Lagwagon, Good Riddance und Shoreline in Hannover

Lagwagon am 13. Juni 2022 mit Good Riddance und Shoreline im Kulturzentrum Faust in Hannover
Foto: Hanna Hindemith

Zwei Jahre mussten die Punkrockfans in Hannover auf diesen Tag warten. Am 12. Juni ist es dann soweit: Nach zweimaliger coronabedingter Verschiebung spielen Lagwagon und Good Riddance endlich im Kulturzentrum Faust in Hannover. Als Opener sind kurzfristig Shoreline mit von der Partie, da die ursprünglich geplante Band Make War an diesem Termin verhindert ist und dafür jetzt im August zusammen mit den Descendents an gleicher Ort und Stelle auftritt. Irgendwie ist es dann fast wie früher: Voll, laut und verschwitzt. Ein toller Konzertabend eben, mit drei wirklich guten Bands – ohne Wenn und Aber.

Sehr gut für mein Alter!<span class="su-quote-cite">Joey Cape</span>

Super Start in den Abend

Erst am vergangenen Mittwoch wurden Shoreline als Opener für diesen Abend bestätigt. Doch die Münsteraner, die pünktlich um 19.45 Uhr den Abend eröffnen, haben noch einen schweren Stand. Aufgrund der sommerlichen Temperaturen bleiben viele Besucher:innen noch vor der Tür. Der Spielfreude von Shoreline tut dies aber keinen Abbruch. Denn die Band hat sichtbar Bock und macht von Beginn an Druck auf der Bühne.

Auf die Ohren gibt es melodischen Punkrock mit einigen Hardcoreanleihen. Sänger Hansol ist es wichtig, dennoch einen super Abend zu haben. Und nach Aufforderung kommen die bereits anwesenden Besucher:innen dann auch näher an die Bühne. Songs gibt es unter anderem vom aktuellen Album „Growth“ wie „Konichiwa“, „Disconnected“ oder „White Boys Club“. Bei letzterem geht es um die Intoleranz der Punk- und Hardcoreszene, die ja vor allem weiß geprägt ist. Ein wichtiges Thema! Im Endeffekt ist das ein wirklich gelungener Auftritt der Band aus Münster, der nach knapp 30 Minuten endet. Shoreline haben also schon einmal abgeliefert.

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Wie in den alten Tagen

Nach kurzer Umbaupause geht es weiter mit dem Intro „It´s Tricky“ von Run DMC. Passend dazu entern Good Riddance die Bühne. Sänger Russ Rankin legt noch ein kleines Tänzchen aufs Parkett, dann starten die Kalifornier ihr Set. Und die Setlist hat es wirklich von Beginn an in sich: Die Band spielt eine gute Mischung ihrer gesamten Historie und so werden schon recht früh Songs wie „Letters Home“, „Last Believer“, „Yesterdays Headlines“ oder „One For The Braves“ gespielt. Ansagen gibt es erst einmal nicht, vielmehr nutzt die Band aus Santa Cruz ihre Spielzeit für einen Hit nach dem anderen. Allerdings lässt der Sound ein wenig zu wünschen übrig, was aber der guten Stimmung in der Faust keinen Abbruch tut. Die Amerikaner werden von Beginn an gut abgefeiert. Schließlich wird Hannover einmal kurz begrüßt, wenig später folgt dann noch eine etwas längere Ansage von Russ Rankin, der sich freut, in Hannover zu sein, fragt, ob es den Anwesenden gut geht und ob jeder happy ist, wieder auf einer Show sein zu können? „Es fühlt sich fast wie in den alten Tagen an – Laut und verschwitzt“, so der Sänger weiter.

Danach lassen Good Riddance weiter ihre Melodic Hardcore-Punk-Songs sprechen. Und da folgen noch einige, unter anderem „Edmund Pettus Bridge“, „Half Measures“, „Heresy, Hypocrisy and Revenge“ oder „Mother Superior“. Bei „Shadows Defeat“ werden die Besucher:innen aufgefordert, so laut wie möglich mitzusingen und natürlich folgt man der Aufforderung nur zu gerne. Wenig später wird der erste Crowdsurfer gesichtet, dann ist es nach knapp 35 Minuten mit „Weight Of The World“, „A Credit To His Gender“ und „Libertine“ schon vorbei. Der doch recht kurze Auftritt hätte tatsächlich für den ein oder anderen noch etwas länger sein dürfen. Allerdings haben die Amis mal wieder überzeugt und dürfen hoffentlich bald auch einmal eine komplette Headlinershow in Hannover spielen.

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It´s Good To Be Back

Und dann ist es soweit: Die meisten Anwesenden haben auf Lagwagon gewartet, die gegen 21.45 Uhr nach dem Intro des Films „Warriors“ loslegen. Und Joey Cape und seine Mitstreiter haben einen super Abend erwischt. Voller Spielfreude und sichtlich Lust auf einen tollen Abend präsentieren sich die Amis. Joey begrüßt erst einmal die Besucher:innen, findet es schön, alle zu sehen und zurück zu sein. Und auch die Setlist hat es ins sich und ist sehr gut zusammengestellt. So gibt es zu Beginn unter anderem „After You My Friend“, „Falling Apart“ oder „Weak“ zu hören. Die Stimmung ist prächtig. Gitarrist Chris Flippin und Sänger Joey unterhalten sich immer wieder ein bisschen auf der Bühne und auf die Frage von Chris, wie es Joey geht, antwortet dieser: „Sehr gut für mein Alter“. Die Band ist nicht mehr ganz jung, existiert man schließlich bereits seit 1990! Merken tut man das heute nicht. Ganz im Gegenteil: Unglaublich starker Auftritt von Beginn an, den Lagwagon hier hinlegen.

Und das stellen sie dann mit auch mit den weiteren Songs, wie dem noch recht neuen Song „Bubble“ vom aktuellen 2019er Album „Trailer“, „Confession“, „E Dagger“ oder dem Überhit „Violins“ unter Beweis. Für „E-Dagger“ gibt es dann noch eine große Überraschung: Wie in der Aufnahme gesellt sich niemand Geringeres als Erin Burkett ans Mikrofon, ihres Zeichens Labelinhaberin von Fat Wreck Chords, das sie damals mit ihrem mittlerweile Ex-Ehemann und NOFX-Frontmann Fat Mike gründete. Während Joey Cape den Gastauftritt ankündigt, verrät er bereits mit einem großen Grinsen „dass jemand während seiner Ansage schon ganz schön nervös ist, gleich auf die Bühne zu kommen“. Erin liefert natürlich ab und wird mit viel Applaus belohnt.

Es ist die fünfte oder sechste Show der laufenden Europa-Tour und laut Joey Cape läuft es bisher wirklich gut. Und wenn man die vielen glücklichen aber verschwitzten Gesichter in Hannover sieht, kann man das auch glauben.

Bildergalerie: Lagwagon

Enge Verbundenheit zu Hannover

War es bei Good Riddance nur ein Crowdsurfer, werden es nun immer mehr. Hannover nimmt dieses lang erwartete Konzerterlebnis dankend an und gibt das auch direkt an die Band zurück. Diese antwortet mit weiteren Hits wie „Never Stops“, „Bombs Away“, „Heartbreaking Music“, „Choke“, “Lullaby“ oder “Surviving California”. „To All My Friends” wird dann allen Anwesenden aus Hannover gewidmet, denn schließlich kommen Lagwagon schon lange in die niedersächsische Landeshauptstadt und das Publikum war immer gut zu der Band, wie Joey Cape berichtet. In Hannover entstand vor einigen Jahren an einem Kiosk auch eins der berühmtesten Bandporträts von Lagwagon – aber dies nur am Rande.

„Sleep“ und „Razor Burn“ beenden schließlich den ersten Teil des Konzerts, aber die Band kommt noch einmal zurück. Zu Beginn von „Alien 8“ sitzt Joey Cape alleine mit Akustikgitarre auf der Bühne, bevor der Rest von Lagwagon dazustößt. Dann folgen noch „Making Friends“ und mit dem überragenden „May 16“ der perfekte Rausschmeißer. Nach knapp 90 Minuten ist Schluss. Was für ein tolles Konzert, ein toller Abend, bei dem es sich letztendlich fast schon gelohnt hat, ganze zwei Jahre zu warten.