Don’t call it a Komeback – oder vielleicht doch? Immerhin ist es mittlerweile fünf Jahre her, seit Kraftklub ihr letztes Album „Keine Nacht für Niemand“ (Albumreview) auf den Markt brachten. Nun steht die Band aus Chemnitz mit ihrer neuen Platte „Kargo“ in den Startlöchern. Was hat sich in den letzten 12 Bandjahren und seit Veröffentlichung des kultigen Erstlingswerk „Mit K“ verändert und was ist geblieben?
„Nazis raus ruft es sich leichter da wo es keine Nazis gibt“
Als Kraftklub 2012 ihr Debütalbum veröffentlichten, kam man an der Band kaum vorbei und schnell mauserten sich Kraftklub zum Sprachrohr einer ganzen Generation. Über die Alben hinweg positionierten sich Kraftklub immer deutlicher gegen die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft: Die Wut, Frustration und Kritik am Rechtsruck in der Gesellschaft wurde unverblümt thematisiert.
Auch auf „Kargo“ hat sich in der Hinsicht nichts verändert. Kraftklub prangern nicht nur die besorgniserregenden Entwicklungen in der Gesellschaft an, sondern auch die schwache Haltung der Gesellschaft gegenüber eben dieser Themen, die Corona-Pandemie und die Kimakrise. „Nazis raus ruft es sich leichter da wo es keine Nazis gibt“, singt Frontmann Felix Kummer in beispielsweise in „Wittenberg ist nicht Paris“.
Video: Kraftklub – Wittenberg ist nicht Paris
Musik > Liebe
Auch der Song „Vierter September“ zeigt sich voller Kritik: Hier thematisieren Kraftklub die „Wir sind mehr“-Bewegung. 2018 fand in diesem Zuge ein kostenloses Konzert in Chemnitz statt, nachdem es massive rechtsextremen Ausschreitungen gab. Was davon geblieben ist? Nicht viel, so die Band: „Und nichts hat sich verändert, die Innenstadt ist wieder leer“.
Doch neben der gesellschaftlichen Kritik wird es in den neuen Songs auch persönlich: In „Ein Song reicht“ verarbeitet Felix eine gescheiterte Liebesbeziehung, im Opener „Teil dieser Band“ wundern sich Kraftklub über ihren großen Erfolg, der seit Veröffentlichung des Debüts trotz Pause konstant anhält und so ursprünglich – laut Lyrics – gar nicht geplant war: „Es ist nicht verdient und es ist nicht fair. Wenn’s das war, dann war es das wert. Ich mach weiter, bis jemand merkt, ich kann nicht sing’n, ich spiel kein Instrument, aber alle am Spring’n und ich schrei den Refrain.“
Hier schließt sich der Kreis zum Song „Ein Song reicht“, in dem Felix klar wird, dass sich sein Gegenüber nach Normalität sehnt, nach einem bürgerlichen Leben. Doch er entgegnet: „Doch wie kann ich etwas aufgeben von dem ich glaub, dass es klappt? Ich muss aufnehmen geh’n, ich muss raus in die Nacht.“ Und das im Zweifel eben ohne eine:n Partner:in an der Hand.
Video: Kraftklub – Ein Song reicht
Wo Kraftklub draufsteht, ist auch weiterhin Kraftklub drin
Mit Kraftklub und Tokio Hotel haben sich für „Fahr mit mir (4×4) – und das kann man nicht mögen, aber nicht leugnen – zwei der größten deutschen Bands unserer Generation zusammengetan. Den Fans scheint es auf jeden Fall zu gefallen und kurzerhand wird der Song zum Sommerohrwurm ernannt.
Die Art, Texte zu schreiben, habe sich für Felix seit seinem erfolgreichen Soloprojekt Kummer geändert, sagt er. Er schreibe persönlicher, lässt Texte zu, die näher an ihm dran sind, als er es für möglich gehalten hätte.
Video: Kraftklub – Fahr mit mir (4×4) feat. Tokio Hotel
Auf „Kargo“ führen Kraftklub ihren Sound konsequent fort und werden auch weiterhin DIE Stimme ihrer Generation sein. Für die Krisen unserer Zeit finden die Chemnitzer eben jene Worte, die richtig und wichtig sind und spiegeln die Wut und Frustration eben jener Generation auf den Punkt wider, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Geblieben sind Provokation, Sarkasmus und Selbstironie: Wo Kraftklub draufsteht, ist also definitiv auch weiterhin Kraftklub drin. Und das ist auch gut so!
Video: Kraftklub – Teil dieser Band