Slime – Hier Und Jetzt

2010 kommt es zum Comeback. Fans und Kritiker sind in heller Aufruhr. Slime gestalten mit ihrer Rückkehr wohl eins der meistdiskutierten Wagnisse der letzten Jahre. Eines jedoch ist offensichtlich: Irgendwas im Staat stinkt gewaltig, wenn die Combo aus Hamburg sich genötigt fühlt zurück auf die Bretter zu kommen, die für Musikverliebte die Welt bedeuten.

Provokative Eisbrecher in einer immer kälter werdenden Gesellschaft

„Ich hätte lieber unrecht und niemals recht gehabt“ beginnt Dirk Joran im Opener „Unsere Lieder“ zu singen. Damit klärt er gleich direkt jegliche Frage zur Rückkehr. Mit „Hier und Jetzt“ schicken Slime zum ersten Mal seit 1994 neue Werke ins Land. Dabei gibt es eine ganze Menge prominente Unterstützung. Rod von den Ärzten, Swiss, Mal Éléve von Irie Révoltés und viele mehr setzen sich für das mehr als ernste Anliegen der Kultband ein.

Slime steht für Straßenkampfhymnen, die politische und gesellschaftliche Themen wenig verblümt umschiffen wie eine Operation am offenen Herzen das blanke Organ. Eine Wucht, die Slime auch 2017 nicht verloren hat. Der provokative Eisbrecher in einer immer kälter werdenden Gesellschaft. Stücke wie „Die Stummen“, „Die Geschichte des Andreas T.“, „Bekenntnis zu einem Paradoxon“, „Für alle Zeit“ oder „Banalität des Bösen“ stürmen die Missstände und mischen energiegeladen auf. Mit „Ich kann die Elbe nicht mehr sehen“ starten Slime ein musikalisches Wagnis und haben wohl eine neue Hamburghymne erschaffen.

Der Funke gewohnten Ärgers

„Hier und Jetzt“ strotzt vor genau diesen Hymnen. Gerade einmal vier Wochen hat es gedauert die 16 Songs einzuspielen. Es geht um neue und alte Nazis, Biedermänner und Brandstifter, Entsolidarisierung in neoliberalen Zeiten und um Gentrifizierung. Aber auch um dieses ekelhafte Mischbild zwischen Individualismus und Narzissmus, der die Medienlandschaft durchzieht.

Slime sind zurück ohne einen Funken ihres gewohnten Ärgers zu verlieren. Keine Band kann wohl so authentisch aus der eigenen Geschichte erzählen wie Slime. Aus der Mitte des Straßen- und Häuserkampfes ins gesetzte Leben außerhalb Hamburgs lehren Slime ihrer Hörerschaft, dass man seine eigene Attitüde weder verlieren noch modifizieren muss. Auch dann nicht, wenn sich die äußeren Umstände ändern.

Dirk „Dicken“ Jora, Michael „Elf“ Mayer, Christian Mevs, Nici und Alex Schwers sind mit ihrem neuen und null antiquiertem Album mitten im Hier und Jetzt aus dem Boden geschossen. Genau dort, wo sie in Zeiten wie diesen mehr als dringend gebraucht werden.