Holt die verstaubten Platten der 50er und 60er Jahre aus den Schränken und dreht die Lautstärke voll auf. Der 09. Juli ist dazu da, das Tanzbein zu schwingen, als ob es kein Morgen gäbe. Um dieses Lebensgefühl und die großartigen Künstler der 50er und 60er Jahre zu ehren, wird jedes Jahr am 9. Juli der Tag des Rock ‘n’ Roll gefeiert.
Bei uns lest Ihr, warum der Rock ’n‘ Roll mehr ist, als nur ein tanzbarer Beat im 4/4 Takt mit Staccatoeffekt und sich zur Jugend- und Protestkultur einer ganzen Generation entwickelte.
Die Ursprungsform der Rockmusik
Kennzeichnend für die meisten Rock-’n‘-Roll-Bands ist die Besetzung mit einem als Frontmann fungierenden Sänger, begleitet von Gitarre und/oder Klavier, Kontrabass oder E-Bass und Schlagzeug, gelegentlich noch ergänzt durch weitere Instrumente wie Saxophon. Der
Rock ’n‘ Roll gilt als die Ursprungsform der Rockmusik.
Ende der 1940er-Jahre begann in den USA eine Kultur des Aufbegehrens, die das Underdog-Dasein, Freiheit von bürgerlicher Moral, Drogen und rastlose Mobilität zu ihren Idealen erhob. Diese Bewegung identifizierte sich zunächst nicht über die Musik, sondern über die Beat-Literatur von Autoren wie Jack Kerouac, Filme wie „The Wild One“ oder Bücher wie „Catcher in the Rye“.
Der weltweite Durchbruch
Als Bill Haley 1954/55 sein „Rock Around the Clock“ anschlug, versetzte er damit die ganzen USA wie einen ungeheuren Resonanzkörper in Schwingungen. Doch erst der Film „Die Saat der Gewalt“ von 1955, in dem es um Jugendkriminalität an Schulen ging, brachte mit dem zweimaligen Einsatz des „Haley-Songs“ weltweit den Durchbruch für diese Musikrichtung, die von da an auch vom Musik-Establishment als Rock ’n‘ Roll bezeichnet wurde. Der explosionsartige Erfolg dieser Musik erklärt sich aus der schon länger vorhandenen Sehnsucht nach einer eigenen Jugendmusik, über die sich die Rebellion gegen die Elterngeneration ausdrücken ließ. Damit wurde die Musik des Rock ’n‘ Roll gleichermaßen zum Ventil gesellschaftlicher Zwänge.
Video: Bill Haley – Rock Around The Clock
Der Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen
Auch die Musik wurde nun immer wilder, lauter und aggressiver. Die ab 1956 aufkommenden neuen Stars des Rock ’n’ Roll, wie Chuck Berry, Little Richard, Jerry Lee Lewis oder der frühe Elvis Presley lösten mit ihrer Musik starke Emotionen aus und brachen mit gesellschaftlichen Konventionen (Haarlänge, Frisuren). Dieses offen rebellische Verhalten führte dann auch umgehend zur offenen Kontroverse über die Rock-’n’-Roll-Kultur in den USA. In einer Gesellschaft, welche noch in der Denkweise der McCarthy-Ära gefangen war, wurde der Mangel an Kontrolle als fundamentale gesellschaftliche Bedrohung wahrgenommen.
Chuck Berry – Sweet Little Sixteen
Das Ende des rebellischen Rock ’n’ Roll
Der Druck der Öffentlichkeit, religiöser Organisationen, sowie staatliches Eingreifen begrenzte oder entfernte den Rock ’n’ Roll zunächst aus den Medien und führte dann Ende der 50er Jahre zu dessen allgemeiner Ächtung. Als eine Folge zogen sich Stars komplett aus dem Musikgeschäft zurück oder suchten nach einer Läuterung durch extrem angepasstes Verhalten den erneuten Zugang zu den Massen und kommerziellem Erfolg. So wandte sich Little Richard in der Überzeugung, Rock ’n’ Roll wäre vom Teufel gemacht, dem Studium der Theologie zu. Gene Vincent wanderte nach England aus. Der gleichzeitige Tod von Big Bopper, Buddy Holly und Richie Valens bei einem Flugzeugabsturz im Jahr 1959 sowie von Eddie Cochran 1960 leiteten das Ende des rebellischen Rock ’n’ Roll ein.
Die Suche einer immer aufgeklärter und selbstbewusster werdenden Jugend nach Auswegen aus den damaligen Gesellschaftszwängen bestand jedoch weiter fort. Die Wiederauferstehung des Rock ’n’ Roll und seiner rebellischen Momente wird dann der Anfang der 1960er Jahre in England entstehenden Beatmusik zugeschrieben. Dave Edmunds wirkte Ende der 1960er Jahre als Produzent und Musiker auf das Rock ’n‘ Roll Revival ein.
Eine neuen Rock ’n‘ Roll-Generation
Ende der 1960er/Anfang der 1970er kam Bill Haleys „Shake, Rattle And Roll“ wieder in die britischen Charts. Plötzlich war es wieder „hip“, alte Teddy-Boy-Klamotten zu tragen und sämtliche Clubs spielten Rock ’n‘ Roll. Viele Bands ahmten die alten „Helden“ der 1950er nach und spielten Rock ’n‘ Roll, darunter auch Gruppen aus dem Umfeld der Glamrock-Szene wie Mud, Rubettes oder Showaddywaddy. Bereits seit 1969 traten Shakin’ Stevens & The Sunsets ins Rampenlicht. Das war der Beginn einer neuen Rock-’n’-Roll-Generation.
Video: Bill Haley and his Comets – Shake, Rattle and Roll
Punkrock in seiner Ursprungsform
Der Punkrock in seiner Ursprungsform war eine rohe und ungeschliffene Form des Rock ’n’ Roll und grenzte sich damit vom als artifiziell empfundenen Progressive Rock, wie auch von der Disco-Kultur ab. Tommy Ramone äußerte in diesem Zusammenhang: „1973 wusste ich: was gebraucht wird, ist reiner Rock ’n’ Roll ohne Bullshit.“ und laut John Holmstrom „musste Punkrock kommen, da die Rockszene so zahm geworden war, dass Acts wie Billy Joel und Simon & Garfunkel als Rock ’n‘ Roll bezeichnet wurden, wohingegen für mich und andere Fans, Rock ’n‘ Roll für wilde und rebellische Musik stand.“