Mastodon, Kvelertak und Mutoid Man live in Hannover

Mastodon am 06.02.2019 live im Capitol in Hannover
Foto: Annika Schmidt

Fast zwei Jahre ist es bereits her, dass die Heavy Rock Größe Mastodon ihr letztes Album „Emperor Of Sand“ auf den Markt brachte, doch es braucht kein neues oder kommendes Album, damit das Grammy prämierte Quartett in einer ausgedehnten Tour die Bühnen Europas und des Vereinigten Königreiches betritt. Darunter darf sich auch das Capitol in der Stadt an der Leine über einen Besuch Mastodons freuen, die als feste Begleitung die Norweger Kvelertak und die amerikanischen Rocker von Mutoid Man mitbringen.

American-Garage-Punk-Energie zieht in den Bann

Es soll heute ein langer Abend werden. Also öffnet das Veranstaltungszentrum am Schwarzen Bär bereits um 18.30 Uhr seine Türen und doch stehen auch weit nach Auftakt des Abends die Leute vorm Einlass Schlange. Währenddessen legt das Trio Mutoid Man gegen 19.30 Uhr mit den schnellen Takten von „Melt Your Mind“ ihres letzten Albums „War Moans“ auf der Capitolbühne los.

Musikalisch lassen sich die Jungs nicht eindeutig verorten – die charakteristische Stimme des Sängers und Gitarristen Stephen Brodsky legt sich auf aufbrausende Töne, die sich mühelos zwischen Punkrock, Metalcore, Psychedelic Rock und anderen Unterarten des Rock und Metals bewegen. Das dieser sonst auch die Gesangsparts bei Cave In prägt, dürfte zumindest für Besucher, die die Szene schon ein paar Jährchen verfolgen, kein Geheimnis sein. Ähnlich wie „Kiss Of Death“ kommt „Date With The Devil“ mit tiefschwingenden, psychedelischen Tönen daher, ist dabei allerdings deutlich progressiver. Nick Cageao präsentiert ein wirklich magisches Bassspiel, dass sich mit den energetischen Drums von Chris Maggio (Coliseum) perfekt mischt. Ben Koller, der sonst auch bei Converge die Drumms zum Beben bringt, konnte krankheitsbedingt leider nicht an der aktuellen Tour teilnehmen. Unbestreitbar ist die American-Garage-Punk-Energie der dreiköpfigen Gruppe, welche die bereits Anwesenden zwanglos in ihren Bann zieht.

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Sängerwechsel bei Kvelertak

Um 20.17 Uhr betritt das norwegische Heavy Metal Sixtett Kvelertak unter seichten Gitarrenklängen die Bühne, die umgehend in das wunderbare Riff von „Åpenbaring“ übergehen. Als Vorband für Größen wie Metallica oder Ghost durften Kvelertak bereits einiges an Erfahrungen auf großen Bühnen sammeln. Das war allerdings noch in Zeiten des ehemaligen Sängers Erlend Hjelvik. Dieser hat im Sommer 2018 für den deutlich jüngeren Ivar Nikolaisen seinen Platz geräumt. Ivar steht mit mittellangem, ungebändigtem Haar und enger Lederjacke auf der Bühne, die er mit feurigem Bewegungsdrang – gleich seinem Vorgänger – voll ausnutzt und beweist, dass der Wechsel der Band absolut keinen Abbruch tut.

Mit jugendlicher und alkoholgeschwängerter Energie bereichert Ivar das Sixtett mit einer noch punkigeren Dynamik und animiert das Publikum seiner Rock’n’Roll Attitüde zu folgen, dem sich ein beträchtlicher Teil der Anwesenden zweifellos anschließt. Doch Ivar reicht es nicht, die Gäste an seiner Show teilhaben zu lassen – er möchte auch ein Teil von ihnen sein und so lässt er sich vom Publikum über deren Köpfe hinweg tragen, während er auf seinem eigenen einen Becher voll Bier balanciert und mit klatschnassem Haupt auf die Bühne zurückkehrt. Nachdem er sich die klebrige Jacke vom Oberkörper gezogen hat, leitet Drummer Kjetil Gjermundrød den Song „Berserkr“ ein.

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„Let’s pretend it’s Saturday tonight!“

Neben schnellen Tönen wissen die Gitarristen Vidar Landa, Bjarte Lund Rolland, Maciek Ofstad und Bassist Marvin Nygaard auch mit atmosphärischen Klängen zu begeistern. Mit so vielen Musikern auf der Bühne generiert sich ohne Frage eine komplexe Wall of Sound, die den Zuhörer aber nicht von den Füßen reißt, sondern vielmehr wie ein herrlicher Regen nach einer langen Dürre auf ihn niederprasselt.

„Thank you very much!“, bedankt sich Ivar bei den heute Anwesenden. „Go on everybody! Let’s pretend it’s Saturday tonight – make some noise!“ Und auch dem leisten sie ihm zu den rockigen Klängen von „Nekroskop“ nur all zu gerne folge. Keine Balladen, keine Zeit für Ruhe, nur pure Energie. So ist es kaum verwunderlich, dass die Norweger schon ordentlichen Applaus ernten, bevor sie ihre Show überhaupt beendet haben und in den vorderen Reihen nur noch stickige Luft zu atmen ist.

„I’m singing in the rain“ – Mastodon betreten die Bühne

Mit ihrem gleichnamigen Song räumen Kvelertak schließlich die Bühne für den heutigen Mainact. Um 21.20 Uhr erschallt der Gene Kelly Hit „Singing In The Rain“ aus den Lautsprechern, als Mastodon erscheinen und unter lautem Jubel mit „Iron Tusk“ ihre Show starten. In sieben Fragmenten spielt sich hinter der Band eine psychedelisch-bunte Videoprojektion ab, welche die harten durchdringenden Klänge des einzigartigen Musikstils untermalt, das zwischen Heavy Metal, Progressive, Sludge und Stoner Rock zu verorten ist.

Mit Ansagen zwischen den Songs hält sich die Band nicht auf und so reihen sich Songs wie das eher ruhige „Steambreather“ nahtlos an „Mother Puncher“ mit seinem fetzigen Riffs und „Capillarian Crest“ folgt auf die psychedelischen Töne von „Ghost of Karelia“. Mastodon sind nun aber auch schon eine ganze Weile im Musikgeschäft und es ist auch vollkommen ausreichend, wenn sie – wie Kadavar es zum Beispiel auch tun – schlichtweg durch musikalische Raffinesse brillieren. Der Bewegungsdrang und die Ausgelassenheit des Publikums ist sowieso unaufhaltsam und so formieren sich durchgehend kleine Pogos in den ersten Reihen, bei dem nahezu alle Altersklassen vertreten sind.

Anderthalb Stunden geballte Power

Nachdem man bereits fast eine Stunde die Riffs von Troy Sanders, Brent Hinds und Bill Kelliher auf sich hat wirken lassen und genossen hat, kommt um 22.17 Uhr die erste Ansage von Sänger und Bassist Troy Sanders. „Thank you, Hannover! Are you enjoying yourself?“, ruft er der Menge entgegen, die ihm mit starkem Jubel antwortet. Als hätte man sich sämtliche potentielle Ansagen für diesen einen Moment gespart, fällt diese jetzt besonders lang aus.

Zu den orientalisch anmutenden Gitarrenklängen von „Scorpion Breath“ kommt Neurosis-Sänger Scott Kelly auf die Bühne und wird das Set bis zum Ende gesanglich begleiten. Zu „Aqua Dementia“ gibt Brent Hinds noch einmal ein Gitarrensolo zum Besten, bevor  Mastodon nach anderthalb Stunden geballter Power gegen 23.00 Uhr mit dem Song „Blood And Thunder“ ihre Show in Hannover beenden. Anschließend hält Drummer Brann Dailor eine ziemlich lange Abschlussrede, in der er sich für die unglaubliche Energie und Tanzwut der Hannoveraner bedankt: „You guys were so crazy and amazing. Maybe next time we come here first!“ und zu guter Letzt noch einmal ein „Happy Birthday“ für Kvelertak Gitarrist Vidar Landa anstimmt. Anschließend tingeln die zahlreichen Gäste zur Gaderobe, teils mit einem letzten Schlenker zum Merchstand und verlassen mit zufriedenem Gesicht das Capitol.

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