Cynthias musikalischer Jahresrückblick 2020

Es kommt immer anders, als man denkt. Letztes Jahr um die Zeit dachte ich noch, das 2020 das Wahnsinns Jahr 2019 noch toppen könnte. Bis März sah das auch echt gut aus. Und dann kam Corona. Von heute auf morgen war alles anders – die komplette Jahresplanung erstmal am Arsch. Leise Hoffnungen lagen auf dem Herbst, aber auch diese wurden nicht erfüllt. 2020 stand erstmal alles Kopf. Ein Jahr, was bisher konkurrenzlos das “seltsamste Jahr meines Lebens” ist.

Ich will gar nicht jammern – ich hatte, von einem gesundheitlichen Totalausfall und den Corona Einschränkungen mal abgesehen, ein durchaus gutes Jahr. Es gab einen neuen Job für mich, einen, den ich schon ewig haben wollte und wenn ich ehrlich bin, hätte ich ohne das Virus vermutlich meinen Hintern nicht hochbekommen und mich beworben. 

Außerdem kam ich mal zur Ruhe. Das normale Pensum von mindestens zwei Konzerten die Woche fiel ab März einfach aus – viel Zeit, um mich mal um mal um andere Dinge und vor allem auch mich selbst zu kümmern. Im Sommer reiste ich nicht von Festival zu Festival – dafür dreimal an die Ostsee, was ehrlich gesagt verdammt gut tat.

Auch gab es dieses Jahr trotzdem einige sehr gute Konzerte – es wurden Alternativen wie Auto Konzerte oder Sitz Konzerte in einem Zirkus auf die Beine gestellt. Überhaupt: Es wurde nicht der Kopf in den Sand gesteckt, sondern nach Alternativen gesucht. Aufgeben war und ist für die Meisten keine Option.

„Jedes Einzelne Konzert das nicht stattgefunden hat, tut irgendwo weh.“

So komme ich als Erstes zu: Meine Lieblingsshows 2020

Fangen wir mal an, als es noch normale Konzerte gab: Am 17.01.2020 spielten To The Rats and Wolves eins ihrer letzten Konzerte im Logo in Hamburg. Eine Achterbahn der Gefühle und nicht nur deswegen der ungeschlagene Platz eins dieses Jahr. Dieses Konzert hatte einfach alles. Lest einfach meinen Bericht dazu, aber ich fürchte, man muss da gewesen sein, um es wirklich fühlen zu können.

Platz zwei geht an Zoodrake. Am 29.08. gab es das erste halbwegs “normale” Konzert seit dem Lockdown im März. Im Zirkus Probst, der im Gelsenkirchener Revierpark aufgebaut hatte, sollten Solitary Experiments mit Zoodrake als Support der Konzert Sehnsucht ein Ende bereiten. Hier gab es ein richtiges Konzert – zwar mit festen Sitzplätzen, aber der Möglichkeit zu tanzen, wenn auch nur an seinem Platz. Der Headliner Solitary Experiments kam stimmungsmäßig nicht an den Support ran – Hilton Theissen hat die Menge einfach mal vollständig abgeholt und – bildlich gesprochen – die Hütte abgerissen. Hier spielte viel zusammen, dass dieses Konzert fast auf einer Stufe mit To The Rats and Wolves steht und sogar meine all time Lieblingsband auf Platz drei verweist.

Ja, Frozen Plasma findet sich “nur” auf Platz drei weiter. Die erste Show mit dem neuen Album, was meine auch zu meinen Lieblingsalben 2020 gehört. Auch hier wieder im Zirkus Probst. Auch hier wieder Emotionen Pur – die wenigen Konzerte seit März 2020 werden anders wahrgenommen als sonst – intensiver. So auch hier. Ich kann normalerweise meine Kamera nicht einen Augenblick weglegen – diesmal war das kein Problem. Ein absolut denkwürdiges Wochenende – eine denkwürdige Show.

Platz vier geht an Papa Roach am 10.03.2020. Noch mit der Ansicht, dass ich mir von so einem doofen Virus nichts verbieten lasse, einen Tag bevor die großen Hallen überall schlossen gab es nochmal die volle Dröhnung – auch wenn ich es im Nachhinein ziemlich leichtsinnig finde, so bereue ich es nicht, hingegangen zu sein, denn die Show aller drei Bands hatte es in sich und gab Kraft für das, was nun folgen sollte.

Ich bin mir nicht sicher, ob es das Slipknot Konzert am 16.02. in die Top fünf geschafft hätte, wäre das Jahr normal verlaufen. So ist es, vor allem auf der fotografischen Seite, ein sicherer Platz fünf. 90 Minuten Vollgas – einmal Totalabriss – einfach wow. Slipknot nach 12 Jahren wieder live zu sehen (auf einer Konzert Show) , hat mir gezeigt, was manchen Bands einfach fehlt. Dem Publikum konstant zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, können nämlich nicht viele Bands.

Soweit zu den “richtigen” Konzerten. Da dieses Jahr etwas anders war, möchte ich auch die besten zwei “Alternativen” Konzerte nennen:

Der erste Lockdown war grad gestartet – viel Bands fingen an, Konzerte zu streamen um ein wenig Leben in die Selbstisolation zu bringen. Vorweg: Es gab ne Menge sehr guter Streams, aber einen möchte ich besonders hervorheben: Scooter streamten am 27.03. ein volles Konzert – inklusive Pyro und allem was dazu gehört – und der komplette Freundeskreis saß mit einem alkoholischen Getränk vorm Fernseher – teilweise war man noch zusammen im Skype und hat einfach gefeiert. Das konzert an sich wirkte so surreal, wie HP immer wieder mit dem nur vor den Bildschirmen sitzenden Zuschauern agierte – dafür tobte die Kommentarspalte und man fühlte eine Gemeinschaft – auch wenn man alleine zuhause war. Musikalisch sicher kein Highlight – Scooter sind halt Scooter – aber das ganze Drumherum hat das ganze doch irgendwie einzigartig gemacht.

Im Sommer gab es in Hannover auf dem Schützenplatz die Autokultur. Ein absolut wundervolles Konzept, das zeigt, dass man einfach das Beste aus der Situation gemacht hat. So machte ich es mir am 02.07. mit Kaltgetränk  und Pizza in meinem Combi bequem, während Montreal die Bühne unsicher machten. Auch wenn vor einem Parkplatz spielen sicher ungewohnt war – die Stimmung und der Jubel aus den leicht geöffneten Fenstern gab ihnen Recht, dass so ein Konzert eine absolut geniale Idee war. Bitte 2021 wieder – wenn schon sonst vermutlich erstmal weiter alles ausfällt. Mir gefällt diese Aktion auch noch aus einem anderen Grund: Es gibt Menschen, die Menschenmengen scheuen – für solche Leute ist sowas natürlich echt perfekt. 

Welche Konzert-/ Festival Verschiebung tat am meisten weh?

Alle. Jedes Einzelne Konzert das nicht stattgefunden hat, tut irgendwo weh. Ich könnte jetzt sagen “Die Ärzte” oder “Planlos” weil ich bis zuletzt gehofft habe, dass der Virus nach dem Sommer weg ist… oder “Das E Tropolis Festival” weils das Erste war, was weggefallen ist. Im Grunde aber schmerzt jedes einzelne nicht stattgefundene Event.

Meine Lieblingsalben 2020

Die Nummer eins kam sehr spät im Jahr, hat es aber geschafft, seit dem täglich zu laufen: nach 8 Jahren gibt es “Die Ärzte – jetzt endlich auch in stereo”. Mit “Hell” haben sie nach zwei meiner Meinung nach sehr schwachen Alben wieder einen absoluten Knaller herausgebracht. Mit persönlich hats “Das letzte Lied des Sommers” extrem angetan. Der trifft grad den Nagel sowas von auf den Kopf. Überhaupt – das Album ist einfach nur genial.

Ich glaube, auf Platz zwei hinter Die Ärzte zu belegen, ist für Hilton von Zoodrake eher ein Lob als ein Scheitern. “Purified” heißt das Debüt Album, was Ende März raus kam. Anfangs etwas sperrig aber sehr spannend fraß sich jeder einzelne Song in mein Gehirn und die Platte ist aus meiner Playlist nicht mehr wegzudenken. 

Frozen Plasma haben dann auch endlich das Album rausgebracht, auf das ich gespannt gewartet hatte. Ich durfte es sogar in einem exklusiven Pre-listning mit Mastermind Vasi Vallis vor den meisten anderen hören – für mich eine absolute Ehre. Das Album ist toll. Ein paar Songs mit ziemlichem Hit Potential, was ruhigeres und ein Instrumentalstück – es wird also nicht langweilig. 

Blind Chanel  hatte ich so gar nicht auf dem Schirm – bis ich dann eine Bemusterung im Postfach hatte und mich quasi schockverliebt habe. “Violent Pop” – der Albumtitel ist Programm. 

Auch wenn es ne EP ist, darf Bring Me The Horizon mit “Post Human: Survival Horror” nicht fehlen. Direkt der Opener hat mich gefesselt.

 

Meine Neuentdeckung 2020

Soweit zu den Alben. Tja, Neuentdeckungen… normalerweise sind es Borbands oder Band die ich nicht kenne wo ich einfach mal zu fotografieren hingehe, die ich neu für mich entdecke. Das fiel 2020 irgendwie aus. Im März habe ich Samsas Traum für mich wieder entdeckt – bisher hatte ich die nicht wirklich aufm Schirm, am Ende stehen sie in meinen Top 5 bei Spotify. Außerdem habe ich die Finnen von Blind Chanel durch eine Bemusterung für mich endeckt. Hat doch irgendwie sein Gutes, wenn man endlich mal genug Zeit hat, in Neuerscheinungen auch selbst mal in Ruhe reinzuhören.

Worauf ich mich 2021 am meisten freue

Puh, vermutlich: den Corona Impfstoff. Dass (vielleicht) Mitte bis Ende 2021 wieder irgendwas halbwegs normal laufen kann. Dass es wieder Konzerte gibt, dass man sich wieder treffen kann – all das was dieses 2020 schmerzlich vermisst wurde.

Musikalisch stehen ein paar sehr nette Veröffentlichungen an: Planlos haben wohl neues Material fertig, Architects, Foo Fighters, Antiheld, A Day To Remember… und irgendwann solls ja auch nochmal was neues von The Offspring geben. 2021 kann groß werden, was neue Musik angeht – viele Musiker hatte ja auch 2020 viel Zeit für neues Material. Wird nur Zeit, dass man das Ganze auch endlich wieder live feiern kann.

Passt auf euch auf und haltet euch an die Regeln.