Sechzehn Jahre gehören die Street Dogs mittlerweile zur so geliebten Street-Punk-Szene Bostons und man könnte behaupten, dass es all die Jahre nicht leicht für den markanten Fünfer war, sich aus dem Schatten der Dropkick Murphys hervorzuheben. Man könnte andererseits aber auch behaupten, dass das überhaupt keine Rolle spielt, da mit dem ehemaligen Murphy Frontmann Mike McColgan eh immer ein bisschen Spirit der Kollegen vom Boston Harbor mitschwingt. Dass genau das unter den Bostonians völlig legitim ist und die Street Dogs sich ihren ganz eigenen Platz in der Musikgeschichte der Stadt am Mystic River erspielt haben.
“Anyone who has ever listened to our group knows we are Bostonians to the bone.“
Mit „Stand For Something Or Die For Nothing“ liefert die Band acht – kaum fassbare – Jahre nach Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Albums nicht nur die erste Full-Length-Platte, sondern auch eine sehr streetdog´sche Ansage à la „Sag halt, wie es ist und quatsch nicht um den heißen Brei“. Ein Album, dass nur so vor Energie strotzt – vom Ersten, bis zum letzten Akkord. Passend dazu feuert der albumtiteltragende Opener nach einem kurzen Intro die Titelzeile binnen Sekunden in den Gehörgang. Und mal ganz ehrlich: diese Welt liefert mehr als genug Potential die – mit Verlaub – Fresse aufzumachen. Da kann man ja wohl mal sagen, dass am Ende des Tages jeder ganz allein für sich in den Spiegel schauen muss.
Schnell ist klar, dass es auf dem fünften Album der Street Dogs keine Enttäuschungen geben wird
Mit der eingängig getriebenen und ungehemmt konfrontierenden Sing-along-Hymne „Stand For Something Or Die For Nothing“ geht es also los. Vielversprechend offenbart sich innerhalb weniger Sekunden der typische Street Dogs Sound, der die Band letztlich – wenn man dann halt doch Vergleiche mit den Murphys ziehen will – ganz individuell zeigt. Fast überraschend ist allerdings, dass es bei den Titeln „Other Ones“, „Working Class Hero“, „Lest We Forget“, „The Round Up“, „Never Above You Never Below You“ und „The Comeback Zone“ gleichermaßen druckvoll und hymnenhaft weiter geht. Schnell ist klar, dass es auf dem fünften Album der Street Dogs keine Enttäuschungen geben wird. Immerhin reden wir hier über sieben von elf Songs die den Hörenden postwendend motivieren die Faust in die Luft zu reißen. Ein Album voll von authentischen Protest-Songs.
„The dumbing down of America is a reason to write songs in 2018. People need to wake the fuck up and realize the rich won’t drain the swamp or look after the working man and woman.“
Klassische „pro union – blue collar“-Arbeiterklasse-Themen werden sowohl im Titeltrack, als auch beispielsweise im Titel „Working Class Heroes“ behandelt, während sich „Other Ones“ damit beschäftigt, wie wichtig es ist, der jungen Generation die richtigen Werte mit auf den Weg zu geben. „The Comeback Zone“ behandelt die Erlösungsgeschichte eines ehemaligen Soldaten und „Angels Calling“ lässt einen kaum wieder los. Dass Erinnerungen (beispielsweise an geliebte Menschen) wichtig und elementar sind, der Blick aber stehts im eigenen Hier und Jetzt liegen sollte, transportiert „These Ain’t The Old Days“ und verspricht somit die Legitimität des Glaubens an die Hoffnung.
Krass, dass das so gut funktioniert
„The Round Up“, ein klarere Pro-Immigrations-Song, sollte jeden daran erinnern, dass wohl keiner behaupten kann, kein bisschen Flüchtlingsgeschichte in sich zu tragen. So könnte man Titel für Titel weiter machen. Zum Schmunzeln regt allerdings der aus der Reihe fallende neunte Titel „Mary On Believer Street“ an: McColgan zieht sich völlig aus dem Nichts Elemente des klassischen Adult Orientated Rock über die Stimme und lässt bis zum letzten Ton große Augen und gespitzte Ohren zurück – krass, dass das so gut funktioniert.
Somit decken die Street Dogs alles ab, wofür sie seit Jahren stehen. “Anyone who has ever listened to our group knows we are Bostonians to the bone“, erklärt Johnny Rioux treffend. „We all love the city. It’s our home. I think our fans abroad get a window into our city and what it is like to grow up here and live here through a multitude of different life experiences (from our music). The dumbing down of America is a reason to write songs in 2018. People need to wake the fuck up and realize the rich won’t drain the swamp or look after the working man and woman. [So] we hit on familiar turf and we go outside our zone as well on Stand for Something or Die for Nothing.”