Punk In Drublic Festival 2019 in Hannover

NOFX Punk In Drublic Hannover 04-05-19 Credit_Maria Graul-8160
Foto: Maria Graul

Kaum ein Album hat das Punk-Genre seinerzeit so geprägt, wie „Punk In Drublic“ von NOFX. Selbst heute hat dieses Album nicht an Popularität verloren und das Wortspiel „Punk In Drublic“ ist mittlerweile legendär. Zeit also, diesem Wortspiel ein passendes Festival aufs Auge zu drücken, so dachte sich zumindest Fat Mike, Mastermind von NOFX und Fat Wreck Chords und hat eine Festival-Tour mit genau diesem Namen auf die Beine gestellt. Eine grandiose Idee, die so gut ankam, dass der Festival-Stop in Hannover ratzfratz ausverkauft war. Bei dem Line-Up aber auch keine Wunder, denn neben NOFX sind auch The Bombpops, Get Dead, The Real McKenzies, Anti-Flag, Less Than Jake, Lagwagon und Bad Religion am Start. Das kann nur gut werden.

„I am a drunk in public and a punk in drublic and I like it.“

Der Wetterprognose zum Trotz

Die Wetterprognose war zwar im Vorfeld nicht so prall, aber davon lässt man sich ja nicht abschrecken. So waren bei heiter bis wolkigem Wetter und null Regen direkt zum Einlass um 13 Uhr, eine Menge bestens gelaunter Konzertbesucher am Start, um heute einen ordentlichen Feiermarathon hinzulegen. Da die erste Kapelle erst um 14:30 beginnt, bleibt auch noch ordentlich Zeit, um sich ein kühles Getränk zu genehmigen oder das Merchangebot sowie die Stände der großartigen Organisationen wie der Hardcore Help Foundation oder Kein Bock Auf Nazis auszuchecken.

„We are the foreplay to your evening“

Pünktlich um 14.30 Uhr eröffnen The Bombpops das Festival. Die Pop-Punk-Band um die Power-Frontfrauen Poli Van Dam und Jen Razavi legen gleich gewaltig los und bringen die Festival-Meute trotz frühen Nachmittags bereits ordentlich in Schwung. Der Vierer aus San Diego begeistern die Menge, trotz teilweise heftiger technischer Probleme auf der Bühne, mit Songs wie „CA In July“, „FOMO“ oder „Be Sweet“. Es wird bereits ausgelassen gefeiert und hier und da auch schon trotz früher Stunde gepogt. Nach einer halben Stunde ist leider aber auch schon wieder Schluss und die Bombpops verabschieden sich unter lautstarkem Beifall von der Bühne. Der Zeitplan ist extrem straff, weswegen eifrig auf der Bühne umgebaut wird während die Bierstände jetzt wieder ordentlich Andrang vermelden.

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„Good Mornin‘ Motherfuckers“

Wir bleiben gefühlt in Kalifornien, denn es geht weiter mit Get Dead aus San Francisco. Die Band um Frontmann Sam King ist bestens aufgelegt und legt sich ebenfalls mächtig ins Zeug. Die Zuschauer lassen sich standesgemäß nicht lange zum Tanz bitten und feiern Songs wie „Monte Carlo“, oder „Fuck You“, welches on-the-fly von Frontmann Sam umgedichtet wurde und von jeder Menge Mittelfinger in der Luft begleitet wird, ordentlich ab. Bei „This One’s For Johnny“ geht es sogar mit dem Publikum auf Tuchfühlung, um gemeinsam die Zeilen „Take A Look Around. We Are All The Same.“ zu singen. Aber auch auf der Bühne entern jetzt unter anderem die Bombpops die Bühne, um ebenfalls den Song tatkräftig zu unterstützen. In erneut gut 30 Minuten geben Get Dead ein kurzes aber energiegeladenes Set und verabschieden unter lautem Beifall von der Bühne. Das Programm ist noch lang, also schnell noch mal was Kühles zu trinken besorgen und gespannt auf die nächste Band warten, welche ein richtiges Urgestein der Szene ist.

Bildergalerie: Get Dead

„My mother wanted me to be a catholic priest. My father wanted me to be a sodier or a policeman. But I decided to piss ‚em all off and become a punkrocker!“

Packt die Kilts aus, denn nun wird es keltisch. The Real McKenzies entern unter lautstarkem Beifall die Bühne und brettern mit Ihrer Mischung aus traditioneller schottischer Musik und Punkrock gleich ordentlich los. Man sieht zwar, dass Frontmann Paul McKenzie rein äußerlich etwas in die Jahre gekommen ist, aber von Müdigkeit ist bei ihm auf der Bühne keine Spur. Die Zuschauer lassen sich von der Energie direkt anstecken und feiern ausgelassen zu Songs wie „Best Day Until Tomorrow“ oder „Drink Some More“ inklusiven lautstarkem „More“-Chor. Sogar die ersten Crowdsurfer des Tages lassen sich während des Auftrittes der McKenzies ausmachen. Nach ebenfalls kurzem aber dafür rundum gelungenem Auftritt der Kanadier werden diese unter lauten Beifall von der Bühne verabschiedet.

Bildergalerie: The Real McKenzies

„I see punkrock is alive and well in Hannover“

Punkrock ist schon immer politisch gewesen und Aushängeschild ist definitiv Anti-Flag aus Pittsburgh. Die Band um Justin Sane haben in der Vergangenheit immer großartige Konzerte abgeliefert und das wird heute mit Sicherheit auch nicht anders sein. Es geht ohne große Umschweife mit „Die For The Government“ los und jetzt wird es auch das erste Mal so richtig laut auf der Faust-Wiese. Überall sieht man die Fäuste in die Luft gestreckt und die Anfangszeilen des Songs werden lauthals mitgegrölt. Justin Sane und Chris#2 haben die Menge wieder mal bestens im Griff und animieren das Publikum das ein oder andere Mal zum lautstarken Mitsingen oder -schmettern von „Alerta, Alerta, Antifacista“-Rufen, was man wahrscheinlich in ganz Hannover hören konnte. Anti-Flag haben auch Kein Bock Auf Nazis ein wenig Zeit des Sets überlassen, damit diese auch noch einmal zum Aufruf gegen Rechts in allen Formen animieren können, was mit saftigen „Nazis Raus“-Rufen untermalt wurde. So muss das!

Natürlich dürfen Songs wie „This Is The End (For You My Friend)”, “Fuck Police Brutality” oder “The Press Corpse” während des Sets nicht fehlen. Mit “Brandenburg Gate” garnieren Anti-Flag mit dem Sahnehäubchen, denn der Touring-Schlagzeuger, der für den frisch gewordenen Vater Pat Thetic einspringt und Chris Dos verlagern ihre Instrumente schnurstracks in die Menge, um die letzten Akkorde des Songs hautnah mit den Fans zu feiern. So endet ein sehr energiegeladener Auftritt der Amerikaner und diese werden unter lautstarken Beifall von der Bühne verabschiedet.

Bildergalerie: Anti-Flag

„Drink More, then we sound a lot better!“

Punkrock ohne Ska wäre schon ziemlich mistig. Zum Glück gibt es aber Ska-Punk und zum Glück gibt es Less Than Jake. So entern die langjährigen Weggefährten von NOFX unter tosendem Beifall und der Filmmusik zu „Zurück in die Zukunft“ die Bühne. Der Fünfer aus Florida bringt die Wiese mit dem Opener „Plastic Cup Politics“ direkt ordentlich in Bewegung. Mittlerweile hat sich das Wetter leider komplett gedreht und es fängt jetzt ordentlich an zu hageln. Das stört aber die Festival-Besucher nicht im Geringsten – die feiern nun unter Regencapes und -Schirmen einfach weiter.

Trotz Ihres langen Band-Daseins ist die Mannschaft um Chris Demakes und Roger Manganelli kein Stückchen müde geworden und macht auf der Bühne gehörig Alarm. Was sich ebenfalls nicht geändert hat, sind die zahlreichen Zoten von Chris und Roger, die mal wieder für einige Lacher sorgen. Herrlich. Aber vorwiegend geht es natürlich um die Songs der Kalifornier und hier ist von „Johnny Quest “ bis „Gainesville Rock City“ alles dabei, was das Ska-Punk-Herz begehrt. Das Set wird mit „Last One Out Of Liberty City“ beendet, was die Stimmung noch einmal ordentlich auf Hochtouren bringt, denn ein Tour-Member kommt als Jake verkleidet auf die Bühne und macht mit Toiettenpapier-Kanonen und Skanking zusätzlich ordentlich Stimmung. Danach dürfen sich die Herren unter lautem Beifall mit dem Satz „See you later, Bill and Ted“ in den wohlverdienten Feierabend verabschieden. Jetzt heißt es so langsam Endspurt, also schnell noch mal an die Theke mit Getränken versorgt – die Flüssigkeit wird man noch brauchen.

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„Let’s keep it movin‘“

Wenn eine Band neben NOFX als Sinnbild für Fat Wreck Chords steht, dann ist es ohne Zweifel Lagwagon. Der Fünfer aus Kalifornien war neben NOFX die erste Band überhaupt auf dem Label und hat mit ihrem Debütalbum „Duh“ ein ganzes Genre mitgeprägt. Keine Frage also das die Band um Frontmann Joey Cape auf solch einem Festival ebenfalls nicht fehlen darf. Das Publikum hat ab Sekunde eins bei Songs wie „Violins“, „Stokin‘ The Neighbors“ oder „Alien 8“ eine Menge Spaß und es wird ausgelassen mitgesungen und gepogt. Ansagen gibt es heute etwas weniger, denn es hat sich aufgrund dieses fiesen Hagelschauers ziemlich abgekühlt und die Band muss sich tatsächlich hin und wieder mal die Finger warmpusten. Da macht Joeys Ansage „Let‘ keep it movin‘“ direkt Sinn. Aber so ganz ohne Blödsinn geht es natürlich doch nicht und so erzählt Gitarrist Chris Fliippin der Menge, dass er einen ziemlichen Kater hat, was daran liegt dass er Alkoholiker sei und sein Großvater daran Schuld hat. Der war nämlich Deutscher und hat immer eine Menge Bier getrunken. Das sorgt für viele Lacher und wärmt zusätzlich auf.

Mit ihrem wohl größten Hit „May 16“ beenden Lagwagon unter sehr lautem Beifall ihr Set. Das Publikum fordert lautstark nach Zugaben, aber der Zeitplan lässt das leider nicht zu. Aber traurig muss man nicht sein, denn zwei absolute Schwergewichte der Punk-Szene kommen ja noch.

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„It’s so good to be back“

Bad Religion – Ohne diese Band würde es wahrscheinlich die Punk-Szene in den U.S.A. gar nicht geben. Sie sind einer der Urväter des Punks und haben mit Alben wie „Suffer“ oder „Stranger Than Fiction“ die westliche Punk-Szene wie keine andere Band geprägt. Dass die Herren trotz Ihrer lang zurückliegenden Gründung nie still stehen, beweist ihr brandaktuelles Werk „Age Of Unreason“ (Albumreview), auf dem es nicht minder revolutionär und sozialkritisch vonstattengeht, wie auf den ersten Werken der Band. Solch eine Band darf natürlich bei einem Punkrock-Klassentreffen der Extraklasse nicht fehlen und so ist es nicht verwunderlich, dass die Herren um Greg Graffin und Brett Gurewitz frenetisch beim Betreten der Bühne gefeiert werden. Da wir gerade schon bei der neuen Scheibe von Bad Religion waren, eröffnen diese auch direkt mit dem Opener des Albums „Chaos From Within“. Trotz des schon langen Festivaltages legt die Festival-Meute noch einmal einen ordentlichen Gang zu. Es wird an allen Ecken und Enden getanzt, gepogt, gefeiert und lauthals zu Songs wie „Do What You Want“, , Generator“, Automatic Man“, „Sorrow“, „Infected“ oder „21st Century Digital Boy“ mitgesungen.

Die Herren haben auch live nichts von ihrer Bissigkeit verloren und die Messages der Songs sind auch heute noch aktueller denn je. Greg nutzt die kleinen Pausen mit starken und bissigen Einleitungssätzen zu den Songs, wie z.B. „You don’t learn that in catholic school but we have the American Jesus“ zum gleichnamigen Song. Es gibt auch wirklich mehr als genug Missstände auf der Welt und es ist gut, dass es solche Bands wie Bad Religion heutzutage immer noch gibt, um diese anzuprangern. Dass das gut und wichtig ist sieht das Publikum heute genauso. Passend zur Gesamtsituation auf der Welt ist der letzte Song von Bad Religion heute „Punk-Rock Song“, der auch heutzutage immer noch nicht seine Berechtigung verloren hat. Sowohl die Band als auch die Zuschauer geben noch einmal alles und lassen die Faust-Wiese regelrecht erzittern. Unter tosendem Beifall und Zugabe-Rufen verlassen Bad Religion die Bühne und man fragt sich ernsthaft, wie gut das heute alles noch werden soll? Aber NOFX setzen ja bekanntlich immer dem ganzen Treiben die Krone auf und so wartet man gespannt auf den Headliner des Festivals.

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„Hallo Schatzi“

Unter ohrenbetäubenden Lärm und dem „Time Walk“ betreten jetzt NOFX, die Macher des Festivals, die Bühne und sehen deutlich zufrieden aus. Das dürfen Fat Mike, Eric Melvin, El Hefe und Eric Sandin auch, denn der Tag verlief mehr als gut und alle hatten eine Menge Spaß. Zeit also, dem Festival einen gebührenden Abschluss zu geben. Also legen die Herren nach dem schon fast erwarteten Anfangsgepöbel („Hello Berlin…upps“) ohne weitere große Umschweife mit „60 %“ los. Die Menge rastet natürlich komplett aus und der Pit gleicht einem Schlachtfeld. Überall wird gepogt und gefeiert. Mit „Seeing Double At Triple Rock“ und „Six Years on Dope“ geht’s direkt schwungvoll weiter. No Rest For The Wicked! Natürlich darf man sich aber zwischendrin wieder an den saukomischen Sprüchen und Pöbeleien von Fat Mike und Konsorten erfreuen und man lernt sogar die eine oder andere Sexpraktik; die wir hier aber nicht weiter erörtern möchten.

„We are the number one in the second best business“

Neben den ganzen Pöbeleien nehmen sich NOFX natürlich auch mal wieder selbst gern aufs Korn und sagen von sich selbst, dass sie heute nur die zweitbeste Band des Abends sind. Gegen Bad Religion kommen sie dann doch nicht an, aber immerhin sind sie die Besten im Ranking der zweitbesten Bands, was ja auch schon was ist.

Selbstredend haben die Herren heute auch Songs der namensgebenen Platte „Punk In Drublic“ im Repertoire und so dürfen Titel wie „Perfect Government“, „Leave It Alone“, oder die allseits beliebte Hymne „Linoleum“, sehr zur Freude des Publikums, nicht fehlen. Mit „I’m So Sorry Tony“ wird dem verstorbenen Frontmann Tony Sly von No Use For A Name Tribut gezollt. Da die Herren etwas zu sehr in Plauderlaune waren, bleiben NOFX aufgrund akuten Zeitmangels nach Ende ihres regulären Sets direkt auf der Bühne und spielen ihre Zugaben „Bottles To The Ground” und das allseits beliebte “Kill All The White Man”. Es wird ein letztes Mal alles aus den Kraftreserven rausgeholt, was noch rauszuholen ist und die Faust-Wiese brennt förmlich noch einmal. Dann ist aber auch tatsächlich Schluss und die Herren verabschieden sich unter tosendem Beifall dankbar von der Bühne. Überall blickt man in zufriedene Gesichter, als man sich auf den Heimweg von der Faust-Wiese macht. Es war ein grandioses Festival und selbst das spätere schlechte Wetter fand der Stimmung keinen Abbruch. Einfach Weltklasse!

Bildergalerie: NOFX