Parkway Drive – Viva The Underdogs

Braucht man ein Live-Album? Sicher eine Frage, über die sich die Geister scheiden. Zum 17. Bandgeburtstag jedenfalls veröffentlichen Parkway Drive ein solches. „Viva The Underdogs“ enthält Live-Aufnahmen vom Wacken Open Air 2019, wo die Band erstmals als Headliner (und eine der größten Shows ihrer bisherigen Karriere) spielte. Außerdem ist das Album der Soundtrack zu der gleichnamigen Dokumentation, die am 22. Januar weltweit in Kinos zu sehen war. Zu guter Letzt finden sich auch drei deutsche Versionen bekannter Parkway Drive-Songs auf dem Longplayer, aber dazu später mehr.

„Man kann Winstons Gesicht bei seinen Ansagen zwar nicht hören, den riesigen Pit bei „Karma“ nicht sehen und die Pyrotechnik durch gelegentliches Rauschen nur erahnen, aber eine Vorstellung erhält man doch.“

Live-Stimmung für zuhause

Eröffnet wird „Viva The Underdogs“, ebenso wie die Sets der letzten Tour, mit „Prey“ vom aktuellen Studioalbum „Reverence“ (Albumreview). Im Gegensatz zu den Konzerten hat man hier auf das Intro „Wishing Wells“ verzichtet, das im Rahmen der Tour auch eher visuell für Spannung gesorgt hat. Generell lässt sich vorab sagen: Wer im vergangenen Jahr eine „Reverence“-Show besucht hat, der weiß ungefähr, wie die Tracklist dieses Albums aussieht. Wer das nicht hat, der bekommt zumindest akustisch einen guten Einblick in die Live-Welt von Parkway Drive.

Das geschieht in insgesamt elf Aufnahmen, die großteils aus Titeln von den beiden jüngsten Alben bestehen. Doch natürlich fehlen auch altbewährte Konzert-Klassiker wie „Carrion“, „Karma“, „Idols And Anchors“ und „Wild Eyes“ nicht in der Sammlung. Die Songs sind allesamt wunderbar aufgenommen und laden dazu ein, die Boxen aufzudrehen und ein bisschen Live-Stimmung ins Wohnzimmer zu lassen. Die kommt gerade bei Parkway Drive gut rüber, da die Band nicht den Anspruch hat ihre Songs live wie im Studio klingen zu lassen, sondern ihre Lieder gerne für das Publikum neu interpretiert und die Vorzüge eines textsicheren „Chors“ zu schätzen weiß.

Australische Surfer und die Bühnen der Welt

So begrüßt Sänger Winston McCall Besucher und Hörer bereits nach „Prey“ mit einem begeisterten „Guten Abend! We’re Parkway Drive. Holy shit!“ und kommt auch bei „Carrion“ hörbar nicht aus dem Staunen raus. Dabei haben die Australier bereits seit einer Weile Rang und Namen im Bereich Metalcore und man möchte meinen, dass sie sich dieser Position auch bewusst wären. Was wohl sein mag, doch hört man immer wieder die Begeisterung und Dankbarkeit raus und manchmal scheint es, als würden noch immer die Underdogs von vor 10, 15 Jahren vor dem riesigen Publikum des Wacken Open Air stehen. Entsprechend treffend ist der Titel des Albums, denn wer hätte schon gedacht, dass ein paar australische Surfer, die sich selbst managen, die Bühnen dieser Welt erobern würden?

Darum dreht sich auch der Titel „Dedicated“, der entsprechend seinen Platz auf „Viva The Underdogs“ gefunden hat. Der Publikums-Chor bei „Wild Eyes“ sorgt sicher bei dem einen oder anderen für einen Gänsehaut-Moment, der einen tatsächlich zu einem Konzert dieser Band zurückkatapultiert. „One big fucking family!“ betont auch Winston McCall. Übrigens (sollte das noch jemandem unbekannt gewesen sein): Aus „Wild Eyes“ stammt die all zu berühmte Zeile, die die aktuellen Plakate und Banner der Band ziert.

„Parkway Drive haben es über die Jahre gemeistert sich immer wieder neu zu erfinden und Live-Shows zusammen zu stellen, die auch wiederholte Besucher abholen und staunen lassen.“

Das große Finale und „Schattenboxen“

Nach „Chronos“ mitsamt ausführlichem Gitarrensolo endet auch der Live-Teil des Albums stilecht mit den Songs „Crushed“ und „Bottom Feeder“, die seit „Ire“ bei den meisten Konzerten als Zugaben den Schluss markieren. Ab hier wird es, nun ja, gewöhnungsbedürftig. Die Lieder „Vice Grip“, „The Void“ und „Shadow Boxing“ haben mit „Würgegriff“, „Die Leere“ und „Schattenboxen“ deutsche Titel erhalten, die mit viel Herzblut übersetzt wurden. Die Idee, sich für all die Chöre, die auf englisch mitgesungen haben, erkenntlich zu zeigen, ist eigentlich wirklich nett.

„Die Leere“ gab es bereits vorab zu hören und die Meinungen gingen weit auseinander und auch mir fällt es nicht leicht, die Songs einzuordnen. Man muss sagen, dass sie in jedem Fall gut gemacht sind. Die Übersetzungen passen, auch wenn sich zwecks Melodie künstlerische Freiheiten genommen wurden und es ist definitiv interessant, Winston McCall deutsch singen zu hören. „Schattenboxen“ ist tatsächlich nur zur Hälfte auf deutsch und enthält Gastparts des Rappers Casper, dessen Stimme sich in diesem Kontext wirklich wahnsinnig gut macht. Ob man die Mischung aus Sprachen mag, ist wieder Geschmackssache.

Braucht man ein Live-Album?

Am Ende kann man über Parkway Drive sagen, was immer man möchte. Ja, die Band klingt anders, als bei ihrem ersten Album und macht letztendlich trotz ihrer Größe was immer sie will. Das passt nicht jedem. Auch passt es nicht jedem, wenn eine Band live anders klingt als auf Platte und umgekehrt. Parkway Drive haben es über die Jahre gemeistert sich immer wieder neu zu erfinden und Live-Shows zusammen zu stellen, die auch wiederholte Besucher abholen und staunen lassen. Man kann Winstons Gesicht bei seinen Ansagen zwar nicht hören, den riesigen Pit bei „Karma“ nicht sehen und die Pyrotechnik durch gelegentliches Rauschen nur erahnen, aber eine Vorstellung erhält man doch.

Um also auf die Frage vom Anfang zurück zu kommen: Braucht man ein Live-Album? Vor ein paar Tagen hätte ich das verneint. Doch ist es wahnsinnig faszinierend, was sich alles aus einem solchen Album machen lässt und wie eindrucksvoll ein Chor aus Konzertbesuchern selbst ohne Bild sein kann. Außerdem könnte das Timing nicht besser sein: Zur Zeit fällt alles aus, einschließlich der für den nächsten Monat angesetzten Parkway Drive-Tour. Da ist es doch schön, sich wenigstens gedanklich auf ein Konzert begeben zu können und dafür hat die Band eine wirklich gute Grundlage geschaffen (auch wenn ich persönlich auf die deutschen Songs verzichten könnte). In diesem Sinne: Viva The Underdogs!

Video: Parkway Drive – Wild Eyes (Live)

Hier erhältlich
Parkway Drive – Viva The Underdogs
Release: 27. März 2020
Label: Epitaph
Sarah

Nachdem mit Power und Symphonic Metal alles anfing, entdeckte Sarah auch ihre Liebe zu Metalcore und Post-Hardcore. Mittlerweile hört sie sich quer durch alle Genre (außer Schlager) - je nachdem, wie gerade die Stimmung ist. Bands wie Parkway Drive, The Amity Affliction, Hollywood Undead und Being As An Ocean, aber auch In Flames und Avantasia bleiben dabei ewige Favoriten. Wenn sie nicht gerade mit ihrer Kamera auf Konzerten unterwegs ist, findet man sie irgendwo inmitten von Pflanzen bei dem Versuch, doch noch einen grünen Daumen zu bekommen.

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Veröffentlicht von
Sarah

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