East Cameron Folkcore – Kingdom Of Fear

 

 

Jetzt mal ganz ehrlich: Manchmal hört man so viele unterschiedliche Bands und Alben, dass man spätestens auf der Hälfte des Monats denkt, „Hör ich mir an…! Schreib ich was drüber…! Messe gelesen…!“ Ist ja auch nichts gegen den jeweiligen Künstler oder das dazugehörige Label, aber nach 20 Minuten Duftproben bei Douglas kannst du deinem Riechnerv auch nicht mehr über den Weg trauen. So oder so ähnlich ging es mir jedenfalls auch, als ich die Bemusterungsanfrage für East Cameron Folkcore bekam. Ich war völlig unvoreingenommen, schließlich kreuzte mir der Neuner bis Zwölfer (je nach Lust und Zeit schrumpft oder wächst die Band) aus Austin/Texas bis zu der genannten Mail nie den Weg. Also presste ich mir zwischen Zähneputzen und Bettdecke aufschütteln schnell die 14 Tracks auf meinen MP3-Player und entschloss noch schnell vorm Einschlafen reinzuhören. Keine drei Songs später hatte sich das Schlafen erledigt. Ich war hellwach und voller Euphorie.

Am 10. April veröffentlichen East Cameron Folkcore mit „Kingdom of Fear“ über Grand Hotel Van Cleef ein unfassbar gutes Album. Ein Album von einer Band, der es nicht darum geht über die Liebe und das Leben zu schreiben. Nein! In den Rollen der unterschiedlichsten Identitäten (beispielsweise Chelsea Manning und Howard Zinn) setzen sich East Cameron Folkcore über Kingdom of Fear mit der breitflächigen Tragödie dieser Gesellschaft auseinander. Es geht um die Wahrheiten, über die sonst besser geschwiegen werden sollte, vom Überwachungsstaat zum Turbokapitalismus, vom Raubbau an der Natur bis zur Korruption in Wirtschaft und Politik, von ausbeutenden Chefs bis zu willkürlichen Polizisten. All das wird dermaßen indezent offen gelegt, dass es so unwahrscheinlich ist, vor der besungenen Wahrheit die Augen zu verschließen, als das Leugnen ungeputzter Zähne nach den Plaquetest-Tabletten beim Zahnarzt.

„Für mich ist unsere Musik ein Vehikel, das die Menschen verbindet und die wirklich wichtigen Themen anspricht. Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt und dieses Album ist unsere Reaktion darauf! „, erklärt Sänger, Gitarrist und Rudelführer Jesse Moore. Genau das hört man auch auf der Platte. Die Stimme kratzt, als wäre sie vom Rauch ausgiebiger Gespräche in Proberäumen und schlecht beleuchteten Bars geschwängert, als hätte sie schon so unendliche Male herzzerreißend gegen den Verfall der Welt schreien müssen.

Aber diese Platte ist in keiner Weise pessimistisch, sie wirkt weder deprimierend noch ist sie schwarzmalend. Ganz im Gegenteil (und das macht für mich das besondere Topping aus): Musikalisch ist „Kingdom of Fear“ hoffnungsvoll und motivieren! Spätestens nach „Fracking Boomtown“ war meine Euphorie maximal geweckt. Ich konnte überhaupt nicht mehr aufhören diesen Song hoch und runter zu hören und ihn immer wieder etwas anders neu zu entdecken.

Von Maria