Machen wir uns nichts vor – die letzten Jahre waren keine Guten für die fünf Jungs aus Schweden. Soilwork haben eine ziemlich emotionale Achterbahnfahrt hinter sich gebracht, denn die Truppe blieb vor nichts verschont – ob nun persönlicher Natur, wie durch den Verlust geliebter Menschen oder musikalischer Natur durch unüberbrückbare Differenzen, was den Stil der Band angeht. Das Schicksal meinte es die letzten Jahre nicht gut mit der Band. So wurde es seit der letzten Platte „The Ride Majestic“, zu der die Meinungen sehr weit auseinander gingen, also ab 2016, sehr ruhig um die Schweden. Man brauchte seine Zeit und Ruhe, um sich zu sammeln und die Veränderungen zu verarbeiten.
„Eine Platte, die sich vor Meisterwerken wie „Stabbing the Drama“ und „Figure Number Five“ absolut nicht verstecken muss.“
Soilwork sind gut dafür bekannt Meinungen hart zu spalten
Nachdem man in Bastian Thusgaard, der die Band schon seit einiger Zeit live unterstützte, einen festen neuen Mann am Schlagzeug gefunden hatte, ging es endlich wieder ins Studio. Wer jetzt denkt, dass er hier mit der neuen Platte Melo Death nach „Fahrplan“ bekommt, der irrt sich allerdings gewaltig. Soilwork sind seit gut 20 Jahren dafür bekannt, immer wieder für die eine oder andere Überraschung gut zu sein und Meinungen hart zu spalten. Es gibt da die Einen, die eigentlich nur die „Stabbing the Drama“ Songs kennen und für andere gab es nur ein gutes Album der Truppe – das Erste – und alles danach, kann man in die Tonne kloppen.
Verkligheten heißt nun das neue Werk von Soilwork. Verkligheten ist das Schwedische Wort für Wirklichkeit – und es ist eine Platte, die sich vor den Meisterwerken wie „Stabbing the Drama“ und „Figure Number Five“ absolut nicht verstecken muss. Nachdem das namensgebende Intro rein Instrumental eine düstere, diffuse Stimmung erzeugt, die den Hörer in eine Klangwelt, eine andere Wirklichkeit, entführt und neugierig auf das macht, was da nun kommen mag, geht es mit „Arrival“ weiter, welches nahtlos an das Intro anknüpft und dessen Melodien aufgreift – nur um sie Dir direkt in die Fresse zu schlagen! Was ein energiegeladenes Brett, dass mit treibenden Gitarren und entfesselten Drums gefühlt alles an Wut rauslässt, was sich da über die Jahre angestaut hat.
Die Schweden sind hier deutlich mehr zu ihren Wurzeln zurückgekehrt
Weiter im „Text“ hat man das Gefühl, die Schweden sind hier deutlich mehr zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Auch wenn in „Full Moon Shoals“ oder in „Bleeder Dispoiler“ ganz deutlich Einflüsse von Thrash und Heavy Metal, ja sogar zum Teil sehr groovigen Melodien, zu spüren sind, so sind die Wurzeln des „Sweden Death Metals“ auf dieser Platte sehr viel deutlicher zu spüren, als noch auf dem sehr groovig wirkendem Vorgänger. Das in einem Video angeteaserte „Witan“ hätte auch auf die „Stabbing the Drama“ gepasst. Tragende Melodien, sehr wandelbare Gesangslinien und brachiale Drums preschen unermüdlich nach vorn bis das Ganze in einem finalen Gitarrensolo endet. Bei „Needles and Kin“ gesellt sich Amorphis Sänger Tomi Joutsen zu Sänger Björn „Speed“ Strid und es kommt genau das dabei raus, was man bei so einer Zusammenarbeit erwartet – einen Mix aus dem Besten von beidem. Das Ganze kann man fast schon als Symphonic Metal bezeichnen, so dicht ist der Klangteppich und so episch, heroisch und langgezogen der Refrain.
Man darf gespannt sein, wie die neuen Songs live funktionieren
Mit „Your Aquiver“ gibt es zum krönenden Abschluss der 50 Minuten noch einmal einen Knaller mit absolutem Ohrwurm Faktor – fast hymnische Gruppe Shouts brennen einem den Song schon nach einem Mal hören unwiderruflich in die Gehörgänge. Ein perfekter Abschluss für ein wirklich gut gewordenes, abwechslungsreiches Album. Das einzige Manko der Platte ist der Facettenreichtum, der eine „Liebe auf den ersten Blick“ schwierig macht. Diese Platte ist dazu gemacht, ein wenig länger im Player zu rotieren, sich dabei langsam, Stück für Stück zu entfalten und in den Ohren festzusetzen – dann aber auch richtig! Man darf gespannt sein, wie die neuen Songs dann live funktionieren.