Blutjung und schon ein Garant für exzellenten Deutschrock – das sind Van Holzen. Sänger und Gitarrist Florian Kiesling, Bassist Jonas Schramm und Drummer Daniel Kotitschke sind gerade einmal 18 Jahre alt, bringen mit „Regen“ aber bereits ihr zweites Studioalbum an den Start. Schon 2017 sorgten die Ulmer mit „Anomalie“ dafür, dass den Namen Van Holzen so schnell niemand mehr vergessen würde.
„Düster wie eh und je.“
Neue Wege, neue Beats
Wie ein Platzregen brechen die vorab veröffentlichten Singles „Alle meine Freunde“ und der Titelsong „Regen“ zu Beginn des Albums über einen herein und spülen damit alle Bedenken, ob Van Holzen ihr Niveau nach einem großartigen Erstlingswerk wie „Anomalie“ überhaupt halten können, weg. Zunächst bleibt alles beim Alten, kompromisslos-brachiale Gitarrenriffs treffen auf düstere Melodien und eindringlichen Gesang. Doch schon der dritte Track „Irgendwas“ überrascht mit einem neuen Sound und zeigt, dass Van Holzen ihren musikalischen Horizont erweitert haben. Düster wie eh und je, aber mit einem stärkeren Fokus auf Beats und Sprechgesang, erinnert das Stück ein wenig an die Berliner Crossover-Kollegen von Kraftklub. Auch textlich wird Kiesling hier präziser und legt den Finger in die Wunde der allgegenwärtigen pathologischen Selbstoptimierung: „Gib mir irgendwas / Deinen Verstand und Deinen Mut / Ich reich‘ mir selbst nicht aus / Und wär‘ so gern wie Du“.
Wärmer als je zuvor
Eine ganz andere Facette zeigen die Songs „s/w“ und „Stark“. Hier rücken die mit eindringlich-niedergeschlagener Stimme vorgetragenen Texte über Verlust und Zusammenhalt in den Vordergrund. Der instrumentale Teil lebt von seinen melancholischen Melodien und kommt deutlich ruhiger daher. Ebenfalls neu ist die Variation in Kieslings Stimme, denn in den Refrains wird mit Kopfstimme und vielen Effekten ein atmosphärischer Background-Gesang erzeugt. Damit aber nicht der Eindruck entsteht, Van Holzen hätten ihre Härte verloren, finden sich mit „Schrammbock“ und „Europerle“ auch Stücke, die ganz dem alten Schema entsprechen.
In bester Gesellschaft
Die stärkeren Post-Punk und Alternative-Einflüsse stehen dem Trio gut zu Gesicht. Bei ihren Aufnahmen zum neuen Album setzten Van Holzen aber auf Altbewährtes. Produziert wurde „Regen“ erneut von Philipp Koch, der unter anderem für Heisskalt und Fjørt bekannt ist, und Simon Jäger, der beispielsweise an Caspers „Hinterland“ mitarbeitete. Inklusive der Bonustracks umfasst das neue Album 14 abwechslungsreiche Songs. Van Holzen, die bis zum ersten Albumrelease vor allem als Geheimtipp galten, haben sich seitdem immer mehr zu einem Hoffnungsträger der hierzulande etwas eingeschlafenen Alternative-Rock-Szene entwickelt. Ab November sind die jungen Musiker aus Ulm mit „Regen“ endlich zurück auf den Konzertbühnen. Das sollte man auf keinen Fall verpassen!