Jonathan Gallant von Billy Talent im Interview

Billy Talent News
Foto: Dustin Rabin

Billy Talent haben mit „Crisis of Faith“ nach langer Wartezeit endlich ihr neues Album auf den Markt gebracht und damit direkt die deutschen Charts erobert. Mit Bassist Jonathan Gallant durfte ich über den Entstehungsprozess und seine Bandkarriere im Allgemeinen reden. Außerdem erfahrt Ihr, wie es ist, mit Dave Grohl abzuhängen.

Wenn man sich als Band schon etabliert hat wie wir, dann gibt einem das die Möglichkeit, in verschiedenen Aspekten zu wachsen und das haben wir mit jedem Album versucht.<span class="su-quote-cite">Jonathan Gallant</span>

Was kannst du mir über den Entstehungsprozess von „Crisis of Faith“ erzählen?

Jonathan: Es war wegen der Pandemie ein schwieriger Aufnahmeprozess. Wir hatten Pläne, das Album in einzelnen Stücken aufzunehmen, als die Songs geschrieben und fertig waren. Unsere Studiozeit begann am selben Tag, wie der letzte Lockdown in Toronto. Es war also eine ganz schöne Herausforderung, dieses Album fertigzustellen. Wir mussten etwas anders an den Aufnahmeprozess herangehen, als gewohnt. Es gab nicht viel Zeit, in der wir zusammen im Studio daran arbeiten konnten. Als wir das Album schrieben waren wir natürlich zusammen, aber für die Aufnahmen ging das dann leider nicht mehr.

Wie schreibt ihr generell eure Songs? Hat sich der Prozess seit den Anfangstagen verändert?

Jonathan: Ja, ein klein wenig hat sich der Prozess schon verändert. Die Technik hat sich natürlich ganz schön verändert, seit wir angefangen haben und so ist es heutzutage so viel einfacher für Leute, Songs eigenständig zu schreiben. Seit den letzten drei Alben nimmt Ian [D’Sa – Lead Gitarrist] eine immer prominentere Rolle im Songwriting ein. Er war schon immer unser Hauptsongwriter und er ist wirklich, wirklich unglaublich gut geworden. Seine Songs werden immer besser und oft kommt er mit Stücken an, die nahezu komplett sind. Er zeigt uns die Songs, fragt uns nach unserer Meinung und dann arbeiten wir gemeinsam an den Titeln. Dann müssen natürlich noch die Lyrics von Ben geschrieben werden. So läuft der Prozess bei uns ab. Ian ist definitiv unsere treibende Kraft in Bezug auf Kreativität.

Bleibt da noch Platz für Experimente?

Jonathan: Das neue Album enthält eine Menge Dinge, die wir vorher nie gemacht haben. „The Wolf“ arbeitet mit einem Orchester und auf „Forgiveness Pt. 2“ gibt es ein Saxophon und ein Horn zu hören, was dem Song einen ganz anderen Vibe verleiht. Wir haben in manchen Songs auch mit neuen Taktstrukturen experimentiert. Es gibt also mehr Experimente, als auf unseren alten Alben.

Ich freue mich auf alle Songs.<span class="su-quote-cite">Jonathan Gallant</span>

War das geplant, oder passierten die Experimente ganz natürlich?

Jonathan: Wir haben auf dem neuen Album Dinge ausprobiert, die wir auf dem zweiten Album noch nicht akzeptiert hätten. Wenn man sich als Band schon etabliert hat, dann gibt einem das die Möglichkeit, in verschiedenen Bereichen zu wachsen. Das haben wir mit jedem Album versucht. Jedes Album ist aus dem vorherigen entwachsen und diesen Pfad haben wir auch jetzt weiterverfolgt.

Gibt es einen Song vom neuen Album, auf den du dich besonders freust, ihn in einem Live Set zu spielen? Vielleicht ein Song, bei dem du besonders gespannt bist auf die Reaktion des Publikums?

Jonathan: Eigentlich hätte ich jetzt „The Forgiveness“ gesagt, aber dazu hatte ich schon die Chance. Ich freue mich auf alle Songs. Ich liebe es, neue Songs live zu spielen. Man ist nervös und noch nicht so sicher beim Spielen, wie bei alten Tracks. Man begibt sich immer ein bisschen aus der eigenen Komfortzone mit dem neuen Material. Auf „Hanging Out With All The Wrong People“ freue ich mich live sehr. Einfach, weil es eine wirklich herausfordernde Bassline ist und ich finde, es ist insgesamt ein sehr cooler Song.

Wie waren die Reaktionen auf die neuen Songs bislang?

Jonathan: Um ehrlich zu sein, bin ich sehr zufrieden mit der Rückmeldung. Die Leute akzeptieren die Songs und scheinen sie wirklich zu lieben. Es ist immer etwas Unsicherheit dabei, wenn wir neues Material auf die Fans loslassen. Wir haben dann auch immer alle Gänsehaut, wenn wir die neuen Sachen veröffentlichen. Ich meine, wir lieben, was wir geschaffen haben und können es dann kaum abwarten zu erfahren, was die Fans denken. Ich muss aber auch gestehen, dass ich heute YouTube Kommentare gelesen habe und das ist immer etwas schwierig, weil ich mich eher auf die negativen Kommentare fokussiere, als auf die positiven. Aber über die Zeit habe ich gelernt damit gelassener umzugehen. Jemand, der negative Kommentare um sich schleudert, wird wahrscheinlich generell ein negativer Mensch sein. Dementsprechend versuche ich diese Negativität als das zu sehen, was sie ist.

Für „End of Me“ habt ihr mit Rivers Cuomo von Weezer zusammengearbeitet. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Jonathan: Es lief alles sehr natürlich ab. Wir schrieben den Song und irgendwann hörte Ben sich eine Version des Stücks an, wahrscheinlich im Mixing-Prozess und da dachten wir schon „der Song hat einen Weezer-Vibe“. Also schlug Ben einfach vor, den Song an Rivers zu schicken und er sagte direkt zu. Er nahm dann seinen Part in seinem eigenen Studio auf, sandte ihn uns zu und wir konnten ihn dann einarbeiten.

Gibt es jemand, mit dem ihr gerne zusammenarbeiten würdet? Es muss kein Musiker sein.

Jonathan: Das ist eine coole Frage, weil meistens sind es ja Musiker, mit denen wir zusammenarbeiten. Ich persönlich fände es sehr cool, in einem James Gunn Film dabei zu sein. Sowas wie Guardians of the Galaxy. James Gunn Filme haben immer einen unglaublich coolen Soundtrack. Es wäre also verdammt cool, wenn einer unserer Songs auf einem solchen Soundtrack wäre.

Wenn James Gunn dir eine Rolle anbieten würde – wen würdest du spielen?

Jonathan: Wolverine ist leider schon vergeben. Ein Cameo wäre super. Ich erinnere mich an einen Guns N‘ Roses Cameo in „The Dead Pool“ mit Clint Eastwood. Das war damals eine der coolsten Stellen für mich. Sowas würde ich gerne machen.

Was gibt es zum Video von „End of Me“ zu erzählen?

Jonathan: Über den Verlauf unserer Karriere haben wir eine Menge coole Videos gemacht und dieses war das erste Mal, dass wir einen Künstler baten ein Video für uns zu machen und ihn um seine eigene Interpretation baten. Wir haben Liam Lynch eine grobe Idee davon gegeben, worum sich der Song dreht und dann hat er sein eigenes Ding daraus gemacht. Er hat alles in seinem eigenen Zuhause gemacht, was ich ziemlich cool finde. Meiner Meinung nach ist es ein ziemlich cooles Projekt. Mir gefällt es sehr gut, ich finde es fantastisch.

Für mich geht es darum, Musik zu veröffentlichen und zu touren. Mehr von der Welt zu sehen, wäre also mein größtes Ziel. Gerade jetzt, wo viel davon genommen wurde, vermisse ich es umso mehr.<span class="su-quote-cite">Jonathan Gallant</span>

Welche zwei Songs würdest du jemandem empfehlen, der eure Band noch nicht kennt? Gibt es da Tracks, die die gesamte Bandbreite dessen abdecken, was ihr macht?

Jonathan: Zum einen „The Suffering“ und zum anderen wären da Songs wie „Surrender“. Wir haben Metal-Songs, wir haben Punkrock-Songs. Vielleicht „Forgiveness“ vom neuen Album, weil es so vielseitig ist.

Gibt es etwas, was ihr gerne noch erreichen würdet mit Billy Talent? Gibt es zum Beispiel eine Venue, in der ihr gerne mal spielen würdet, aber noch nie die Chance dazu hattet?

Jonathan: Ich würde gerne mal in Südamerika touren. Das haben wir noch nicht geschafft. Das Gleiche gilt für Südasien. Für mich geht es darum, Musik zu veröffentlichen und zu touren. Mehr von der Welt zu sehen, wäre also mein größtes Ziel. Gerade jetzt, wo viel davon genommen wurde, vermisse ich es umso mehr.

Gab es auf der anderen Seite etwas, das du erreicht hast, das du nie für möglich gehalten hättest?

Jonathan: Oh, wow. Die komplette Karriere, haha. Aber auch mit den Red Hot Chili Peppers zu spielen auf Festivals. Rivers auf einem unserer Songs zu haben, mit Dave Grohl rumzuhängen und mit den Foo Fighters zu spielen. Das sind fantastische Sachen und ich bin glücklich, dass sie mir passiert sind. Ich bin sehr dankbar.

Ich wollte schon immer wissen, wie es ist mit Dave Grohl abzuhängen.

Jonathan: Oh, er ist verdammt freundlich. Er ist voller Energie und er ist sehr nett. Immer, wenn ich ihn traf, ist er durch den ganzen Raum gehüpft.

Video: Billy Talent ft. Rivers Cuomo – End of me