Underoath- Erase Me

Eine der wohl wichtigsten Bands der Metal- und Posthardcore-Szene der Jahrtausendwende ist zurück: Underoath! Das hätte wahrscheinlich keiner mehr für möglich gehalten, die Band selbst wohl am allerwenigsten. Nach ihrer endgültigen Auflösung 2013 und des vorherigen Ausstiegs von Drummer Aaron Gillespie, dachte so gut wie jeder, dass Underoath ad acta gelegt wurde.

2015 veröffentlichte die Band dann auf Ihrem YouTube-Kanal ein kryptisches Video mit dem Titel „Rebirth“ (Fun-Fact: Wenn man die Audiospur des Videos rückwärts abspielte, war der Chorus des Songs „It’s Dangerous Business Walking Out Your Front Door“ zu hören) und verzückte damit die komplette Fangemeinde. Die gesamte Band raufte sich wieder zusammen und wirkte ordentlich hungrig darauf, erneut gemeinsam Musik zu machen. Alte Liebe rostet halt doch nicht. Erst einmal ging es allerdings auf eine Tour, die es in sich hatte.

„Als ob sie sich nie aufgelöst hätten“

Mit den Alben „They’re Only Chasing Safety“ und „Define The Grand Line“ haben die Herren aus Tampa, Florida wahre Meilensteine des Genres geschaffen. Diese spielten sie im Rahmen ihrer „Rebirth-Tour“ von vorne nach hinten in vielen Städten in Gänze. Nebenher wurde still und heimlich am neuen Album gewerkelt. Zwischendurch verließ den einen oder anderen bestimmt schon die Hoffnung, dass tatsächlich neues Material von Underoath kommt, da irgendwie rein gar nichts über die Arbeit an neuen Songs durchsickerte. Zum Glück hatte aber die Ungewissheit am 20. Februar diesen Jahres ein Ende. Das neue Werk „Erase Me“ wurde von der Band samt Vorabsingle „On My Teeth“ angekündigt.

„On My Teeth“ ließ es bei Veröffentlichung ordentlich krachen und man fühlte sich direkt wieder in die Ära von „Define The Grand Line“ und „Lost In The Sound Of Separation“ zurückversetzt. Aaron Gillespies unnachahmliches und druckvolles Drumming gepaart mit Spencer Chamberlains aggressiven Screams hinterlassen sofort den Eindruck, als ob sich Underoath nie aufgelöst hätten.

Ein wahres Schmankerl, was uns im Vorfeld als Appetithäppchen vorgelegt wurde. Bei der zweiten Vorabsingle „Rapture“ waren die Reaktionen doch eher verhalten. Der Song kommt sehr radiotauglich daher und hat wahrscheinlich bei vielen Leuten beim ersten Hören überhaupt nicht gezündet. Aber gibt man den Song eine Chance und lässt ihn ein wenig auf sich wirken, wird schnell klar, warum Underoath grade diesen Song als zweite Vorabveröffentlichung gewählt haben: Er ist einfach großartig. Der Song nistet sich ziemlich hartnäckig in die Gehörgänge ein. Bei bei jedem Durchlauf weiß er mehr und mehr zu gefallen. Kann der Rest des Albums da mithalten?

„Die konsequente Weiterentwicklung“

Mit „It Has To Start Somewhere“ beginnt „Erase Me“ furios und druckvoll. Underoath beweisen, wie auch schon bei „On My Teeth“, das sie nichts von ihrer Härte und Aggressivität eingebüßt haben. Mit ordentlich Wumms haben die Herren hier einen sehr guten Opener für ihr neues Werk kreiert. Beim weiteren Hören des Albums wird schnell deutlich, dass Underoath genau da weitermachen, wo sie mit „Lost In The Sound Of Separation“ und „Ø (Disambiguation)“ aufgehört haben. Postapokalyptische Soundwände, mal mehr, mal weniger aggressiv, treffen auf nackte und ehrliche Lyrics, die man jeder Stelle des Albums bedenkenlos den Herren Chamberlain und Gillespie abkauft. Der Fokus auf „Erase Me“ liegt hier vor allem auf elektronische Spielereien und dem sehr effektiv in Szene gesetzten Keyboardspiel von Christopher Dudley. Grade bei den Songs „Bloodlust“ und dem recht experimentellen „No Frame“ kommen die Keys richtig gut zur Geltung und machen so die Songs erst so richtig gut.

Underoath schaffen es, auf Ihrem neuen Album genau die richtige Mischung zwischen härteren und „radiofreundlicheren“ Songs zu schaffen, ohne, dass es dabei zu sehr in eine Richtung abdriftet. So bekommen alteingesessene Fans mit wie z. B. „Sink With You“ oder „In Motion“ Songs um die Ohren gehauen, die man auch locker auf „Define The Grand Line“ oder anderen älteren Werken hätte finden können. Aber es gibt auch Songs, wie das schon erwähnte „Bloodlust“ oder die schon fast „R’n’B-mäßig“ anmutende Nummer „Wake Me“, von denen man nie dachte, dass Underoath überhaupt auf die Idee kommen würde, solche Songs zu veröffentlichen. Haben sie aber und das ist auch gut so.

„Eine qualitativ hochwertige Mischung“

Mal Hand aufs Herz: Wäre ein Album ähnlich wie „They’re Only Chasing Safety“ oder „Define The Grand Line“ genauso eingeschlagen wie damals besagte Alben aus 2004 oder 2006? Mit Sicherheit nicht. Was man definitiv sagen kann: „Erase Me“ ist wirklich eine großartige Platte geworden. Auch wenn einige Songs erst beim zweiten oder dritten Durchlauf so richtig zünden, ist die Qualität der Songs letztlich ziemlich hoch.

Wo wir grad bei Qualität sind: Der letzte Song des Albums „I Gave Up“ ist verdammt großes Kino. Wenn Spencer Chamberlain voller Schmerz die Zeilen „I gave up. Somebody help me.“ untermalt von einer grandiosen Melodie (erneut Daumen hoch für Christopher Dudley) singt, ist Gänsehaut am ganzen Körper vorprogrammiert. Einen besseren Song zum Abschluss eines großartigen Albums hätte sich die Band nicht aussuchen können. Underoath sind zurück und das im ganz großen Stil! Riskiert ruhig ein Ohr. Ihr werdet es nicht bereuen.

Video: Underoath – Rapture

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