Mit seinem selbstbetitelten Debüt sorgt Adam Angst derzeit für Schlagzeilen in der deutschen Musikszene. Frontmann Felix Schönfuss – unter anderem als Frontmann der Band Frau Potz bekannt – spricht unangenehme Wahrheiten aus und pöbelt, was das Zeug hält. Doch was macht Adam Angst eigentlich aus und wie ähnlich ist er Felix Schönfuss? Was nervt ihn so richtig und wovor fürchtet sich eigentlich Felix? Für Count Your Bruises nahm sich der Adam Angst-Frontmann die Zeit, diese Fragen zu beantworten.
In einer Gastkolumne sprichst du über die Ambivalenz der Arroganz – deine „Abrechnung“ mit den ehrenamtlich ausgerichteten Provinz – Open Airs? Wir sehr kotzt dich das wirklich an?
Nicht so sehr wie man es vielleicht vermuten würde. Ich nehme die meisten Dinge, die Andere schnell zum Kotzen finden, eigentlich immer mit einem milden Lächeln hin. In diesem speziellen Fall regt es mich nur auf, wenn Organisatoren oder Mitarbeiter keine Verantwortung für ihre Aufgabe übernehmen oder sich schlichtweg keine Mühe geben wollen. „Rundumschläge“ und überspitzte Darstellungen wie in dieser Kolumne sind aber Teil von Adam Angst. Wer nicht kapieren will, dass es Unterschiede zwischen mir als Privatperson und der Figur in der Öffentlichkeit gibt, ist selber schuld. Die geschilderten Situationen sind zwar alle schon mal tatsächlich so erlebt, aber natürlich haben wir auch schon viele kleine Festivals gespielt, die super organisiert waren.
Was macht Adam Angst aus?
Die Figur steht für die Gegensätzlichkeit des Menschen, insbesondere das, was er vorgibt zu sein und wie viel Wahrheit davon noch hinter dem Facebook-Profil übrig bleibt. Mich fasziniert diese Internet-Entwicklung gerade sehr. Es entstehen totale Parallelwelten und die Zeit wird zeigen, wie gefährlich oder wie sinnvoll diese Entwicklung ist. Viele sehen Adam Angst als eine Person mit erhobenem Zeigefinger, die alles besser weiß. Das ist aber falsch. Adam Angst soll nur ein Spiegel sein. Ich bin ja schließlich genau so betroffen. Wenn ich zum Beispiel etwas auf Facebook kommentiere, tue ich das ja schon lange nicht mehr, um nur dieser einen Person zu antworten, sondern muss mir automatisch Gedanken machen, welche Aussage ich jetzt in die Öffentlichkeit blase. Und schon bin ich eigentlich nicht mehr ich selbst.
Du beleuchtest viele Themen von den unterschiedlichsten Blickwinkeln und bist ordentlich provokant. Jubelchöre vs. Peitschenhiebe – wie waren die Reaktionen auf das Erste und gleichzeitig selbstbetitelte Adam Angst Album?
Die Reaktionen waren unter dem Strich super, soweit ich das verfolgt habe. Ich habe die ersten Reviews noch gelesen, danach habe ich damit aber aufgehört. Ab jetzt ist uns eher wichtig, was auf den Konzerten in persönlichen Gesprächen von Angesicht zu Angesicht passiert und nicht, was im Internet steht. Wenn du mit Provokation oder mit solch unmissverständlichen Texten arbeitest, ist es normal, dass sich jeder gleich eine Meinung bildet und diese auch mitteilen will. Auf jeden Fall hatten wir mit dieser Platte nicht das Gefühl, „egal“ zu sein.
Adam Angst scheint aus den verschiedensten Perspektiven betrachtet ein ganz schön krasser Typ zu sein! Wie ähnlich ist er Felix Schönfuss und was unterscheidet euch?
Er ist mir deshalb sehr ähnlich, weil ich meine Texte eigentlich immer aus persönlichen Erlebnissen heraus schreibe und die aufgezeigten „menschlichen Fehler“ bei mir teilweise auch entdecken muss. Der Unterschied zwischen Adam Angst und mir ist die Extremität in den Texten. Wer mich privat kennt, weiß, dass ich eher ruhig und gelassen bin. So wie bei Anderen der Boxsack, ist die Musik mein Ventil.
Welche Anekdote verrätst du uns aus der Zeit im Studio?
Keine, denn die Stimmung war so aggressiv und mies, dass ich das nicht an die Öffentlichkeit bringen sollte. Die „Some Kind of Monster“-DVD von Metallica war ein Kaffeekranz dagegen.
Wo und wie hast du deine Bandkollegen hinter Adam Angst aufgetrieben?
Um irgendwelche Casting-Gerüchte mal aufzulösen: Das hat sich alles sehr zwanglos und locker entwickelt. Ich kannte ja alle schon vorher von ihren anderen Bands und natürlich redet man über das, was man musikalisch gerade macht, wenn man sich zum Beispiel auf Konzerten wieder trifft. Alle wollten direkt in meine Demos reinhören und haben danach von sich aus gesagt „Also wenn du wen brauchst, ich hätte Bock.“.
Vor ein paar Tagen startete eure aktuelle „Gehypte Scheißtour 2015“. Was macht es für dich aus, „on the Road“ zu sein und welche Momente bleiben unvergesslich?
Auf Tour zu sein ist halt ein bisschen wie Klassenfahrt. Man steigt mit Freunden in einen Bus und könnte kaum weiter weg vom Alltag sein. Man entwickelt nach kürzester Zeit sein eigenes Vokabular, bestehend aus Filmzitaten, Ohrwürmern und anderen, schwachsinnigen Insider-Sprüchen. Die besten Momente sind aber immer die, wenn man auf die Bühne geht und die Leute direkt mitsingen. Dieses gegenseitige „Beflügeln“ zwischen Band und Publikum ist das Beste, was einem passieren kann. Als unvergesslichen Moment möchte ich aber noch die perfekte Marius Müller Westernhagen-Imitation von unserem Backliner Götz erwähnen.
Was auf dieser Welt nervt am meisten?
Geld. Das im Detail zu erklären, würde den Rahmen sprengen. Aber für mich hängt fast alles, was mich unglücklich macht, damit zusammen. Geld mag zwar nicht immer die einzige Ursache für Rassismus, Umweltzerstörung, Gewalt, Hass oder Neid sein, spielt aber immer eine große Rolle. Ich interessiere mich gerade sehr für Entwürfe von alternativen Gesellschaftssystemen wie dem „Venus-Projekt“. Eine Welt ohne Kapitalismus, Krieg und Hass, dafür aber mit Selbstverwirklichung und Nächstenliebe klingt zwar völlig utopisch und Hippie-mäßig, aber ich finde, man muss ja irgendwo mal anfangen, solche Ideen auszuarbeiten.
Welche Musik gibt´s ganz alltäglich auf die Ohren?
Komplett unterschiedlich. Für mich gilt „Ein guter Song ist ein guter Song“, egal welches Genre. Bei mir kommt der „neue heiße Scheiß“ eh erst nach drei Jahren an. Derzeit höre ich die neue Noel Gallagher, aber auch The Bronx und Against Me!.
Was macht dir die größte Angst?
Dass ich seit Ende Dezember erkältet bin und es nicht schaffe, gesund zu werden.
Wohin wird die Reise in den kommenden Tagen und Monaten gehen?
Wir werden im Sommer sehr viele Festivals spielen, so dass wir kaum ein Wochenende frei haben werden. Im Herbst gehen wir dann noch mal auf Tour.
Von Maria