Modell Bianka – Kummerland

Das Debütalbum “Kummerland” der 2017 in Hannover gegründeten Band Modell Bianka beschreibt deren Kritik am Weltgeschehen: Eine Welt zwischen dem Nachgehen alltäglicher Verpflichtungen, deren Auswirkungen und die Suche nach dem ausgleichenden Spaß.

“Tiefgründige Songtexte, verpackt in treibenden Melodien mit Einflüssen aus Post-Punk und Indierock, regen zum Nachdenken an.”Louise Fröbel

Wir können uns nur selbst retten

Mit “Zerfall” startet das Album der vierköpfigen Band sehr stark. Textpassagen wie “wir führen einen Kampf gegen uns selbst” regen zum Nachdenken an und wollen wachrütteln. Der Song soll darauf aufmerksam machen, dass es menschengemachte Schicksale auf der ganzen Welt gibt und wir uns und zukünftige Generationen am Ende nur selbst retten können. Auch “Kriegskinder” spricht, ohne dass man das offensichtlich groß umschreiben muss, ein Thema an, das für uns definitiv nicht alltäglich ist. Musikalisch unterstützt von Blechblasinstrumenten bekommen wir so das Gefühl, dass es hier darum geht, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.

Mögen einige der Songs eher monoton wirken, so entfalten sie im Zusammenhang mit den Texten doch eine ganz andere Stimmung. Die Instrumente wirken im Einzelnen nicht spektakulär, lassen damit aber genügend Raum, sich auf Text und Inhalt zu fokussieren. Dennoch wartet man an der ein oder anderen Stelle vergebens auf die erhoffte Hook, die die Zuhörenden aufspringen und mitgrölen lässt.

Zwischen Monotonie und Sinnhaftigkeit

Treibende Snareschläge zu Beginn des Songs “Arbeit” erinnern an einen Marsch oder eben das klassische Spalier stehen am Morgen, um seiner Rolle im System Lohnarbeit gerecht zu werden. Ein Marsch zur täglichen Arbeit, begleitet von traurigen, demotivierenden Gitarrenklängen. So ist man irgendwie froh, wenn der Song nach zwei Minuten endet und das Thema abgehakt ist – ein Motiv, welches die Musiker in glatt zwei Minuten also perfekt in Stimmung setzen.

Der vorletzte Song auf “Kummerland” trägt den Titel “Dämmerung” und animiert seine Zuhörerschaft sich selbst mit den berühmten Fragen der Sinnhaftigkeit auseinanderzusetzen: “Bist Du mehr Tag oder bist Du mehr Nacht” gewinnt im zweiten Moment beispielsweise an interessanter Bedeutung, wenn der Hinweis, dass “zwischen Tag und Nacht nur eine Sekunde liegt” indirekt hinterfragt, wie viel Zeit der konkreten Antwort bleibt. Der wechselnde Gesang verdeutlicht dabei den Zwiespalt, den man gleichermaßen beim Hören verspürt. Wer bin ich? Wo will ich hin? Der Song kann in Dauerschleife laufen und hat definitiv Ohrwurmcharakter.

Privilegien, Druck und Selbstwirksamkeit

Insgesamt ist “Kummerland” ein teils drückendes Album, gerade weil es aufzeigt, wie schwierig beispielsweise die Vereinbarkeit von alltäglicher Lohnarbeit und der Umsetzung eigener Wünsche, in einem System, in dem wir alle mehr oder weniger funktionieren “müssen”, ist. Da nehmen sich die vier Bandmitglieder nicht heraus und erzählen so ihre Geschichten von einem sehr reflektierten und klar definiert privilegiertem Standpunkt heraus. Auch hier bleiben auf den ersten Blick wenig Möglichkeiten der eigenen, freien Gestaltung. So ruft es aber auch unmissverständlich zur selbstbestimmten Veränderung auf – denn nur wenn wir bei uns selbst anfangen und kleine Schritte gehen, können wir irgendwann gemeinsam eventuell doch die Welt retten.

Video: Modell Bianka – Taugenichts (feat. Joshua Wannemacher)

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