„Bisschen Keller, bisschen dreckig, bisschen Rock, ganz viel Hamburg!“, beschreiben Trixsi sich auf dem bandeigenem Facebook Auftritt und verraten im bescheidenen Informationsangebot nicht, dass der geneigte Hörer es mit einer Supergroup zu tun hat. Das Besondere hier ist, dass es in der deutschen Alternative/Indie/Rock Sparte nicht besonders viele dieser Allianzen gibt.
Mit von der Partie sind Paul Konopacka und Torben Leske von Herrenmagazin, der ehemalige Jupiter-Jones-Bassist Klaus Hoffmann sowie der Ex-Findus-Mitstreiter Kristian Kühl. Und auch wenn diese Vergleiche ermüdend sind, sorgt Jörkk Mechenbier mit seiner einprägsamen Stimme für ordentliche Love A Wiedererkennbarkeit.
„Es wäre einen Versuch wert, all das die neue Hamburger Schule zu nennen, Hätte man allein, ob deren Beobachtungsgabe, die Bestrebung Trixsi zu kategorisieren.“
Vielleicht ist es vermessen bereits im dritten Absatz zu sagen, dass Trixsi gut ins Ohr geht, aber wenig kleben bleibt und für das persönliche Gusto ein bisschen zu weich gespült ist, vielleicht lässt sich das aber auch in den nächsten drei Absätzen wiederlegen und vielleicht gibt es bereits jetzt den einen oder anderen, der mir dafür gepflegt vors Schienbein treten möchte. Allen voran haben wir es hier nämlich mit einem Debüt zu tun und darf ja bekanntlich durchaus Luft nach oben haben.
Fangen wir doch mal Hinten an
Aber fangen wir doch mal Hinten an: Das „dezent“ zynische „IroCityExpress“ trifft es mit seinem „Ich brauche Punkrock jeden Tag“ ziemlich gut und ich muss, während ich den inneren Diskurs darüber, was das wohl überhaupt genau bedeuten mag antrete, schmunzeln. Offensichtlich gehöre ich zu den Kostverächtern, die nicht zwischen oder zumindest in den Zeilen lesen wollen. Dabei hat mich zum Hören dieses Albums doch nur der Titel „Frau Gott“ bewegt. Zugegeben, diese Band war mir, während ich vom bekannten stimmlichen Eindruck irritiert war, völlig fremd.
Das Debüt der Hamburger holt die ganz akuten und zeitlosen Alltagsthemen auf die Leinwand, markiert sie und lässt dann, im Spannungsfeld zwischen Stammtischhumor und ernsthafter Haltung, ordentlich Raum für das ganz eigene Bild vom Großen und Ganzen. Ziemlich fresh, in einer Welt, in der die Denke doch allein durch die Medien bestimmt wird, oder?
Drei Absätze später sehe ich mich mit meiner stümperhaften Musikeinschätzung tatsächlich in die Falle getappt und erinnere mich an Mechenbiers Kommentar „Deutschrock ist ja besser als sein Ruf. Deutschrock scheitert nur daran, dass die Leute keine Subkultur und keinen gesellschaftskritischen Auftrag haben, wohingegen wir ja wegen unserer Weltanschauung und politischen Haltung überhaupt erst angefangen haben Musik zu machen.“
Der Groschen ist gefallen
Während „Frau Gott“ Identifikationspotential noch und nöcher bietet und eine wie Du und ich ist, die die Schnauze gehörig voll hat, aber auch irgendwie ungern allein verzweifeln will, bekommen die Nina Hagens der Republik bei den Songs „Autobahn“, „7 Oder 9“ und „Dagn, Dagn“ große Augen. Schlagartig ist da was im Pool des Deutsch- und Indiepunks zu hören, dass es so im Nischenmainstream locker 10 – 20 Jahre nicht mehr gegeben hat oder wie bei „7 Oder 9“ höchstens den Kollegen von Tocotronic zuzuschreiben ist. Trixsi öffnen lang verschossenen Türen und plötzlich fällt der Groschen.
Der Beginn von „Trauma“, dem eingängigen, poppigen Indiepunk Hit mit seiner mitreißende Dynamik, erinnert mich so sehr an (Frau) Gott weiß was, dass ich wahnsinnig werden könnte und trotzdem nicht darauf komme. Zu entdecken und bei sich zu hinterfragen gibt es in jedem Song ordentlich Stoff. Trixsi glänzen nämlich allen voran mit scharfsinnigen Beobachtungen, wie man sie (nicht allein) von Jörkk Mechenbier kennt. Es wäre einen Versuch wert, all das die neue Hamburger Schule zu nennen, wenn man allein, ob der Beobachtungsgabe, die Bestrebung hätte, Trixsi zu kategorisieren.
Festgefahren in der Nische
Ob „Frau Gott“ musikalisch für mich nachhaltig bleiben wird, weiß ich immer noch nicht, aber fest steht, dass dieses Alternative/Indie/Rock Album genau dieser intelligente Punk mit der nötigen Portion Humor, Selbstironie und „irgendwie wird´s werden, kapitulier bitte nicht, es lohnt sich“-Hoffnung ist, den die Welt und ihre Gesellschaft so dringend braucht. Hier ist so viel großartiges Rohmaterial zu entdecken, wie es unsere Generation eine lange Zeit nicht mehr hören durfte. Vielleicht ist allein dieses Festgefahrensein in der Nische mein Grund, dass „Frau Gott“ mehr als einen Moment brauchte, bis es zündete.