügeln, bevor der „Durchbruch“ kommt

Nach der beliebten Hymne „Schmierlappenkommando“ fragt Daniel: „Wollt Ihr noch eine Zugabe?“ Der „Reinbügeln“-Chor des Publikums ist Antwort genug und die Musiker strahlen um die Wette. Nach einem Solo von Lucas Uecker wird auch die Vorband zur Verstärkung auf die Bühne geholt. Für „Körperliche Selbstverteidigung“ holen Band und Support alle Energiereserven raus, die bis Dato noch verfügbar sind. „Das war eine schöne Zeit!“, kommentiert der Frontmann und verrät, dass ihr neues Album „Durchbruch“ heißen wird. Zu „Alkoholika“ feiern die Hannoveraner schließlich ein letztes Mal, bevor sich das Hamburger Quartett von der Bühne verabschiedet. Was bleibt, ist ein unvergesslicher Abend voller Übermut, Wortwitz und ungezügelter Freude. So wie immer, wenn Liedfett in der Stadt sind.