Für ihren gemeinsamen Song „Flares“ hat sich Dani von den deutschen Punkrock-Newcomern Love Forty Down mit Jenna von Mobina Galore zusammengetan, um ein Interview von Künstler zu Künstlerin und umgekehrt zu führen.
Seid ihr in Kanada genauso erfolgreich wie in Deutschland?
Jenna: Deutschland ist sicher unser größter Markt, wir haben eine anständige Reichweite in Westkanada, aber Deutschland ist immer noch der beste Markt!
Wie kommt das?
Jenna: Kanada ist so ein riesiges Land und ich denke, das ist einer der Gründe dafür, dass es schwer ist, die Menge an Leuten zu bekommen, die wir in Übersee haben. Ich habe außerdem das Gefühl, das deutsche Publikum ist engagierter als in Nordamerika – schon allein beim frühe Erscheinen für die Vorbands. Das passiert in Deutschland häufiger, als in Kanada.
Ein Duo ist leider immer noch ziemlich ungewöhnlich im Rockbereich, was ist also eure Motivation dahinter und habt ihr jemals darüber nachgedacht weitere Musiker hinzuzufügen?
Jenna: Wir haben als Duo angefangen und das ist auch so geblieben. Das war nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung, sie hat für uns aber gut funktioniert und funktioniert auch weiterhin. Natürlich haben wir darüber nachgedacht, weitere Musiker:innen dazuzuholen, aber das scheint dann doch irgendwie kompliziert zu sein. (lacht) Es ist für uns finanziell vorteilhaft, da somit alle Kosten niedrig sind und es einfacher ist herumzureisen. Vielleicht werden wir eines Tages eine:n Bassist:in und einen zweite Gitarre installieren, aber nun arbeiten wir schon schon 10 Jahre so, also wer weiß!
Wie ist es in Kanada zu touren, verglichen mit Deutschland – besonders im Winter?
Jenna: Kanada ist riesig und die meisten Provinzen sind im Winter kalt und verschneit, also können die Fahrten ziemlich sketchy sein. Von Küste zu Küste sind das Wetter und die Gegebenheiten sehr unterschiedlich, man kann also bei schönem Wetter durch die Berge fahren und auf einem Pass plötzlich in einen Schneesturm geraten. Es ist immer ein Risiko im Winter zu touren. Laut Google kann man Deutschland 28 Mal in Kanada unterbringen, das sollte es für dich in die richtige Perspektive rücken.
In unserem Song „Flares“ geht es um Sexismus, Belästigung und sexuelle Übergriffe. Die 5-4-0 Handgeste, die wir im Video verwenden, wurde von der Canadian Women’s Foundation entwickelt. Obwohl sie so wichtig ist und in Zukunft viele Menschen schützen kann, ist sie in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Wie sieht es in Kanada aus? Kennst Du das Handzeichen und seine Bedeutung?
Jenna: Ich hatte vorher noch nie von diesem Handzeichen gehört, aber nun lese ich gerade, dass es in Kanada in den ersten Tagen der Pandemie mit den ansteigenden Fällen von häuslicher Gewalt eingeführt wurde. Ich halte das für ein großartiges Werkzeug. Jede einfache Geste, die wir nutzen können, um andere wissen zu lassen, dass wir in Gefahr sind, ist gut. Die Voraussetzung ist natürlich, dass das Gegenüber weiß, was man zu sagen versucht. Es ist ähnlich wie die „Ask for Angela“-Schilder auf den Toiletten in Bars und Restaurants, um dem Personal mitzuteilen, dass man sich möglicherweise in Gefahr befindet und aus einer Situation herauskommen muss.
Video: Love Forty Down – Flares feat. Mobina Galore
Jenna übernimmt die Fragen
Wie hast du das erste Mal von unserer Band Mobina Galore gehört?
Dani: Das erste Mal habe ich von euch gehört, als meine andere Band „Blendof“ gebeten wurde, für euch in dieser kleinen Stadt in Bayern zu eröffnen. Das Lustige ist, dass LFDs jetziger Sänger Steffen damals unser Roadie war. Das muss so 2014 oder 2015 gewesen sein und ich erinnere mich, dass der Promoter sagte, die andere Band sei ein weibliches
Punk-Duo aus Kanada. Ich erzählte es meiner Band und alle sagten: „Das hört sich toll an. Wir wollen diese Band sehen und diese Show spielen„. Wir wussten nicht wirklich, was uns erwartete, aber ich erinnere mich, dass mich der Sound und die Energie, die von der Bühne kamen absolut umgehauen haben. Danach haben Blendof noch ein- oder zweimal für euch eröffnet und 2017 habe ich eine Show mit euch und Joe Vickers hier in Ulm veranstaltet.
Wenn ihr mit einer anderen Band oder einem Künstler bei einem Song zusammenarbeiten könntet, wer wäre das?
Dani: Nun, jeder in der Band beantwortet diese Frage anders, also hier sind unsere Top 4:
Garrett Dale (Red City Radio), weil er der James Brown des Punkrock ist! Ned Russin (Title Fight), weil er einen großen Einfluss auf einige von uns hatte. Dave Grohl, weil er schon von klein auf ein Idol für uns war und Frank Turner, weil wir uns nie an ihm satt hören können.
Was sind eure liebsten Tour-Snacks?
Dani: Das könnte die beste Frage sein, die uns je gestellt wurde! Wir haben tatsächlich auf Tour eine riesige Tüte zwischen Fahrer- und Beifahrersitz stehen. Sie ist hauptsächlich gefüllt mit den üblichen süßen und salzigen Leckereien, wie Chips, Nüssen, Keksen und Schokolade. Es ist also für jeden etwas dabei. Oh, und unser Schlagzeuger isst am liebsten kalten Eintopf aus der Dose, was ihm den Spitznamen Niggi Con Carne eingebracht hat.
Wusstet ihr als Band von Anfang an, dass ihr eure Songs und eure Einstellung
antifaschistisch, tierfreundlich, pro-feministisch usw. ausrichten wollt oder war das etwas, das erst klar wurde, als ihr angefangen habt, mehr Songs zu schreiben?
Dani: Da ich bereits eine politische Punkband habe, dachte ich, ich könnte Love Forty Down nutzen, um mehr über persönliche Dinge und das Leben im Allgemeinen zu schreiben. Obwohl wir auch einige unpolitische Songs haben, kommen am Ende meistens gesellschaftspolitische Texte heraus. Es gibt immer noch zu viel Zeug auf der Welt, das mich wirklich ankotzt. Und der Rest der Band hat sich diesem Motiv schnell angeschlossen. Sie haben sich selbst schon engagiert und jetzt treiben wir alle vier die Band in diese Richtung.