Behind The Lyrics: Kafvka über das Album „Paroli“

Behind The Lyrics: Kafvka über das Album „Paroli“
Foto: Thomas Tiefseetaucher

Kafvka veröffentlichen am kommenden Freitag, den 11. Juni, ihr neuestes Album „Paroli“ auf Zukunfvt. Gemeinsam mit Rapper Jonas Kakoschke, der außerdem Co-Initiator der Initiative Seebrücke ist, betrachten wir die fünf wichtigsten textlichen Momente des Albums. Viel Spaß!

„Wir solidarisieren uns mit allen unterdrückten Menschen!“

Paroli: “Max und Anna-Lena halten sich für Baader Meinhof, doch aus 10 Flaschen Wein machen sie einfach nur Weinschorle”

Die Namen Max und Anna-Lena habe ich mir von dem mit uns befreundeten Rapper Sir Mantis geborgt, der diese gern benutzt um unreflektierte, weiße Akademikerkinder-Linke zu benennen, die häufig unreflektiert glauben, super reflektiert zu sein ohne die eigene privilegierte Positionierung zu reflektieren und z.B. von Rassismus oder anderer Diskriminierung betroffenen Linken erzählen wollen, wie es läuft. In der Zeile halten sich die beiden für Baader Meinhof, also Menschen die dafür bekannt sind, sehr gewaltvoll gekämpft zu haben mit der RAF. Der zweite Teil der Zeile beinhaltet zwei Zitate: Die Band Ton Steine Scherben hat in ihrem Rauch-Haus-Song die Zeilen „Und vier Monate später stand in Springers heißem Blatt, das Georg-von-Rauch-Haus hat eine Bombenwerkstatt. Und die deutlichen Beweise sind zehn leere Flaschen Wein. Und zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollis sein“.

Auf diese Zeile hat sich Casper in seinem Song „Sirenen“ bezogen: „Zehn Flaschen Wein könnten zehn Waffen sein.“ Max und Anna-Lena machen daraus aber eben keine Mollis (Molotowcocktails), sondern nur Weinschorle.

Alles Was Wir Tun: „Kids werden fragen, was habt ihr gemacht, als ihr wusstet, man weiß, dass ihr wisst von den Lagern. Petition geteilt, Unterschrift gemacht – wir haben von nichts gewusst, niemand hätte das gedacht.“

Diese Frage habe ich mir selbst gestellt, als niemand mehr ignorieren konnte, dass es unmenschliche Lager wie Moria und viele andere gibt. Der gesamte Song spielt darauf an, dass nach dem 2. Weltkrieg viele Deutsche die Geschichte erzählten von nichts gewusst zu haben. Nichts von den Konzentrationslagern und den Verbrechen der Nazis, die sie zum größten Teil ja selbst waren. Natürlich sollen damit nicht beide Zeiten oder Ereignisse verglichen und damit der 2. Weltkrieg verharmlost werden. Das Gedankenspiel mich zu fragen, was ich antworte, wenn meine Kinder mich nach den unmenschlichen Ereignissen unserer Zeit fragen, und warum wir nicht mehr unternommen haben, fasziniert und erschreckt mich dennoch.

Prolog: „Es ist schön mit euch im Internet zu leben, doch ich will mit euch im Dunkeln stehen und warten auf das Beben. Warten auf, dass wir uns alle kollektiv bewegen, um diese Energie danach für Monate zu saven.“

Das Intro des Albums war 2020 eigentlich als Liveintro für unsere Tour gedacht, die kurz vor Beginn – wie so viele in diesem Jahr – wegen der Pandemie abgesagt wurde. Die Zeile war quasi prophetisch und spiegelt stark unser Gefühl seitdem wieder und das Warten endlich wieder gemeinsam mit den Fans die Liveenergie zu teilen, was ja hoffentlich ganz bald wieder passiert.

„In linken Kreisen hat es einen gewissen Schick, sich als Arbeiterklasse zu bezeichnen, was aber oft nicht mehr als Sozialromantik und Pathos ist.“

Tanz deinen Schmerz weg: „Opium fürs Volk am Arsch, drop Amphetamin für die hardworking class. Mittelstand feiert Hardnock-Life, klopf dreimal auf Holz, doch der Pathos bleibt. Kein Platz für sozialromantischen Hype an betrogenen Arbeiterstammtischen – Salonfähigkeit des Klassismus entschuldigt nicht deinen Rassismus.“

Diese Zeilen, mit denen der Song beginnt, waren ursprünglich Teil des Textes unseres 2018er Songs „Hallo Welt“. Aus diesem musste ich sie schweren Herzens streichen, da sie sich zu weit vom Inhalt des Songs entfernten. Für „Tanz deinen Schmerz weg“ passten sie glücklicherweise perfekt. Das Marx-Zitat am Anfang bezieht sich ja eigentlich auf Religion, meint bei mir aber alles, was verhindert, dass die Menschen die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft erkennen. Da Opium als Droge eher betäubende, verlangsamende Wirkung hat, schlagen wir hier stattdessen Amphetamine für hart arbeitende Menschen vor. Das meinen wir aber natürlich sarkastisch, da das System, was Menschen in schlecht bezahlten Jobs harte körperliche Arbeit zu verrichten zwingt, menschenverachtend ist. Die nächste Zeile spielt darauf an, dass viele gutsituierte Menschen „auf Straße machen“ (wie erzählt in „Hard Knock Life“ von Jay-Z) und sich z.B. Kleidungsstile oder Ausdrucksweisen o.ä. aneignen, ohne selbst auch die Nachteile einer prekären Situation erleben zu müssen. Und in linken Kreisen hat es einen gewissen Schick, sich als Arbeiterklasse zu bezeichnen, was aber oft nicht mehr als Sozialromantik und Pathos ist. Im letzten Teil der Gedanke, dass auch wer klassistisch benachteiligt ist, dadurch nicht berechtigt ist, rassistisch zu sein.

AHN FAQ: „Wir haben Friends in Ramallah und Friends in Haifa“

Der gesamte Text reagiert auf kritische Nachfragen zu unserem bisher bekanntesten Song „Alle hassen Nazis“. In der Zeile benenne ich die Tatsache, dass wir Freunde in Ramallah haben, aber genauso in Haifa. Ramallah liegt in Palästina, Haifa in Israel. Für weiße Deutsche ist der sogenannte Nahost-Konflikt immer ein Thema, dem mit viel Zurückhaltung begegnet wird. Ich will zeigen, dass es unser aller Aufgabe ist, sich damit zu beschäftigen. Wir solidarisieren uns mit allen unterdrückten Menschen!

Video: Kafvka – Paroli

[su_box title=“Hier erhältlich“]
Kafvka ParoliKafvka – Paroli
Release: 11. Juni 2021
Label: ZUKUNFVT
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