Als in den 1990er Jahren vor allem amerikanische Bands den Hardcore dieser Zeit prägten, mischte ab 1992 auch eine Kapelle aus Kassel mit. Ryker’s legten damals los wie die Feuerwehr, wobei ihnen von Beginn auch diverse Tourneen mit den Größen des Genres den Weg bereiteten. Natürlich waren aber auch die mehr als respektablen Veröffentlichungen wie z.B. „Brother Against Brother“ ein Grund, warum die Band einen enormen Einfluss auf die Szene gewann und diese als eine der ganz wenigen Bands aus Deutschland bzw. aus Europa sogar mitprägte. Nach der Auflösung 2000 und einem ersten Comeback-Versuch 2008, mischen Ryker’s nun seit 2013 wieder mit. „The Beginning… Doesn’t Know The End“ ist nun bereits das dritte Album seit dieser Zeit und das zweite mit dem aktuellen Sänger Dennis, der früher bei Brightside aus Kassel aktiv war.
„Vielseitig, Abwechslungsreich, Überraschend, Stark!“
Wut und Nostalgie
Vier Jahre sind nun bereits seit „Never Meant To Last“ vergangen, dem letzten Studioalbum der Ryker’s, dem ersten mit Dennis am Mikrofon. Dieser hatte 2015 den altgedienten Frontmann Kid D abgelöst und so auch durch eine andere Stimmfarbe für neue Impulse bei den Kasselanern gesorgt. Und genau dort knüpft das Quintett auch auf „The Beginning… Doesn’t Know The End“ an, das sich aber vor allem zwischen Wut und Nostalgie bewegt und neben Oldschool-Hardcore auch eine gehörige Portion Punkrock mit aufbietet. Aber auch Einflüsse aus den Bereichen Metal bzw. Thrash-Metal sind zu finden. Dabei setzen Ryker’s auf ein Album, das immer noch Hardcore pur bietet, dabei aber sehr abwechslungsreich daherkommt. Es ist aber auch ein Album, das vielleicht – bedingt durch seine vielen Einflüsse – ein bisschen länger braucht, um alle Stärken zu entfalten.
Fans der alten Schule dürfen sich auf rabiate Songs wie „Losing Touch“, „The Six Million Band“, „Hard Pill To Swallow“, den gleichnamigen Titeltrack oder „Old Passion“ freuen. Wobei der letztgenannte Song durch seine Samples und Scratches, aber auch durch seinen extrem treibenden Beat, eine perfekte Hommage an Hardcorebands der 1990er Jahre darstellt. Der Opener „Let’s Ruin The Scene“ dagegen hat das Zeug zu einer Hardcore-Hymne, wobei der Song schon einige Durchläufe benötigt, um diese Wirkung auch nachhaltig verfestigen zu können. Die Chöre, aber auch die verwendete Trompete, verleihen dem Lied jedoch auf Dauer diesen hymnischen Touch. Mitgröhlen ist hier ausdrücklich erwünscht.
Immer noch „Hard to the Core“ – aber viel abwechslungsreicher
Punkig wird es vor allem bei „No Matter What“. Den Ausflug in den Bereich Metal unterstreichen Tracks wie „Collateral Damage“, „Overboard“ oder „Cast in Stone“. „Dead End Street“ dagegen ist auch so eine groovige Mitgröhlnummer, die einfach Bock auf mehr macht. Komplett aus dem Ruder läuft dann die Akustiknummer „Cold Lost Sick“, die von Gastsängerin Rebecca Haviland hervorragend umgesetzt wird. Hierbei handelt es sich um einen alten Hit der Band, der nun als Ballade neu interpretiert wird. Ungewöhnlich, aber auch irgendwie gut. Richtig gut!
Ryker’s ruhen sich 2019 nicht auf den alten Erfolgen aus, sondern entwickeln ihren Sound weiter. Dabei reichert die Band ihren Sound immer wieder um neue Facetten an und klingt so deutlich vielschichtiger. So entsteht ein abwechslungsreiches und vielschichtiges Hardcore-Album, dass so sicher nicht zu erwarten war und seines gleichen sucht. Ob dieser Facettenreichtum aber Fans alter Tage und Hardcore-Nostalgiker nicht ein bisschen verschreckt, da man sich vom puren Hardcoresound ein Stück weit entfernt, bleibt abzuwarten. Wer „The Beginning… Doesn’t Know The End“ aber etwas Zeit gibt, bekommt ein mehr als solides Album, irgendwo zwischen Hardcore und seinen Einflüssen geboten. Vielseitig, Abwechslungsreich, Überraschend, Stark!