Shoreline sind schon lange kein unbekannter Geheimtipp mehr. Mit ihrem ersten Album “Eat My Soul” haben sie sich bereits einen wichtigen Stellenwert erarbeitet. Knapp drei Jahre später veröffentlichen sie ihr zweites Album “Growth” und widmen sich damit Themen, die nicht nur in der Punkrockszene wichtiger denn je sind und dabei (leider) niemals veralten. Mit fünf bereits veröffentlichten Singles gaben Shoreline uns einen Einblick in das neue Album, das vielversprechend wirkte
Gefestigter Sound in bekannter Umgebung
Die Band hat sich über die letzten Jahre auf jeden Fall ihren eigenen Sound erarbeitet. Beim ersten Hören mag es an der ein oder anderen Stelle etwas eintönig wirken, doch dann entdeckt man in jedem Song Details, Melodien, Lyrics, die einem vorher noch verborgen blieben. Ob das ein Klatschen im richtigen Moment ist, eine Formulierung im Songtext, der chorähnliche Backgroundgesang oder taktvolle Details am Schlagzeug. Jede Komponente hat ihre Daseinsberechtigung.
Das Album beginnt mit dem ruhigeren, melodischen “I Grew Up On Easy Street”, was thematisch die eigenen Privilegien aufgreift und direkt mit der Tür ins Haus fällt. Allgemein fällt auf, dass bei Growth nicht lange gefackelt wird. Der Großteil der Songs startet sofort mit dem Gesang und Intros sind eher eine Seltenheit. Auch das Songwriting ist absolut auf den Punkt gebracht.
Nicht nur für die Abwechslung haben sich die vier Bandmitglieder bei einigen Songs Verstärkung dazu geholt. Künstler*innen wie Em Foster von Nervus, Koji oder Philipp Müller von Smile and Burn geben mit ihren Stimmen den Songs einen familiären Einfluss und betonen die Wichtigkeit der Inhalte durch ihre Unterstützung.
Das Private ist immer auch politisch
Growth behandelt unangenehme Themen, ohne um den heißen Brei zu reden. Denn mit den aktuellen Sorgen hat man gar keine andere Wahl, als aktiv dagegen zu kämpfen. Die Band verarbeitet die Klimakrise oder anti-asiatischen Rassismus im Song “Konichiwa”, dem Sänger Hansol Seung immer wieder ausgesetzt ist. Auch das Thema Fleischkonsum wird mit “Meat Free Youth” behandelt und ist ein absoluter Ohrwurm. Mit “White Boys Club” wird angesprochen, womit sich viel mehr Menschen, vor allem in der Szene beschäftigen und herrschende Problematiken verinnerlichen sollten. Denn auch der Punkrock ist Männerdominiert und im Text wird treffend beschrieben: “you got all your slogans, but could you self-reflect first?”. Auf sympathische Weise hebt die Band den Zeigefinger, ohne dabei unangenehm zu sein.
Alle zwölf Songs auf “Growth” sind passend aufeinander abgestimmt und das komplette Album zieht die Zuhörenden vom ersten Ton an in ihren Bann. Die Band spielt mit verschiedenen Genres wie Punk, Hardcore und Indie geschmückt mit Poppassagen. Shoreline reiht sich im internationalen Kontext ein und steht anderen Bands in nichts nach.