You Me At Six, Big Spring und Hot Milk in Hamburg

You Me At Six am 18. Januar 2019 live im Gruenspan in Hamburg
Foto: Sarah Fass

Es ist ein kalter Freitagabend in Hamburg. Auf der Großen Freiheit steht ein buntgemischtes Publikum seit mehreren Stunden in einer Schlange, um eine Stunde später in das Gruenspan gelassen zu werden und eine schöne Zeit mit You Me At Six und deren Supports – Big Spring und Hot Milk – zu erleben. Die ersten Wartenden heizen sich schon ein wenig ein, mit lauter Musik und ein wenig Gesang schminken sie sich ihre Gesichter mit Glitzerfarben. Um 19.00 Uhr gehen die Türen der Konzerthalle auf und die Leute gehen aus dem kalten Nachtwind in eine wohlig warme Atmosphäre.

 

„For the next hours it’s our job to make sure you have a good time!“

„Let’s see some hands!“

Um 19.45 Uhr wird dann die Musik leiser und zu einem melodischem Intro in blauem Licht kommt die erste Band, Hot Milk, auf die Bühne. Die Stimmung im Saal ist nicht mehr so ausgelassen wie vor dem Einlass und die Band hat Mühe, die wartende Menge aufzuheizen. Mit ihrem poppigen Sound und der Sängerin Han Mee, erinnern sie stark an Paramore.
Immer wieder versucht sie die Besucher anzusprechen und zum Klatschen zu animieren. „Let’s see some hands!“, lässt es sich von oben vernehmen, was langsam Wirkung zeigt. Bei dem dritten Song ist es dann auch fast geschafft: Angekündigt durch eine Erklärung über die Bedeutung des Songs und einer erneuten Aufforderung zu klatschen, kommt das Grünspan in Laune.

Der Gitarrist gesellt sich zum Publikum an den Rand der Bühne, während andere Bandmitglieder immer wieder zu ihren eigenen Liedern im Takt hüpfen und sich drehen. Die Band hat sichtlich Spaß dabei, auf der Bühne zu stehen. Der Saal füllt sich alle paar Minuten mehr mit musikenthusiastischen Menschen, die teilweise erstaunt auf das Quintett auf der Bühne schauen. Die Band aus Manchester ist das erste mal in Hamburg und bedankt sich für die Zeit die mit ihren verbracht wurde. „Thank you for the very warm reception“, kommt es mit einem glücklichen Lächeln an die Zuschauer gerichtet.

„Are you still with us?“

Big Spring aus Brighton betreten die, nur von zwei Scheinwerfern beleuchtete, Bühne.
Während der Bassist sich dem vorherrschenden Klima in der Halle angeschlossen hat und lieber oberkörperfrei das Instrument schwingt, kommt Sänger Ollie Loring in einem beigen Fake-Pelzmantel auf das Parkett. „Are you still with us?“ grüßen sie die Konzertbesucher.

Mit melancholischen Klängen und einigen härteren Gitarrenriffs startet das Quartett in den Abend. Auch diese Band wird vom Publikum erst einmal kritisch beäugt, bevor der ein oder andere dann doch im Takt mitwippt oder den Kopf hoch und runter bewegt. Es ist klar zu sagen, das Big Spring mit ihrem Alternative-/Grunge Rock musikalisch sehr unterschiedlich von der Vorband und dem darauf folgenden Headliner sind. „Slappy“, der Song mit dem das Programm eröffnet wird, erinnert musikalisch ein wenig an frühere Foo Fighters Werke.

„Fuck yeah – you guys are sick!“

Der Sänger stellt die Band vor und erkundigt sich, wie es Hamburg denn geht, während er dabei ist, sich von seinem Pelzmantel zu trennen. Die Frage, wie man es in einem solchen Mantel bei 30 Grad auf der Bühne überhaupt aushält, steht im Raum. Das Set dauert dabei bereits 15 Minuten energische Gitarrenklänge.

Jetzt in einem langärmligen roten Hemd gekleidet kündigt Ollie das nächste Lied an, um dann die Reise durch die verschiedenen Töne weiter anzutreten. Die Lieder der Band sind jetzt etwas gedrückter, doch ebenso kraftvoll und mit Stimmenverzerreffekten bringt man kleinere Bonbons in den Text ein. Einzelne Personen klatschen im Takt mit und versuchen den Rest anzustecken. „Fuck yeah – you guys are sick!“ lobt Ollie. Zuletzt verlässt er die Bühne für einen Moment und gesellt sich zur ersten Reihe dazu, um dann das vorletzte Lied „Buzzard Leave The Bones“ mit der Menge zu feiern.

Ein bunter Mix aus neuen und alten Songs

Um 21.30 Uhr heißt es dann die Bühne frei für You Me at Six. Was sofort auffällt ist, dass die Band aus Weybridge die aufwändige Produktion, die sie in Großbritannien auffuhren, auch dort gelassen haben. Bis auf ein Banner, das das aktuelle Albumcover zeigt, ist auf der Bühne nichts zu sehen. Die Anfangsklänge von „Fast Forward“ vom aktuellen Album „VI“ fangen an und die Menge klatscht im Takt mit. Wer genug Platz hat, nimmt sich einen Partner und schwingt das Tanzbein im Discofox. Die Scheinwerfer bewegen sich im Takt, den Dan Flint mit seinem Schlagzeug vorgibt und geben den Liedern so eine flippige Note.

Auch ein Abstecher auf den Balkon beweist, dass die Partystimmung definitiv auch im letzten Winkel angekommen ist. Das Publikum singt mit und klatscht, als Sänger Josh Franceschi dazu auffordert. Die Setlist ist ein bunter Mix aus neuen und alten Liedern. Viel reden tun die Engländer anfangs nicht, das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Während die Band spielt, lässt Josh eine Weile vom Singen ab und testet die Stimmbänder der rund 950 begeisterten Fans im ausverkauften Gruenspan.

„I feel a little bit… „Reckless“!“

„I feel a little bit… „Reckless“!“ beantwortet Josh die Frage nach dem nun kommenden Titel vom Album „Sinners never Sleep“. Begleitet wird „Reckless“ von einem Medley aus „When You Were Young“ von The Killers. Nachdem Das Publikum vom Sänger kurz begrüßt und das Wohlergehen der Menge abgefragt wurde, wird „Loverboy“ angestoßen. Die mitsingbaren „na na“’s und „da da“s lässt man aus, gesungen werden sie vom Publikum trotzdem.

Da die Tour zur Unterstützung und Promotion des neuen und sechsten Albums „VI“ gespielt wird, hört man dementsprechend viele Lieder aus eben jenem. Das Lied „Back Again“ wird gespielt und aus dem Konzert ist vollständig eine Tanzveranstaltung mit Liveband geworden. „Do you have a good night? For the next hours it’s our job to make sure you have a good fucking time“, lässt Josh verlauten. Die bunt gemischte Menge bejaht die Frage mit tosendem Applaus und Rufen.

Der Großteil des Publikums ist vom Alter her Mitte zwanzig bis Mitte 30, genau wie die Band selbst. Aber auch ein paar ältere Gesichter sieht man unter den Fans. Die obligatorischen Elternteile, die an der Theke im hintersten Raum auf das Ende der Veranstaltung und die überglücklichen Töchter warten, die man früher bei You Me At Six erwartet hätte, glänzen durch Abwesenheit. Das Set ist bepackt mit 14 Liedern aus sechs Alben. Die Halbzeit wird durch „Fresh Start Fever“ eingeläutet. Mit „Give“ und „Take On The World“ hat man ein paar ruhige Lieder eingebaut, bei denen, wie schon bei der Vorband, die Handyleuchten hochgehoben und geschwungen werden. Während „Take on the World“ ist es so ruhig, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Manch‘ einer verdrückt eine Träne und greift zum Taschentuch.

„I want to hear you scream „You Me At Six“ on repeat!“

Mit 950 Leuten im Raum auf zwei Ebenen verteilt gilt das Konzert als ausverkauft und das fällt grade dann am meisten auf, wenn es mal wieder Zeit ist, aus voller Kehle der Band seine eigenen Songtexte zurück zu singen. So wie es bei „Bite my Tongue“ passiert. Das Lied ist ein Publikumsliebling, auch wenn der gefeaturte Sänger, Oliver Sykes von Bring Me The Horizon, natürlich nicht anwesend sein kann, wird er durch die singende Meute würdig vertreten.

Um 22.30 Uhr verabschiedet sich die Band von der Bühne aber nicht bevor Josh den erstaunten Zuschauern erklärt, was eine Zugabe ist und wie man diese hervorruft. „I want to hear you scream „You Me At Six“ on repeat!“, fordert er… natürlich nur ein freundlicher Hinweis. Das Quintett verlässt gemeinsam die Bühne und das Publikum fängt an eine Mischung aus „one more Song“ und dem Namen der Band zu schreien, sodass die fünf nacheinander wieder auf das Parkett kommen und zum letzten Akt antreten.

„One more Song!“

Die Zugabe besteht aus vier Liedern und jedes einzelne ist von einem anderen Album.
Die erste Zugabe ist „Room To Breathe“ und auch die kleine Unterbrechung und der Verspieler der Band tut der Stimmung keinen Abbruch. Mit dem zweiten Lied der Zugabe „No One Does it Better“ werden nochmal ruhige, melancholische Töne angeschlagen und die Menge singt unterstützend mit. Nach dem kurzen Abstecher in die ruhigeren Lieder, kommt dann „Straight to My Head“ – das aktuellste Lied, welches die Band vor kurzem per Video auf ihrer Facebookseite veröffentlichte. Das letzte Lied des Abends ist auch gleichzeitig das älteste Lied der gesamten Setlist. Die Schlagzeughiebe und die rockigen Gitarrenklänge läuten mit „Underdog“ vom 2009 erschienenen Album „Hold Me Down“ das Ende des Abends ein.

Während Band und Fans noch einmal Gas geben, geht der ein oder andere schon seine Jacke holen, um der späteren Schlange an der Garderobe auszuweichen. Josh singt auf der Bühne seinen letzten Ton, bedankt sich bei den Fans und verlässt die Bühne. Einzelne Fans fragen die Mitglieder noch noch Plektren und Setlists während der Großteil sich auf den Weg Richtung Ausgang macht und auf ein erfolgreiches Konzert mit einem guten Start ins Konzertjahr 2019 zurückblicken kann.

You Me At Six

Big Spring

Hot Milk