Slime – Wem gehört die Angst

Slime stehen seit 40 Jahren stellvertretend für den deutschen Polit-Punk und haben vielleicht wie kaum eine andere Band die gesamte Szene beeinflusst. Eine Band, die immer den Finger in die Wunde legt und vor allem textlich mit Kritik an Staat, Gesellschaft und sozialem Verhalten nicht spart. Dazu ist die Band wegen früher Texte auch ein Feindbild aller Rechten und Nationalisten. Ein Grund mehr, diese Band zu mögen. Nun veröffentlichen die Punk-Urgesteine mit „Wem Gehört die Angst“, passend zum Jubiläum, das neue Studioalbum. Und dies hat es in sich, auch wenn der eine oder andere Song ein wenig braucht und vielleicht nicht alles rund erscheint.

„Das bislang achte Studioalbum ‚Wem gehört die Angst‘ ist ein gutes und abwechslungsreiches Punkrockalbum – textlich reifer und musikalisch durchaus vielschichtig.“

40 Jahre und kein bisschen leise

Das neue Werk beinhaltet insgesamt dreizehn Songs. Der eine oder andere Track ist dabei bereits im Vorfeld veröffentlicht worden. Bei der Gesamtspielzeit kommen die Hamburger hier auf mehr als ordentliche 42 Minuten. Los geht es mit dem Titeltrack „Wem Gehört Die Angst“, ein Song, der zum Hit werden dürfte. Der Song beschäftigt sich mit dem Rechtsruck in Deutschland, aber auch der zunehmenden Angstmacherei, aus der Profit geschlagen wird. Ein absolutes Highlight und ein Blick zurück auf die eigenen Anfänge ist Slime mit „Paradies“ gelungen. Der Song ist als eine Hommage an Rio Reiser zu verstehen. Richtig gut und ein Ohrwurm obendrein!

Auch die folgenden Songs gehen ins Ohr und machen Spaß. Das ziemlich flotte „Hölle“ erinnert an alte Slime-Songs. Bei „Die Suchenden“ werden neue und musikalisch abwechslungsreiche Pfade eingeschlagen. So startet das Lied mit einem Offbeat, geht dabei für kurze Zeit fast in Richtung Ska und entwickelt sich dann zu einer melodischen Midtempo-Punknummer. Textlich ist der Song zudem sozialkritisch und ganz stark. In eine ähnliche thematische Richtung geht auch „Fette Jahre“. Hier geht es um den verschwenderischen Konsum und die Welt, die vor die Hunde geht.

Aufruf zur Revolte

Das Thema Rechtsruck greifen die Hamburger dann noch einmal in „Weisser Abschaum“ auf. Hier wird auch das Thema Kindesmissbrauch angesprochen und durch den Gesangwechsel bei der Textpassage auf Nici mit einer besonderen Note unterlegt. Auch das bereits vorab veröffentlichte „Die Toten Wollen Wieder Alleine Sein“ beschäftigt sich mit der Thematik. In „Wenn Wir Wollen“ rufen die Punkrocker dann zur Revolte auf und schauen in „Ebbe und Flut“ noch einmal auf ihre eigene Vergangenheit zurück. Den Gesang bei „Kein Mensch Ist Illegal“ übernimmt schließlich überraschenderweise Gitarrist Elf, der seine Sache aber sehr gut macht. Das Lied überzeugt durch einen treibenden Beat und eine Aggressivität, die musikalisch an frühere Tage von Slime erinnert. Noch ein richtiges Highlight hat die Band sich für den Schluss aufgehoben. Bei „Solidarity“ wechseln Slime zum zweiten Mal nach „Let´s Get United“ ins Englische und entführen den Hörer in die Bereiche des Irish Folkpunks.

„Hundertprozentig überzeugen kann das neue Slime-Album nicht, da ein wenig die Hitdichte, sowie die Ecken und Kanten früherer Alben fehlen.“

Mal stark, mal ein wenig durchwachsen

Das bislang achte Studioalbum des Hamburger Quintetts ist ein gutes und abwechslungsreiches Punkrockalbum. Hier und da klingt die Produktion allerdings erstaunlich glatt. Die raue Rotzigkeit früherer Alben sucht man vergeblich. Ob das positiv ist oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden.

„Wem gehört die Angst“ ist ein Album, dass viele unterschiedliche Stile beinhaltet und sich textlich durchaus reifer aber auch zynischer als in der Vergangenheit präsentiert. Und doch kommt es an den Vorgänger „Hier und Jetzt“ nicht ganz heran. Dies liegt vor allem daran, dass es hier doch einge Füllermomente gibt, wie beispielsweise „Odyssee“ oder „Die Masse“. Nicht jeder Track kann also vollauf überzeugen und mitreißen.

Und dennoch: Slime 2020 präsentieren sich thematisch gewohnt bissig und kritisch. Musikalisch bietet sich im Grunde das gewohnte Bild mit mehr als solidem Punkrock, starken Riffs und treibenden Beats. Dabei darf die Melodie nicht fehlen. Doch hier und da fehlt ein wenig die Griffigkeit, sowie die Ecken und Kanten in Musik und Text und so kommt das Werk über den Status „gut“ diesmal nicht hinaus.

Video: Slime – Wem gehört die Angst

Hier erhältlich
Slime - Wem Gehört Die Angst (Albumcover)Slime – Wem gehört die Angst
Release: 13. März 2020
Label: Arising Empire
Überblick der Rezensionen
Bewertung
Vorheriger ArtikelReload Festival startet Bandcontest
Nächster ArtikelGirls In Synthesis: erste Single aus dem Debütalbum der Briten
slime-wem-gehoert-die-angstSlime 2020 präsentieren sich thematisch gewohnt bissig und kritisch. Musikalisch bietet sich im Grunde das gewohnte Bild mit mehr als solidem Punkrock, starken Riffs und treibenden Beats. Dabei darf die Melodie nicht fehlen. Doch hier und da fehlt ein wenig die Griffigkeit, sowie die Ecken und Kanten in Musik und Text und so kommt das Werk über den Status „gut“ diesmal nicht hinaus.