Grade 2 – s/t

Grade 2 haben im vergangenen Jahr endlich auch in Deutschland einiges an Aufsehen erregt und das mit Recht – Shows mit Social Distortion und den Broilers haben sie für ein größeres Publikum bekannt gemacht. Nun starten die drei Briten mit einem neuen Album, ihrer ersten größeren Europa-Tour und Support-Shows für Rancid, um Hellcat Records Labelboss Tim Armstrong, in das Jahr 2023. Aber von Anfang an!

Das selbstbetitelte Album “Grade 2” ist ihre vierte Platte, die zweite auf Hellcat und auch zum zweiten Mal wurden sie von Tim Armstrong persönlich produziert und beim Songwriting unterstützt. Während die ersten beiden Alben noch über Contra Records erschienen und dadurch eher (Skinhead-)Szene-Liebhaber:innen bekannt wurden, hat schon die Veröffentlichung des letzten Albums “Graveyard Island” (Albumreview) erstmals größere Wellen geschlagen. Nicht zuletzt ist das Armstrong zu verdanken, der zur Zeit alles in Gold verwandelt, was er anpackt – Beweisstück A: The Interrupters, Beweisstück B: Grade 2.

Grade 2 hauchen einem totgeglaubten Sound endlich wieder frisches Leben ein!<span class="su-quote-cite">Archi</span>

Oldschool-Punk für eine neue Generation

Das faszinierende an Grade 2 ist, dass die Band sich ihr musikalisches Zuhause in einer Nische des Punks gesucht (und gefunden) hat, die selbst von Liebhaber:innen schon seit langer Zeit totgesagt wurde. Der Fakt, dass die Mitglieder der Band allesamt nicht etwa Ü40, sondern Anfang/Mitte 20 sind, macht die Absurdität komplett. In einer Zeit, in der Kids eher Beats auf dem Smartphone bauen und auf Soundcloud-Rap abgehen, bilden sie den kompletten Gegenentwurf. Vorbilder sind hier, neben den erwähnten Rancid, ganz klar Cock Sparrer und Sham 69, dazu ein wenig Mod-/Soul-Ästhetik und fertig ist Grade 2. Das Ganze wird aus der Mottenkiste geholt, entstaubt und mit Themen garniert, die die “Generation Z” gerade so umgibt. Selten haben Zukunftsangst, die Suche nach der eigenen Identität und der juvenile Kampf gegen Ungerechtigkeiten so gut geklungen.

Zurück mit Punk wo er hingehört – auf die Straße

Schon bei den ersten Singles gab es einen ordentlichen Nostalgie-Kick durch einen Sound, mit dem sicher viele von uns groß geworden oder zum Punk gekommen sind: “Doing Time” der knackige, treibende knapp-Einminüter; “Brassic”, das mit fast power-poppiger Gitarre daher kommt und dann “Under the Streetlight”, der klassische Singalong-Punk-Knaller. Im Gesamten legen sie 15 Songs in knapp 35 Minuten vor – da ist also klar, wohin die Reise geht. Grade 2 holen den Punk, der sonst vor allem von alten, weißen Männern dominiert wird, dorthin zurück, wo er hingehört: in die Hände der Jugend und auf die Straße.

Die verschiedenen Facetten stehen dem Trio unglaublich gut

Die Songs sind dabei zeitlos und wunderbar abwechslungsreich: Von Up-Beat Bangern wie dem liebenswürdigen “Celine” geht es zu Punkrock mit poppigen Melodien und Chören wie bei “Don’t stand alone” bis hin zu dreckigen old-school-Nummern wie “Parasite”. Dabei ist es auffallend, wie unglaublich gut diese verschiedenen Facetten dem Trio stehen – egal in welchem Subgenre sie sich bewegen, der Sound wirkt wie aus einem Guss, was nicht zuletzt an dem starken und prägnanten Bass-Spiel von Sänger und Frontmann Sid Ryan liegt – der ganz klar mehr als nur einmal Matt Freeman von Rancid genau auf die Finger geschaut haben muss. Garniert wird das Ganze von komplexen Schlagzeugbeats von Drummer Jacob Hull und der mal straighten, mal verspielten Gitarren-Arbeit von Jack Chatfield.

Es macht Spaß, Grade 2 auf diesem Album beim “Wachsen” zuzusehen und gemeinsam mit ihnen einem totgeglaubten Sound wieder ordentlich Leben einzuhauchen. Hat ja auch lange genug gedauert, bis Streetpunk sein Comeback feiern konnte und man zurück in das Gefühl geworfen wird, Punk gerade frisch für sich entdeckt zu haben.

Video: Grade 2 – Under The Streetlight

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grade-2-s-tEs macht Spaß, Grade 2 auf diesem Album beim “Wachsen” zuzusehen und gemeinsam mit ihnen einem totgeglaubten Sound wieder ordentlich Leben einzuhauchen. Hat ja auch lange genug gedauert, bis Streetpunk sein Comeback feiern konnte und man zurück in das Gefühl geworfen wird, Punk gerade frisch für sich entdeckt zu haben.