Montage waren in Hannover einmal vor einigen Jahren die heimlichen Freitage, wenn es um Konzerte ging. Einige Clubs konnten Montage alle möglichen Bands spielen lassen, es war immer mehr als nur gut besucht. Mittlerweile funktionieren Montage für Konzerte eigentlich gar nicht mehr. Anders am 10. März, an dem Matze Rossi im Lux in Hannover gastiert. Denn der Laden ist unglaublich gut besucht und so lohnt sich auch dieser Montagabend für die Künstler. Als Support ist Lucas Rieger mit von der Partie.
Wenn der Montag zum Freitag wird
Wie im Lux üblich startet auch Lucas Rieger, Lucas mit „c“, pünktlich um 20 Uhr. Der Laden ist auch jetzt schon gut voll, am Ende sind es circa 130 Besucher*innen. Rieger spielt dabei Gitarre und wird von Samples vom Band unterstützt. Der Singer-Songwriter startet flott mit Songs wie „Kein Test“ oder „Gewinner beim Weitwurf“. Er hat laut eigener Aussage vor 14 Jahren das letzte Mal zusammen mit Matze Rossi gespielt, zeigt sich sehr begeistert von den vielen Leuten und der tollen Atmosphäre und freut sich, dass alle so frisch aussehen und das an einem Montag. Eigentlich sie dies ja wie ein Freitag, oder Montag der bessere Freitag? Die Lacher hat er schnell auf seiner Seite. Auch musikalisch kann er hier und da punkten und einige neue Fans gewinnen. Weiter geht es mit „Teppich unter mir“, ein Lied, was die schöne alte Videotheken-Zeit besingt, sowie „Die bemalte Wand“ oder „Vielleicht irgendwann“. Lucas hat sichtlich Freude an diesem Abend, der dann aber nach knapp 35 Minuten mit „Du und ich im Wasteland“ und „Bevor wir auseinandergehen“ ein Ende findet.
Völlig im Arsch
Das Gute an musikalischen Abenden mit Singer-Songwritern ist unter anderem, dass die Umbaupausen recht kurz gehalten werden. Denn um 20:50 Uhr startet dann bereits Matze Rossi mit seinem Set. Und von Beginn an ist Stimmung im Lux. Matze reißt mit und das zu recht. Denn seine Lieder, die einen starken persönlichen Charakter haben und auch mal sehr traurig und melancholisch werden können, ziehen den Hörer in ihren Bann. Matze Rossi ist direkt gerührt von so viel Zuspruch und startet mit „Gitarre, Stift, Papier“ vom gerade neu veröffentlichten Album „Wunder.Punkt“. Matze findet es wunderschön und macht weiter mit „Askaban“ und „Sturm im Wasserglas“, bei dem man auch in Hannover lauthals mitsingt und das obwohl Matze gehört haben will, die Leute in Hannover würden nicht so gerne singen. Aber wie schon sein Sohn sagt, ist dies ein Song bei dem man einfach mitsingen muss und das macht man dann selbst in der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Überhaupt wechseln sich die Songs mit kleinen Geschichten ab, die den Akustik-Punk des Schweinfurters abrunden, die Storys hinter den Liedern erklären und so liebenswert machen. So ist Matze Rossi mittlerweile schon am 11. Abend auf Tour und laut eigener Aussage sei er schon jetzt völlig im Arsch, er werde eben alt. Dabei sei es immer genau das gewesen, was er schon als Kind machen wollte, Musik machen und touren. Und so spielte er schon 1992 sein erstes Punkkonzert. Gerade auch daher ist er so begeistert und dankbar, dass an einem Montag soviel Menschen ins Lux gekommen sind. „Das ist einfach krass“, so Matze Rossi.
Einmal klingen wie Chuck Ragan
Der nächste Song trägt den Titel „Was zu Hölle stimmt nicht mit mir“ und soll dabei helfen, die vielen Dingen des Alltags, die wir zu bewerkstelligen haben, zu verarbeiten. Als Nächstes folgt „Du weißt immer wie spät es ist“, ein Lied über Hunde, ein Song übers streicheln, fressen und spazieren gehen, ein Song der auch und insbesondere den Zusammenhalt beschwört, auch wenn es hier primär um Tiere geht. Überhaupt müsse man, besonders in diesen Zeiten, zusammenhalten, mehr aufeinander achten und solidarisch sein, so Matze Rossi. Weiter geht es mit „Hundeleben“, „Glücklichste Mensch“, dem starken „Kein Zweifeln und Bedauern“ und „Das vertraute Kribbeln in meinen Händen“. Als Nächstes setzt sich der Franke ans Klavier, denn dieses hat er auf der Tour dabei, genau wie zahlreiche Gitarren, die hier und da einsetzt. „Schwimmen“ und „Mein Verstand“ als Piano-Version sind die Folge. Die Sache mit dem Klavier bedeutet aber, dass Matze es auch jeden Tag ein und ausladen muss, „Ich hoffe, ich nehme dadurch ab,“ so der Musiker mit einem Lächeln. Überhaupt sei die Tour etwas gefährdet gewesen, da er sich erkältet hatte und ein befreundeter Arzt nach dem vierten Tag meinte, er müsste abbrechen, sonst würde er dauerhaft klingen wie Chuck Ragan, da war dann die Entscheidung gefallen. Und nun sei er hier.
Und so setzt sich dieser tolle Abend fort, mit witzigen Anekdoten sowie Geschichten über das Leben, die Liebe und den Tod. Mit tollen Songs, wie „Ich denke so oft an dich“, mit dem Matze den Tod seines Freundes Wauz vor 12 Jahren verarbeitet und mit dem er seinem Freund ein Denkmal setzt, sodass dieser niemals in Vergessenheit gerät. Ein Lied mit Kloß im Hals-Chrakter, das unglaublich bewegt. Weiter geht es mit „Herz einer herzlosen Welt“ und dem neuen Song „Rotweinflaschenlänge“, welches mit Tobias, dem Sänger der Wohlstandskinder entstand. Im Übrigen will Matze dann auch auf Zugaben verzichten, denn das sei etwas für Rockstars und das sei er ganz sicher nicht. Daher spielt er einfach noch einige Songs wie „Vögel fliegen Himmelwärts“ oder das traurige aber bockstarke „Wenn ich mal“, dass Rossi ziemlich oft auch auf Beerdigungen spielt. Dieser Abend hat im Endeffekt so viel zu bieten, ist traurig, lustig, mitreißend in einem und Hannover ist voll dabei. Ein tolles Konzert, das schließlich mit „Best Friends“ und dem obligatorischen Besuch im Publikum und viel gemeinsamen und lautstarken Singen nach 100 Minuten Spielzeit sein Ende findet. Toll, einfach nur toll. Matze Rossi, sympathischer und einfühlsamer Musiker mit Herz hat komplett abgeliefert und kommt hoffentlich bald wieder.