Die aus Las Vegas stammende Band Panic! At The Disco rund um den charismatischen Sänger Brendon Urie hält für den letzten Aufritt ihrer “Pray for the Wicked”- Tour in Hamburgs Barclaycard Arena. Rund 8000 Fans durften sich über ein Konzert wie aus einer Wundertüte freuen.
„Ein beeindruckendes Show-Feuerwerk, an das sich das Publikum in den nächsten Wochen sicherlich mit einem großen Grinsen im Gesicht zurückerinnern wird“
“The energy is really high”
Um 20.00 Uhr startet die Supportband Arizona mit ihrer Show. Die dreiköpfige Indietronic-Band aus Boston spielt im Rahmen dieses Supports zum ersten Mal in Europa. Als die Jungs die Bühne betreten, fühlt man sich kurz in ein anderes Jahrzehnt zurückversetzt. Der Style der Band bedient jegliches Hipster-Klischee: Sänger Zach Hannah – mit prächtigem Schnauzbart und Pilotenbrille im Gesicht – hat sein schwarzes, verwaschenes T-Shirt in die bis zum Bauchnabel hochgezogene Hose gesteckt und Gitarrist Nate Esquite performt in buntem Vintage-Hemd und Stirnband. “The energy is really high”, begrüßt Zach freudestrahlend die inzwischen gut gefüllte Arena. “Hamburg how are you feeling?”.
Es braucht nicht viele Songs bis Arizona das Publikum in Stimmung gesungen hat. Es wird geklatscht, mitgesungen und bei “I Was Wrong” entsteht das erste Lichtermeer aus Handylichtern. Die Jungs sind gut gelaunt. Zach nähert sich mit lässigem Hüftschwung dem Gitarristen an und supportet ihn mit einer Luftgitarre, während Keyboarder David Labuguen derweil sein Pult verlässt und anfängt, eine riesige Trommel zu spielen. Und doch sieht das Trio ein wenig klein und verloren aus auf der großen Bühne, die um ein riesiges Dreieck erweitert wurde und die heute noch für etwas Größeres bestimmt sein wird.
Vom Countdown zum Überraschungsmoment
Dieses Größere lässt sich bereits nach einer kurzen Pause in Form eines zehnminütigen Countdowns an der Bühnenrückwand erahnen, der nun niemanden mehr sitzen oder ruhig stehen lässt. Die letzten Sekunden des Countdowns werden begeistert vom Publikum mit herunter gezählt. Pünktlich um 21.00 Uhr erheben sich drei Podeste mit Streichern, Bläsern und einem Schlagzeug in blaues Licht getaucht aus dem Boden. Ein Spot fährt auf die Mitte der Bühne und Panic! At The Disco Sänger Brendon Urie wird wie durch Zauberhand aus dem Nichts auf ebendiese katapultiert und beginnt die Show mit “(Fuck A) Silver Lining” vom aktuellen Album „Pray For The Wicked“ (Albumreview). Ein Tosen und Kreischen geht durch das Publikum, während zeitgleich silbrige Flatterbänder von der Decke herunter regnen.
Viel Zeit diesen Überraschungsmoment zu verdauen bleibt dem Publikum allerdings nicht, denn jede Minute des zweistündigen Auftritts wird genutzt und hinterlässt zahlreiche offene Münder. Ohne Zwischenansprachen und Pausen singt und performt sich Brendon mit seinen Musikern munter durch den ersten Teil der Show und durch mittlerweile 14 Jahre Bandgeschichte. Er brilliert dabei mit einer unfassbaren Stimmgewalt, die sowohl rockigere Nummern wie “Don’t Threaten Me With A Good Time” rauchig und derbe rüberbringt und gleichzeitig bei ruhigeren Stücken wie “Dying In LA” so hoch und klar ist, dass man automatisch Gänsehaut bekommt.
Bildergalerie: Panic! At The Disco
Ein tiefer Griff in die Trickkiste
Auch wenn man bei Brendon Urie definitiv von einem Superstar sprechen kann, zeigt er sich publikumsnah: Er badet in der Menge, schüttelt die Hände sichtlich gerührter Fans und schießt mit ihnen Selfies, während im Hintergrund “Death Of The Bachelor” zu hören ist. Dass bei der Show ganz tief in die Trickkiste gegriffen wurde, wird spätestens im zweiten Teil der Show jedem bewusst. Innerhalb von nur zehn Minuten wird ein wahres Feuerwerk gezündet: Brendon performt an einem weißen Flügel sitzend, der über die Köpfe des Publikums hinweg schwebt, das in ein beeindruckendes Lichtermeer getaucht ist. Dazu gibt es heute Abend immer wieder fulminante Nebel-, Konfetti- und Pyroeinlagen oder auch ein Schlagzeugsolo, das Multitalent Urie zum besten gibt. Und gerade als man anfängt sich zu fragen, was der Typ eigentlich nicht kann, beendet er sein Schlagzeugsolo mit einem Rückwärtssalto von seinem Podest herunter. Ebenso beeindruckend ist sein Queen-Cover von „Bohemian Rhapsody“, das er auf ganzer Linie erfolgreich umsetzt und der Wichtigkeit dieses Songs definitiv gerecht wird.
Auf das Publikum wartet außerdem eine ganz besondere Mitmach-Aktion: Während Brendon zum Song “Girls/Girls/Boys” über Liebe und Gleichberechtigung spricht, fliegt nicht nur buntes Konfetti. Auf jedem Sitz in der Halle sind bunte Papierherzen verteilt, die vor die Handylampen der Besucher gehalten werden und so auf den Rängen einen bunten Regenbogen erzeugen, während sich Brendon eine Gay Pride Flag beziehungsweise LGBT Pride Flag um die Schultern hängt. Ein starkes und gleichzeitig wichtiges Statement, das zeigt, dass jede Liebe wertvoll ist. Die fantastische Stimmung in der Arena ist nahezu greifbar und natürlich singen zu „High Hopes“ – einem der wohl größten und bekanntesten Panic! At The Disco-Hits, der aktuell gefühlt überall rauf und runter läuft – alle Besucher voller Inbrunst mit.
Heiße Stimmung und zuckersüße Nostalgie
Neben der Pyrotechnik und Feuereinlagen auf der Bühne sorgt auch Brendon Urie selbst für eine heiße Stimmung in der Barclaycard Arena – zumindest zeigt das die Reaktion des überwiegend weiblichen Publikums. Für seine Zugaben kommt er oberkörperfrei auf die Bühne zurück, um mit “Say Amen (Saturday Night)“ als ersten von drei Songs das Ende der Show einzuläuten. Mit „I Write Sins Not Tragedies“ werden vor allem Fans der ersten Stunde in einen Sog der Nostalgie gezogen. Für die erste Strophe holt sich Brendon Unterstützung von drei Fans und für den letzten Song des Abends – “Victorious” – versinkt die Arena in Feuerwerk und Konfetti. Auf ihrer aktuellen Tour bieten Panic! At The Disco auch heute Abend eine Show, die beeindruckender kaum sein könnte. So werden die zahlreichen Besucher glücklich in die Nacht entlassen, an die sie in den nächsten Wochen sicherlich mit einem großen Grinsen im Gesicht zurückdenken werden.