Pascow und Akne Kid Joe in Hannover

Pascow am 17. April im Kulturzentrum Faust in Hannover
Foto: Frederic Henze

Vor wenigen Wochen haben Pascow mit „Jade“ nicht nur ihr sechstes Studioalbum an den Start gebracht, sondern manifestieren auf der Album-Release-Tour auch ihren Status als begnadete Live-Musiker und Rampensäue. Bei ihrer ausverkauften Show im Kulturzentrum Faust werden sie von der Punkband Akne Kid Joe unterstützt.

„Alles tut weh, aber es war super!“

Die Punk-Entertainer

Die Nürnberger Dilletant-Punkband mit dem malerischen Namen Akne Kid Joe gibt pünktlich den Startschuss zum Warm-Up-Programm. Trotz der geradezu tropischen Temperaturen außerhalb ist die Halle zu Beginn bereits gut gefüllt. „Tausend Dank“ richtet Matti das Wort an die Hannoveraner. „Wir waren schon zwei Mal in Hannover und da waren alle wegen uns da“. „Der nächste Song ist für alle, die aus Berlin kommen. Es ist nämlich ein Techno Song“, ergänzt Gitarristin Sarah. Über mangelndes Entertainment kann sich hier niemand beklagen, denn neben treibenden Melodien und ironischen Texten gibt es auch Wunderkerzen am Gitarrenhals.

Trotz der bisher eher geringen Reichweite von Akne Kid Joe hätten sich Pascow musikalisch keinen passenderen Support für ihre Release-Tour aussuchen können. Diesen Gedanken teilt anscheinend auch die Band, denn Sarah betont: „Der nächste Song, bevor wir uns gänzlich dem Hass widmen, ist ein Liebeslied. Und das widmen wir Pascow! Danke, dass ihr ihr seid und nicht wie die Toten Hosen zum Beispiel“. Bei elektronisch angehauchten, tanzbaren Stücken wie „Südostasien“ oder „Kartoffel“ steigt auch die Bereitschaft des Publikums zur Bewegung. Die dialektfreien Bayern bringen das Publikum mit ihrem authentisch-rotzigen Punk in die perfekte Stimmung für den Hauptact – nämlich in die Nähe des Siedepunkts.

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Eine große Liebe

Pascow und Hannover verbindet schon länger eine besondere Liebe. Denn seit mehr als zehn Jahren spielt sich das Quartett durch sämtliche Konzerthallen der Landeshauptstadt. Und so verwundert es nicht, dass nach ihrem letzten Auftritt im der Glocksee auch die 60er-Jahre-Halle der Faust bereits Monate vorher ausverkauft ist. Nach einem kurzen finalen Soundcheck, den sie Band höchstpersönlich vornimmt, geht der Wahnsinn auch schon los. Mit „Silberblick & Scherenhände“ steigen die Musiker aus Gimbweiler im Saarland in ihr Set ein. Das Publikum pogt, singt und tanzt von der ersten Sekunde an mit, die Stimmung ist perfekt. Das findet auch Sängerin Frau Wolf, die Pascow auf ihrer gesamten Tour begleitet und die weiblichen Gesangsparts übernimmt. Obwohl es sich um eine Album-Release-Tour handelt, finden auch viele ältere Songs, wie „The Weltordnung Is the Fuck“, „Wenn Mila schläft“ oder „Diene der Party“ einen Platz im Set.

Punk geht nicht ohne Politik

„Wir sind drauf und dran eine Saarländerin zur nächsten Bundeskanzlerin zu machen“, kommentiert Sänger Alex den politischen Wahnsinn um Annegret Kramp-Karrenbauer, bevor es mit „Merkeljugend“ weitergeht. Pascow und ihre Songs losgelöst von ihrer politischen Haltung zu betrachten, ist nicht möglich. Und das ist auch gut so, denn was wäre Punk ohne Politik? Auch bei „Kriegerin“ vom neuen Album gibt es eine größere Bedeutung, denn darin werden die kriminellen Machenschaften des Nestlé-Konzerns, der Verkauf von Trinkwasser in den ärmsten Regionen der Welt, angeprangert. Alex hat dafür deutliche Worte: „Ein ganzjähriges Fickt Euch, Nestlé!“

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„Alles tut weh“

„Vor etwa zehn Jahren haben wir noch im Chéz Heinz geschwitzt. Und den Song haben wir da garantiert auch gespielt“, erinnert sich Alex zurück und die Band stimmt „Lauf Forrest, lauf!“ an. Das Publikum ist mittlerweile zu einem nach Bier uns Schweiß riechenden Menschenknäuel verschmolzen. Aber auch auf der Bühne ist die Lage feucht-fröhlich. Als sich Sänger Alex bei „Castle Rock“ selber zum Crowdsurfen hinreißen lässt, kommentiert Swen süffisant: „Sollte ein Geruch von Rum-Fanta in der Luft liegen, hat Alex seinen Mageninhalt ausnahmsweise doch bei sich behalten“.

Nach „Raumanzug“ verlassen die Musiker für einen Augenblick die Bühne. Die Zugabe-Rufe lassen natürlich nicht lange auf sich warten und so geht es nach einer kurzen Unterbrechung mit „Ko Computer“ und „Trampen nach Norden“ auf zum Endspurt. „Passt gut auf Euch auf“, verabschiedet sich Alex vom Hannoveraner Publikum. Der großartige Abend wird von einem verschwitzen Fan treffend zusammengefasst: „Alles tut weh, aber es war super!“