Off With Their Heads sind zurück. Mit „Be Good“ veröffentlicht die Band um Sänger Ryan Young ihr fünftes Studioalbum und das erste, an dem OWTH laut offiziellem Statement selber nichts auszusetzen haben. Dem ist nichts entgegenzusetzen, denn „Be Good“ zieht den Hörer von Beginn an in seinen Bann. In den letzten zwei Jahren war es etwas stiller um die Band aus Minneapolis, mittlerweile beheimatet in Chicago, geworden, da sich Young um ein krankes Familienmitglied kümmerte. Nach deren Tod kamen die Ideen und die Kreativität zurück und dies hat die Combo direkt für das neue Werk genutzt.
„Waren auch frühere Alben von Off With Their Heads schon gut und haben überzeugt, gelingt der Band 2019 alles bisher veröffentlichte zu toppen.“
Fotos als Inspiration
Die nun leider verstorbene Verwandte von Ryan Young war Fotografin. Die Bilder, die sie hinterließ, dienen als Inspirationsquelle und Antrieb zugleich. So liest es sich in der offiziellen Bandinfo. Musikalisch ist der Band dabei ein ganz starkes Album, voller abwechslungsreicher Songs, toller Melodien, harten Riffs, aber auch vielen nachdenklichen Momenten gelungen. Die raue Brachialität vergangener Tage ist geblieben und dennoch wirkt „Be Good“ nicht mehr ganz so düster und nicht mehr ganz so selbstzerstörerisch, wie frühere Alben. Ruhigere und schnellere, krachende Songs wechseln sich hier ab und hinterlassen immer wieder ein glückliches Grinsen beim Hören. Denn das Gesamtpaket ist einfach gut. Und über allem thront die unverwechselbare Stimme von Ryan Young,
der dieses Album letztendlich zu dem macht, was es ist – einem Highlight!
Young, der sich früher gerne als unfreundlichen, mürrischen Zeitgenossen präsentierte, hat
begonnen, sich und sein Leben gezwungenermaßen mehr zu akzeptieren. Und das spiegelt sich auf dem neuen Album von Beginn an wieder. Zwar handeln auch die Texte 2019 noch von Selbstzweifeln, Traurigkeit, Selbstzerstörung und Fatalismus, dennoch mischt sich zunehmend auch Hoffnung in die Inhalte. Das soll im Grund auch das Cover-Artwork so vermitteln, welches eine Mennonit-Familie beim Baden zeigt – im Hintergrund ein düsteres, unheilverkündendes Kraftwerk, vielleicht kurz vor dem Kollaps. Dies ist Übrigens ein Foto des verstorbenen Familienmitglieds.
“Be good, be loud—that’s sometimes all you can do, I guess, as cheesy as that sounds.”
Woher nimmt die Band diese Power?
Schon vor einigen Wochen veröffentlichen Off With Their Heads mit „Disappear“ ihre erste Vorab-Single und gaben damit einen Fingerzeig, in welche Richtung es mit dem neuen Album gehen könnte. „Disappear“ ist auch der Opener des neuen Albums und startet seicht mit Youngs-Stimme, bevor es schließlich aus ihm und der Band regelrecht herausbricht. Dabei bewegt sich der Song im Bereich der Midtempo-Nummern. „Disappear“ besitzt eine solche Intensität, dass man einfach weiterhören muss und wissen will, kann die Band diesen Standard halten? Um es vorwegzunehmen: Sie kann! Weiter geht es mit dem gleichnamigen Titeltrack und zweiten Vorabveröffentlichung. Auch „Be Good“ startet verhalten, lebt von der Stimme Youngs, entwickelt aber zunehmend auch eine melodiöse Verspieltheit, die ihres Gleichen sucht. Im Refrain heißt es: “Be good, be loud—that’s sometimes all you can do, I guess, as cheesy as that sounds.” Ein Klassemotto für die weiteren Lieder. Auch „You will Die“ bewegt sich weiter im Midtempobereich. Allerdings sind hier Melodie, Musik und die durchaus raue, angepisst wirkende Stimme so im Einklang, dass die Begeisterung automatisch steigt.
Ein echtes Highlight ist der Band dann mit „No Love“ gelungen. Der Song hat eine solche
Wucht, dass einem fast schon die Luft wegbleibt, gleichzeitig steigt das Verlangen laut mitzusingen und durch die Wohnung zu springen. Ganz stark! „Take Me Away“ ist danach etwas ruhiger, ohne dabei weniger intensiv oder gar emotional herüberzukommen. Vor allem der Refrain hat es in sich und berührt den Zuhörer. Mit „Tear Me Apart“ erhöhen Off With Their Heads dann wieder die Geschwindigkeit. Auch hier hat die Melodie eine solche Kraft, dass man sich ernsthaft fragen muss, woher nimmt die Band diese Power?
Ein gleichbleibend hohes Niveau
Der verspielte Anfang von „Thrash It“ gibt die nächste Richtung vor. Auch hier begeistert die Gesamtkomposition. Zudem gehört das Lied durch seinen Refrain und seine Sing-A-Long-Parts zu den weiteren absoluten Highlights. Wer hier nicht mitwippt und mitsingt, macht irgendetwas falsch. Auch „Let it All“ überzeugt durch seine Schnelligkeit und den Druck, den der Song erzeugt. Dabei ist auch hier der Ohrwurmcharakter nicht zu überhören. Schon wieder ein echtes Highlight. „Severe Errand“ ist dann etwas grooviger und verspielter ausgefallen, hat aber auch viel Power und den nächsten Ohrwurmrefrain zu bieten. Gibt es denn hier überhaupt keine Schwächen? Ehrlich gesagt: Nein!
Davon muss man sich dann erst einmal wieder erholen und da kommt „Locking Eyes“ genau richtig. Die Ballade bringt etwas Ruhe und Abwechslung in das Album. Dabei ist vor allem die Schlagzeugarbeit von Neu-Drummer Kyle Manning hervorzuheben, die bei diesem Lied besonders prägend und intensiv hervortritt. Den Schlusspunkt setzt mit „Death“ ein Track, ähnlich wie „Locking Eyes“ eine Ballade. Hier holt die Band noch einmal alles an Intensität und Emotionalität heraus. Der Sound ist äußerst atmosphärisch dicht und komplex miteinander verwoben. Auf direkten Gesang wird verzichtet, zu hören ist nur eine Art Sing-A-Long aus dem Hintergrund. Ein Song mit Gänsehautatmosphäre, ein wirklich starkes Finale! Und dann ist „Be Good“ auch schon wieder vorüber. Was aber niemanden hindern sollte, einfach von vorne zu starten. Denn es lohnt sich wirklich, das Album auf Dauerschleife zu hören. Waren auch frühere Alben von Off With Their Heads schon gut und haben überzeugt, gelingt der Band 2019 alles bisher veröffentlichte zu toppen. Ein richtig, richtig gutes Album!