„Cheers Tony!“
Ob zu zweit oder zu fünft: North Alone macht immer eine verdammt gute Figur auf der Bühne. Frontmann Manuel North kann man wohl durchaus als das deutsche Pendant zu Singer/Songwritern wie Chuck Ragan und Joey Cape bezeichnen. Auch heute Abend schafft er es einmal mehr, das Publikum mit seiner rauchigen Stimme zu begeistern. Dass er großer Fan von Fat Wreck Chords und den US-Punkrock Bands – allen voran No Use For A Name – ist, ist kein Geheimnis. So widmet er dem verstorbenen Frontmann Tony Sly einen eigenen Song und gedenkt ihm gemeinsam mit dem Publikum mit einem lauten „Cheers Tony!“ . Daran knüpft er mit dem No Use For A Name-Hit „International You Day“ an.
„Wer von Euch ist heute Abend für laute Punkrock Musik hier?“ , fragt er relativ zu Anfang seines Sets. Natürlich erheben sich viele Hände – schließlich werden Useless ID noch erwartet. „Tut mir leid“ grinst er in seinen langen Bart, aber das Publikum hat augenscheinlich absolut kein Problem damit, dem Osnabrücker zu lauschen.
„Mit Euch gemeinsam habe ich Lust zu tanzen und rumzublödeln – vielen Dank dafür!“
Useless ID sind eine jener Bands, von der man schon im Vorfeld weiß, dass die Show großartig wird. Trotzdem schafft es der Vierer aus Israel immer wieder, die Erwartungen doch noch mal zu toppen. Heute Abend spielen Useless ID ihre letzte Show der aktuellen Europa-Tour. Dann geht es für drei Tage nach Hause, um sich schließlich erneut auf den Weg zu machen. „So ist das Tourleben. Es macht Spaß, ist aber auch manchmal etwas anstrengend“ , erzählt Frontmann Yotam Ben Horin nach der Show am Merchstand.
Dennoch: Als Useless ID die Bühne betreten und die ersten Klänge anschlagen, merkt man sofort, wie viel Spaß die Band an ihrer Musik hat. Es wird immer wieder gelacht und Witze gemacht. Gitarrist Ishay Berger gibt wilde Tanzmoves zum besten. „Mit Euch gemeinsam habe ich Lust zu tanzen und rumzublödeln – vielen Dank dafür!“ freut er sich über die gute Stimmung.
Unmoralische Angebote
Vor der Bühne wird von Anfang an getanzt. Eine Dame, die des Öfteren die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versucht, scheint dabei allerdings eher an Sänger Yotam interessiert zu sein, als an der Musik. Schließlich entert sie sogar die Bühne und macht eine klare Ansage: „Ich will den Sänger küssen!“ Im Publikum zeigen sich belustigte als auch beschämt dreinschauende Gesichter, Yotam selbst lehnt dankend ab: Er hat seit drei Monaten eine Freundin und möchte es sich mit ihr nicht verscherzen. Ishay merkt an, dass sie heute Abend nicht die richtigen Knutschpartner wären, da sie alle ziemlich verschwitzt sind. Allerdings hinterlässt er damit nur eine verwirrt dreinschauende Silvi, die – wie sie anmerkt – einen Übersetzer braucht, weil ihr Englisch so schlecht sei. Ungeküsst wird sie schließlich von ihrer Freundin von der Bühne gezogen.
Useless ID spielen sich durch ihre Bandgeschichte. So stehen auch ältere Songs wie beispielsweise „At The Stadium“ vom 2001er Album „Bad Story, Happy Ending“ auf der Setlist. Hits wie „Nightstalker“ und „Mouse In A Maze“ dürfen natürlich auch nicht fehlen. Auch einige Songs des aktuellen Albums „State Is Burning“ wie „Borrowed Time“, „Land Of Idiocracy“ und „How To Dismantle An Atom Bomb“ werden gespielt. Letzteren haben Useless ID geschrieben, während die Sirenen in Tel Aviv ununterbrochen geheult haben. Eine Situation, die man sich hierzulande kaum vorstellen kann. Seine Heimat Israel beschreibt Yotam als „very fucked up place“ . Dementsprechend positionieren sich Useless ID auch in ihren Songs.
„Wir könnten die ganze Nacht weiterspielen“
Mit „Blitzkrieg Bob“ von den Ramones gibt der Vierer außerdem einen Coversong zum besten. „Die nächsten Minuten werden Euer Leben verändern“ , kündigt Yotam an, während er seinen Bass zur Seite stellt und sich mit Mikrofonständer bewaffnet in Rockstar-Position in Stellung bringt. „Hey Ho, Let’s Go!“ brüllt er gemeinsam mit den Besuchern aus voller Brust. Passend dazu bat Manuel North früher am Abend noch darum, dass wenn man ein Ramones T-Shirt trage, man sich der Bedeutsamkeit dieser legendären Punk Band bewusst sein sollte. Und sich das T-Shirt bitte nicht bei H&M kauft.
Nach dem regulären Set dürfen Useless ID die Bühne natürlich nicht ohne Zugabe verlassen und spielen unter anderem „Blood Pressure“ . „Wir könnten die ganze Nacht weiterspielen, uns ist das egal“ , so Ishay. „Seid Ihr bereit für 30 weitere Songs?“ , scherzte Yotam noch kurz zuvor. Das Publikum hätte höchstwahrscheinlich nichts dagegen, wenn Useless ID noch wesentlich länger auf der Bühne stehen würden.
Nach der Show nimmt sich die Band noch Zeit, sich mit den Besuchern zu unterhalten. Ishay steht am Merchstand nahe der Tür und lächelt jeden, der nach Hause geht, breit und mit strahlenden Augen an: „Danke, dass Ihr gekommen seid, macht’s gut!“ verabschiedet er sich. Und genau dieses sympathische, herzliche Verhalten – gepaart mit einer ordentlichen Portion ehrlichen Punkrock – ist genau das, was Useless ID so großartig macht.