Island hat neben seiner rauen Natur noch einiges mehr zu bieten. Viele einzigartige und inspirierende Bands wie Sigur Rós oder Björk stammen von dieser besonderen Insel im Nordatlantik. So verhält es sich auch mit der Atmospheric-Metal Band Sólstafir. Für ihre europaweite „The Midnight Sun: A Light In The Storm Tour“ zieht es die Isländer in ungewöhnliche Locations, wie den Bremer Schlachthof. Begleitet werden sie dabei von einem Pianisten und einem Streicher-Quartett.
„Was Sólstafir dem Bremer Publikum darbieten, ist ohne Frage großes Kino.“
Aller Anfang ist schwer
Im alten Schlachthofgebäude ziehen sich die Sitzreihen und Balkone bis knapp unter die hohe Decke. Die seitlichen Ränge und Stehplätze vor der Bühne sind gut gefüllt, als das Konzert ungewöhnlich beginnt – nämlich mit einer technischen Panne. Anstatt wie geplant ein Video auf die Leinwand zu projizieren, ist ein Desktop samt Windows Fehlermeldung zu sehen. Das löst erst mal allgemeines Gelächter aus. Doch schließlich erklingt die Auftaktmusik und die Isländer entern unter großem Jubel die Bühne. Begleitet werden Aðalbjörn, Sæþór, Svavar und Halldór noch von einem Pianisten und vier Streicherinnen. Was dabei herauskommt, ist ein unglaublich klarer, nuancierter Sound. Die Musiker verstehen es, ihren Klangteppich immer weiter zu verdichten, bis er fast ohrenbetäubend, aber immer noch sphärisch und atemberaubend schön ist.
Bildergalerie: Sólstafir
Die Vertonung Islands
Wortkarg ist das Quartett aus Reykjavik wirklich, schlimmer noch als es den Norddeutschen nachgesagt wird. Ein episches Stück nach dem nächsten wird hier in die Saiten gehauen, wobei der instrumentale Anteil deutlich überwiegt. Mit „Dýrafjörður“ aus dem zuletzt erschienen Album „Berdreyminn“ ändert sich das zum ersten Mal und bei „Hula“ gibt es sogar eine etwas unbeholfene Tanzeinlage. Erst für „Miðaftann“ entschließt sich die Computertechnik zur Kooperation und hinter den Musikern ist mittels Projektion zu sehen, was ihre Musik ohnehin verkörpert: Die unbändige Natur Islands. Karge Landschaften, tiefe Fjorde, bizarre Vulkanwelten und schwarze Strände. Was Sólstafir dem Bremer Publikum darbieten, ist ohne Frage großes Kino. Und genau wie bei Streifen mit Überlänge wird auch hier eine Pause eingelegt. Damit sich die Besucher in der Zwischenzeit nicht langweilen, läuft ein Ausschnitt eines landestypischen Abenteuerfilms mit englischem Untertitel. Mit Beginn des zweiten Konzertteils steht für ein Stück sogar das Streicherinnen-Quartett im Rampenlicht, bevor die Hardrock-Veteranen an ihre Instrumente zurückkehren.
Von großen Emotionen
Nach dem in epischer Länge vorgetragenen „Hvít Sæng“ spricht Frontmann Aðalbjörn zum ersten Mal mit dem Publikum und die Worte fallen ihm sichtlich schwer: „In 2007 we wrote a song about a friend of us, who took his own live. A great man with a beautiful smile, but he was fighting darkness and addiction. In December 2007 he couldn‘t take it anymore. Some of you are fighting with depression, too. Keep on! If you know someone or are the one fighting with it, this song is truly for you. This is „Necrologue““. So offen über dieses Thema zu sprechen erfordert viel Mut und zeigt, wo Sólstafirs Texte ihren Ursprung haben. Nach einer langen und wunderschönen Version von „Fjara“ brandet minutenlanger Applaus auf. Ohne die Bühne zu verlassen und sich für weitere Zugaben nach draußen bitten zu lassen, geht es diesmal nahtlos weiter. „This one is romantic, it‘s „Goddess Of The Ages““, verkündet Aðalbjörn zum Abschluss. „Thank you so much!“