In seiner Autobiografie schildert der Agnostic Front Sänger Roger Miret ein bewegtes Leben, das man wohl unter anderem gut mit den eigenen Worten des gebürtigen Kubaners „Ich pisse, schwitze und blute Hardcore.“ zusammenfassen kann. Die sich Anfang der Achtziger in New York gegründete Band, prägte neben einer ganzen Generation auch beispielsweise die Genre New York Hardcore, Crossover und Metalcore. Zwischen exzesshaften Szenen aller Qualitäten, der 80er Jahre im eher düsteren New York, beginnt man ein Gefühl für einen sehr sympathischen und maximal authentischen Autor zu entwickeln und die Geschichte seines Lebens zu verstehen. Wir sprachen mit Roger Miret über die Hintergründe seines Buches und seine Verbindung zum Hardcore.
„Ich wollte meinen Kindern etwas hinterlassen, das sie ihren Kindern und Enkelkindern vorlesen können und ihre Wurzeln verstehen, um zu wissen, wo sie herkommen“
All Barr schreibt in seinem Vorwort, dass die Shows von Agnostic Front sein Leben veränderten. Welche Bands waren für Dich prägend?
Wenn Du nach Bands fragst, die mein Leben verändert haben, muss ich, wenn ich ehrlich bin, sagen, dass Punk Rock mein Leben verändert hat. Es sind viele Bands. Bands, wie The Ramons, The Sex Pistols, The Clash, The Misfits, Krout, NYC, Heart Atack, The Mob, Urban Waste sind sehr einflussreich in meinem Leben. Bands wie The Control, Minor Thread, Black Flag, Fear haben mein Leben gerettet und sie haben eine große Rolle gespielt, mich zu formen und dahin zu entwickeln, wo ich heute bin.
Was hat Dich dazu bewegt Dein Leben aufzuschreiben? Hat sich seitdem etwas für Dich verändert?
Ich habe 1999 beschlossen ein Buch über mein Leben zu schreiben. Dann hat es eine ganze Weile gedauert das Buch zu beenden. Ich denke jetzt, wo ich auf alles zurückblicken kann, war es für mich am wichtigsten ein Buch zu schreiben, um meine Kinder wissen zu lassen, wer ihr Vater wirklich ist. Meine Kinder haben ein relativ sicheres Leben, sie kennen die Schwierigkeiten nicht, die ihre Eltern durchlebt haben. Ich wollte meinen Kinder etwas hinterlassen, das sie ihren Kindern und Enkelkindern vorlesen können und ihre Wurzeln verstehen, um zu wissen, wo sie herkommen.
Welche Gefühle entstanden, nachdem Du das Buch beendet hast? Was hat sich damit für Dich verändert?
Um ehrlich zu sein, war das Beenden des Buches ein sehr therapeutischer Prozess für mich. Mir war erst gar nicht bewusst, dass es so laufen würde, bis ich anfing, bewusst über meine Vergangenheit nachzudenken. Es ist erstaunlich, wie viele Ereignisse und Erlebtes man zur Seite schiebt oder versteckt, die Dinge schwärzt oder verdrängt. Ich denke, Du weißt, was ich meine. Das Buch zu schreiben hat mir viele Türen geöffnet, wirklich viele Dinge für mich persönlich. Es war sehr heilsam und gut für mich. Ich habe eine ganze Menge los und ziehen lassen können. Da hatte ich wohl Vieles selbst in der Hand. Ich denke, das trifft es ganz gut.
„Es ist die Geschichte meines Lebens und der Freunde, die mich umgeben.“
Du beschreibst ausführlich die Szene der 80er Jahre in und um das CBGB. Wie hat sich die Szene für Dich von damals zu heute verändert?
Weißt Du, das ist, als würde man von Äpfeln und Orangen reden. Wenn Du mein Buch gelesen hast, ist Dir klar, dass das späte 1979, die frühen 80er Jahre in New York City ein absolut unvergleichbarer Ort zum jetzigen New York City sind. Es ist wirklich schwer, das zu vergleichen. Es gibt eigentlich keinen Vergleich. Ich denke, dass Hardcore gut im Bewusstsein angekommen ist. Es gibt da draußen eine Menge guter Bands. Das, was wir damals durchgemacht haben und durchmachen mussten, war im Grunde die Ebnung dieser Szene. Somit öffneten sich Türe und Wege, die eine ganze Menge anderer Bands durchschreiten und gehen konnten. Das ist jetzt einfach ganz anders. Damals hätte ich wohl sagen können, dass es meine Party ist, heute veranstaltet die Party jemand anderes und ich bin froh, immer eingeladen zu sein.
Du wählst viele Szenen und Beschreibungen sehr klar und führst sie mehr als bildhaft und ungeschönt auf. Wie gingen beteiligte Personen mit ihren Rollen in den Geschichten Deiner Erzählung um?
Ich denke, wenn es von den Leuten gelesen wurde und die meisten haben es gelesen, haben sie festgestellt, dass ich mit vielen Dingen sehr vorsichtig und bescheiden, sehr ehrlich und aufrichtig umgehe. Weißt Du, ich habe kein Buch geschrieben, um schlecht über die Menschen in meinem Umfeld zu reden oder sie mit einer Walze zu überfahren. Das war nie meine Absicht. Es ist die Geschichte meines Lebens und der Freunde, die mich umgeben. Einige dieser Freunde haben ihren Teil dazu beigetragen bestimmte Geschichten zu schreiben. Ich denke, ich konnte die Geschichte so erzählen, dass niemand beleidigt war, denn es gab keinen Grund dafür. Das sind Menschen, die ich mochte, um die ich mich gekümmert und für die ich mich interessiert habe. Menschen, die meine Freunde sind.
„Hardcore ist keine Modeerscheinung, es ist eine richtige Bewegung.“
Wenn Du die Chance hättest, würdest Du in Deinem Leben etwas verändern?
Ich glaube nicht, dass ich das würde. Alle meine Erfahrungen und jeder einzelne Weg hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin. Würde ich etwas verändern, hätte ich wahrscheinlich nicht die tollen Kinder oder die großartigen Freundschaften, die im Laufe der Jahre entstanden sind. Also kann ich sagen, dass ich dankbar für das bin, was ich geschafft habe, wo ich stehe und wer ich bin. Ich bin sehr dankbar dafür, also gibt es keinen Grund etwas zu verändern. Das Einzige, was wirklich wichtig bleibt, ist meinem eingeschlagenen Weg weiterhin zu folgen.
Was würdest Du den heutigen „Hardcore Kids“ mit auf ihren Weg geben?
Was würde ich ihne sagen wollen? Bleibt echt und authentisch, seid ehrlich zu Euch, übertreibt es nicht. Bleibt Euch treu! Hardcore ist keine Modeerscheinung, es ist eine richtige Bewegung. Für mich ist es eine absolute Leidenschaft – sehr intensiv, aufrichtig und echt. Also bleibt Euch treu!