Jedes Problem bietet auch die Chance für Wachstum. So oder so ähnlich muss Corey Taylor wohl gedacht haben, als er beschloss die Zeit des Lockdowns produktiv zu nutzen. Dabei geht er stilsicher raus aus der Komfortzone, kündigt im selben Atemzug eine Pause von Stone Sour an und schlägt ganz andere Töne an als bei seiner Hauptband Slipknot.
„Ausnahmslos alle Songs gehen direkt ins Ohr und Lückenfüller sucht man vergebens.“
Auf zu neuen Ufern!
Schon die ersten beiden Releases „Black Eyes Blue“ und „CMFT Must Be Stopped“, letzteres mit den Rappern Tech N9ne und Bookie, lassen keinen Zweifel daran, dass Corey Taylor auf Experimentationskurs ist. Zwar groovt sich das Album dann im Dunstkreis der Stadionrock-Nische ein, wie „Samantha’s Gone“ eindrucksvoll beweist, trotz allem bietet „CMFT“ eine Menge Überraschungen und unerwartete Abstecher.
Dabei sind sowohl Songwriting, als auch Lyrics immer tief von Corey Taylors Humor geprägt. Keiner der Songs nimmt sich zu ernst und das ist wirklich erfrischend und sorgt für einen von seinen Projekten unerwarteten Gute-Laune-Vibe. „Meine Lux“ geht dann mit leichtem Punkbeat und Mitsingchören gut nach vorne.
All Killer – No Filler
„CMFT“ strotzt vor Energie, Tatendrang und einer augenzwinkernden Hybris. Eben voll und ganz Corey Taylor. Viele mögen erstmal abgeschreckt sein von der „Eingängigkeit“ des Materials, für mich allerdings liegt hier eine große Stärke des Albums. Ausnahmslos alle Songs gehen direkt ins Ohr und Lückenfüller sucht man vergebens.
Vor allem live werden die Songs zukünftig für viel Spaß sorgen, denn von Schunklern bis Mitgröhl-Parts wird auf „CMFT“ das komplette Feuerwerk der Konzertlaune abgefeuert. Bleibt stark zu hoffen, dass das Album bald auf den großen Bühnen bespielt werden kann und darf.
Raus aus der Komfortzone
Mit „Silverfish“ gibt es dann einen ganz leicht angegrungten Alternative-Schunkler, der dann Powerballaden-mäßig etwas an Fahrt gewinnt. Stimmige Gitarrenparts und das obligatorisch schmachtende Solo eingeschlossen. „Culture Head“ hingegen lässt dann wieder stark die Anfänge von Stone Sour durchscheinen. Trotz großer Vielfalt ergibt sich aber ein stimmiger Gesamtmix.
„CMFT“ schlägt Haken und nimmt hier und da eine ungewohnte Abzweigung. Das Album erfindet das Rad natürlich nicht neu, schafft es aber immer wieder zu überzeugen und zu überraschen. Dass Corey Taylors Stimme eine der druckvollsten und interessantesten der Szene ist steht für mich schon viele Jahre fest, dass sie aber so neu in Szene gesetzt wird ist sehr erfrischend.
Bitte mehr davon
„CMFT“ macht Lust auf mehr. Corey Taylor liefert mit seinem Solo-Debüt eine Stadionrock-Platte, die mit starker Stimme, einer ordentlichen Portion Augenzwinkern und großer Experimentierfreude überzeugen kann. Viele Slipknot Fans haben sich bestimmt härteres Material erhofft, wer sich aber auf die Stimme und den simpel, aber interessant gehaltenen Rock einlassen kann, der wird eine rundum überzeugende Platte entdecken, die vor allem eines schafft: sie macht unglaublich viel Spaß und das immer und immer wieder.