Booze Cruise Festival Hamburg – Der erste Tag

Foto: Florian Nielsen

Wie jedes Jahr ist es nicht leicht, die richtigen Worte für dieses großartige Wochenende zu finden – darüber nachzudenken, ob das am Spirit dieser Veranstaltung und/oder der ein oder anderen gefüllten Ananas mit köstlichem Mischgetränken aus Rum/Whisky, Ananassaft (natürlich!), Kokoswasser und vielen weiteren geheimen Zutaten, dem einen oder anderen Molotow und 35 Grad im Schatten liegt, bleibt jedem selbst überlassen. Das Booze Cruise Festival in Hamburg, im bekannten Stadtteil St. Pauli, konnte in diesem Jahr endlich wieder in Persona stattfinden und hielt so einige Highlights bereit.

Foto: Florian Nielsen

9 Euro für ein „Holy guacamoly!“

Die Anfahrt mit dem 9-Euro-Ticket ist, wie zu erwarten, ein anstrengender Start in den Freitag. Es ist heiß, die Züge überproportional voll und auch das eigene Smartphone läuft, während man sich durch Rucksacktourist:innen jeglicher Couleur quetscht, ob der Absprachen zu Treffpunkten und Zugverspätungsfrustbekundungen, heiß. Während Maria noch die leidigen Planungsprobleme der Deutschen Bahn erträgt, bekommt Louise in bester Hamburg Manier ein paar wenigen Regentropfen zur Erfrischung ab. Eine Menge Sonne und Hitze lassen allerdings kaum auf sich warten und das Wetter verkündet deutlich, dass es auf der Booze Cruise Seite des Lebens steht. Für viele, die bereits ihr Wristband haben und teilweise schon ein paar Tage in Hamburg verweilen geht es, wie sollte es anders sein, mit einer Bootstour auf der MS Tonne los. Tired Radio, Überyou und Good Riddance läuten den Start in den Festival-Freitag ein. Maria stellt unterdessen (irgendwo zwischen Hannover und Hamburg) traurig fest, dass Bikini Beach leider das Festival absagen mussten. Dafür werden Punkt 18:00 Uhr Abramowicz im Molotow Club starten, die kurzfristig als Ersatz einspringen – da kann man nicht lange traurig sein.

Jetzt kann es richtig losgehen

Zeitgleich werden Sidewalk Surfers ihr halbstündiges Set im Hafenklang präsentieren. Obwohl leider auf das bekannte Schuhbier verzichtet wird, ist die Stimmung da bereits on point und mit Songs wie „Growing Up Is A Mess“ fühlt sich jede:r verstanden. Ein paar Treppenstufen höher, im Goldenen Salon, setzen Friends With Boats ihre erste kleine Tour fort, die sie die Tage zuvor bereits nach Hildesheim und Hannover führte. Mit einem Mix aus kalifornische Punkrock und Hardcore Einflüssen begeistert die noch frisch gegründete Band das Publikum. Auf dieser Tour spielt man ausschließlich in Städten mit „H“ – kann sich auch nicht jeder in die Vita schreiben. Mittlerweile hat es auch Maria nach Hamburg geschafft, ins Hotel eingecheckt, ein Festivalbändchen an dem einen Arm, das erste (oder zweite oder dritte) Kaltgetränk in der anderen Hand (die Anti-Dehydrierungsversorgung der Reeperbahn lässt sich definitiv nicht lumpen) und ist auf dem Weg Richtung Hafenklang. Die guten Menschen von Second Youth stehen auf dem Programm und es wäre fast Frevel, sich das entgehen zu lassen. Hitzegeschwängert leistet das italienisch-britische Gespann aus guten Freunden und zynischen Witzen Großartiges und die Crowd vor der Bühne ist kaum zu halten.

Awareness as it’s finest

Vom Hafenklang geht es schnellen Schrittes zum Molotow Club, wo wir (Louise und Maria) uns endlich treffen. Am Einlass bekommt jede Person eine Aufklärung zum Awareness Konzepts des Clubs, mit dem die Sicherheit aller Personen sichergestellt werden soll. Fetter Respekt auf jeden Fall, für die Arbeit die der Laden hier leistet. Das ist großartig und sollte viel mehr in unserer Clublandschaft vertreten sein. Auf den Toiletten befinden sich QR Codes, die gescannt werden können, sollte man Hilfe benötigen oder sexuell belästigt worden sein. Und auch das Bar Personal ist geschult und sensibilisiert. Der Hinterhof im Molotow füllt sich und Tigers Jaw betreten die Bühne. Eine unglaublich angenehme Band, die mit dem Song „June“ wohl die passende Hymne des Monats erschaffen haben. Während in der Pause im Molotow The Carolyn spielen, sammeln sich einige Menschen am Merchandise und an den Bars. Um 20:45 Uhr betreten Press Club die Bühne, die für ihre Tour extra aus Australien angereist sind. Was folgt, hat das Potenzial die beste Show des Wochenendes zu werden. Die Band hinter Sängerin Natalie Foster bringen eine unglaubliche Energie und Dynamik auf und vor die Bühne. Es ist kaum zu zählen, wie oft sie in der Menge verschwindet und die Nähe zum Publikum sucht. Was für ein Abriss und eine großartige Show und definitiv schon vor diesem Wochenende eine dieser Entdeckungen des Jahres!

An der Elbe hellem Strande

Während Maria sich auf den Weg zum Hafenklang macht und dabei irgendwie versucht, einen Plan für den restlichen Abend zu entwerfen, macht Louise sich auf den Weg zum Überquell, um dort Shellycoat zu sehen, die mit ihrem No Use For A Name-Coverset den Laden ordentlich einheizen werden. Dass Good Riddance, die mittlerweile auf das Ende ihrer Tour hinspielen, ordentlich Publikum ziehen werden, ist den meisten klar und so versuchen einige weit vor 22:00 Uhr den Club am Elbufer zu erreichen. Leider ist diese Bemühung kein Garant dabei zu sein. Das Hafenklang bricht aus allen Nähten und so dauert es nicht besonders lang, bis die Tür geschlossen wird. Das ist aber auch gar nicht allzu schlimm. Um ehrlich zu sein, lieben wir diese kleinen und großen Verschnaufpausen in guter Gesellschaft auf den Treppen mit Blick auf den Elbspeicher und sein (für uns) besonderes Publikum und Good Riddance gab es ja auch erst vor wenigen Tagen in Hannover mit Lagwagon zu sehen. Im Überquell, wenige Meter Richtung Landungsbrücken entfernt, fliegen mittlerweile diverse Crowdsurfer über die Köpfe der Besucher der Hamburger Band Shellycoat und das Publikum grölt jeden einzelnen Song mit. Alle lieben NUFAN – das ist klar und deutlich sichtbar. Was weder klar noch nachvollziehbar ist, ist die Getränke Versorgung im Überquell. Die, die drinnen sind, stehen bei tropischen Temperaturen ewig an und die, die sich das Set vom Außenbereich der Lokalität anschauen, kommen gar nicht erst wirklich rein. Auch nach der Show wird sich das eine ganze Weile als äußerst langwierig gestalten. Draußen gibt es einen Stand, der allerdings von den Festivalbesuchern – sehr eindrücklich kommuniziert – nicht genutzt werden darf. Dabei könnte doch alles so einfach sein.

Foto: Florian Nielsen

Hinterhofromanzen

In der Nochtwache versuchen wir danach noch unser Glück beim „The Offspring“-Coverset von Chartreux, scheitern allerdings auch hier am Einlassstop. Die unglaublich heiße Luft, die uns mittlerweile fast, wie eine alte Bekannte entgegenkommt, wirkt allerdings alles andere, als einladend und so lassen wir den ersten Abend bei der 90er Party im Molotow ausklingen. Da fühlt man sich wohl, das ist der Molotow Backyard und Maria strahlt über beide Ohren, dass sie hier nach einer so unfassbar langen Zeit endlich wieder an ihrem Lieblingsdrink nippen kann. Denn hier ist, auch wenn die volle Primetime Failure und Flick Knives Besetzung schmerzlich fehlt, immer wieder einer der geselligsten Orte zu finden. Es ist fast faszinierend, wie viele Menschen an diesem Wochenende zusammenkommen und sich Freundschaft auf die Stirn schreiben können. Das Norddeutsche Mekka der DIY Szene – könnte man so formulieren!

Text: Louise & Maria

Foto: Florian Nielsen